Wasserdampfdurchlässigkeit: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Wasserdampfdurchlässigkeit''', der '''s<sub>d</sub>-Wert''', die (diffusions-)'''äquivalente Luftschichtdicke''', dient als Maß für den [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|Diffusionswiderstand]] einer Bauteilschicht. Der s<sub>d</sub>-Wert ist das Produkt aus der [[Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl]] (μ-Wert) als Materialkonstante und der Schicht[[dicke]] d des Bauteils in Metern:  
Die '''Wasserdampfdurchlässigkeit''', die '''Wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke''' bzw. der '''s<sub>d</sub>-Wert''', dient als Maß für den [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|Diffusionswiderstand]] einer Bauteilschicht. Der s<sub>d</sub>-Wert ist das Produkt aus der [[Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl]] (μ-Wert) als Materialkonstante und der Schicht[[dicke]] d des Bauteils in Metern:  


'''s<sub>d</sub> = µ · d''' [m]  
: '''s<sub>d</sub> = µ · d''' [m]
: µ ... Wasserdampfdiffusionswiderstand [-] <br />
: d ... Dicke der Baustoffschicht [m]


Beispiel: Beträgt der s<sub>d</sub>-Wert einer [[PE]]-Folie 20 m, entspricht der [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|Diffusionswiderstand]] dem einer 20 Meter dicken Luftschicht.
Beispiel: Beträgt der s<sub>d</sub>-Wert einer [[PE]]-Folie 20 m, entspricht der [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|Diffusionswiderstand]] dem einer 20 Meter dicken Luftschicht.
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Ein niedriger s<sub>d</sub>-Wert kann erreicht werden durch einen niedrigen [[μ-Wert]] bei einer größeren Schichtdicke (z. B. [[Holzfaserdämmplatte]]n) oder durch einen höheren μ-Wert bei einer sehr geringen Schichtdicke (z. B. [[Unterspannbahn]]en).
Ein niedriger s<sub>d</sub>-Wert kann erreicht werden durch einen niedrigen [[μ-Wert]] bei einer größeren Schichtdicke (z. B. [[Holzfaserdämmplatte]]n) oder durch einen höheren μ-Wert bei einer sehr geringen Schichtdicke (z. B. [[Unterspannbahn]]en).


Die [[DIN 4108-3]] unterscheidet zwischen
Die [[DIN 4108-3]] unterscheidet:
* diffusionsoffen (s<sub>d</sub> ≤ 0,5 m)
{| class="wikitable"
* diffusionshemmend (0,5 m < s<sub>d</sub> < 1.500 m)
| width="160px" | '''Begriff''' || width="160px" | '''s<sub>d</sub>-Wert (Bereich)''' 
* diffusionsdicht (s<sub>d</sub> ≥ 1.500 m)  
|-
| diffusionsoffen || align="center" | s<sub>d</sub> ≤ 0,5 m
|-
| diffusionsbremsend  || align="center" | 0,5 m < s<sub>d</sub> ≤ 10 m
|-
| diffusionshemmend || align="center" | 10 m < s<sub>d</sub> ≤ 100 m
|-
| diffusionssperrend || align="center" | 100 m < s<sub>d</sub> < 1.500 m
|-
| diffusionsdicht || align="center" | s<sub>d</sub> ≥ 1.500 m
|}
Laut [[WTA]] Merkblatt 6-8:
{| class="wikitable"
| width="160px" | '''Begriff''' || width="160px" | '''s<sub>d</sub>-Wert (Bereich)'''*) 
|-
| diffusionsoffen  || align="center" | s<sub>d</sub> ≤ 0,5 m
|-
| moderat dampfbremsend || align="center" | 2,0 m < s<sub>d</sub> ≤ 5,0 m
|-
| stark dampfbremsend || align="center" | 10 m < s<sub>d</sub> < 100 m
|-
| dampfsperrend || align="center" | 100 m < s<sub>d</sub> < 400 m
|-
| dampfdicht || align="center" | s<sub>d</sub> ≥ 1.500 m  
|}
: *) Nicht definierte Zwischenbereiche sind in ihrer Wirkung nicht eindeutig zuordenbar.


Die Wasserdampfdurchlässigkeit wird geregelt in der [[DIN EN ISO 12572]].  
Die Wasserdampfdurchlässigkeit wird geregelt in der [[DIN EN ISO 12572]].  
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Entscheidend für die [[Tauwasser]]bildung ist zunächst der [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|μ-Wert (Dampfdiffusionswiderstandszahl [-])]]. Er beschreibt die „Qualität“ des Baumaterials hinsichtlich einer Sperrwirkung. Der s<sub>d</sub>-Wert (äquivalente Luftschichtdicke [m]) berücksichtigt zusätzlich die Stärke eines Baustoffes. Mit zunehmender Materialstärke verlängert sich die Zeitdauer, die ein Wassermolekül für den Transportvorgang durch den Baustoff benötigt.  
Entscheidend für die [[Tauwasser]]bildung ist zunächst der [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|μ-Wert (Dampfdiffusionswiderstandszahl [-])]]. Er beschreibt die „Qualität“ des Baumaterials hinsichtlich einer Sperrwirkung. Der s<sub>d</sub>-Wert (äquivalente Luftschichtdicke [m]) berücksichtigt zusätzlich die Stärke eines Baustoffes. Mit zunehmender Materialstärke verlängert sich die Zeitdauer, die ein Wassermolekül für den Transportvorgang durch den Baustoff benötigt.  


'''[[Unterspannbahn]]en''' sind [[diffusionsoffen]] und haben einen niedrigen s<sub>d</sub>-Wert. Aufgrund der geringen Schichtdicke ist der [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|μ-Wert]] jedoch vergleichsweise hoch. <br />
'''[[Unterspannbahn|Unterspann-]] / [[Unterdeckbahn]]en''' sind [[diffusionsoffen]] und haben einen niedrigen s<sub>d</sub>-Wert. Aufgrund der geringen Schichtdicke ist der [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|μ-Wert]] jedoch vergleichsweise hoch. <br />
;In Zahlen:  
;In Zahlen:  
Eine [[Unterdachbahn]] mit einem [[Mikroporöse Membran|mikroporösen Funktionsfilm]] hat bei einem s<sub>d</sub>-Wert von 0,02 m und einer Dicke von 0,50 mm einen [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|μ-Wert]] von 40. Im Vergleich mit einem faserförmigen [[Wärmedämmstoff]] (μ-Wert =1) hat die Bahn eine um den Faktor 40 höhere Diffusionsdichtheit. Dadurch kann es auch an diffusionsoffenen [[Unterdachbahn]]en zu einem [[Tauwasser]]ausfall kommen.
Eine [[Unterspannbahn|Unterspann-]] / [[Unterdeckbahn]] mit einem [[Mikroporöse Membran|mikroporösen Funktionsfilm]] hat bei einem s<sub>d</sub>-Wert von 0,02 m und einer Dicke von 0,50 mm einen [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|μ-Wert]] von 40. Im Vergleich mit einem faserförmigen [[Wärmedämmstoff]] (μ-Wert =1) hat die Bahn eine um den Faktor 40 höhere Diffusionsdichtheit. Dadurch kann es auch an diffusionsoffenen [[Unterspannbahn|Unterspann-]] / [[Unterdeckbahn]]en zu einem [[Tauwasser]]ausfall kommen.


[[Diffusionsoffen]]e [[Unterdachbahn]]en/äußere Luftdichtungsbahnen lassen außerdem wesentlich weniger Feuchtigkeit austrocknen, als der [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|μ-Wert]] und s<sub>d</sub>-Wert vermuten lassen. Grund ist die geringe/fehlende Druckdifferenz eines dünnen Bauteils unter den klimatischbedingten Situationen.
[[Diffusionsoffen]]e [[Unterspannbahn|Unterspann-]] / [[Unterdeckbahn]]en lassen außerdem wesentlich weniger Feuchtigkeit austrocknen, als der [[Wasserdampfdiffusionswiderstand|μ-Wert]] und s<sub>d</sub>-Wert vermuten lassen. Grund ist die geringe/fehlende Druckdifferenz eines dünnen Bauteils unter den klimatischbedingten Situationen.


;Hintergrund:  
;Hintergrund:  
Antrieb für einen [[Diffusion]]sstrom sind immer Druckdifferenzen. Befindet sich auf beiden Seiten das gleiche Klima (z. B. 10 °C und 80 % rel. [[Luftfeuchtigkeit]]), dann findet kein Feuchtigkeitstransport statt. Erst wenn Temperatur oder rel. Feuchtigkeit auf beiden Seiten des Bauteils unterschiedlich sind, wollen sich Moleküle über [[Diffusion]] von einer Seite zur anderen bewegen. Bei einer [[Unterspannbahn]]/äußeren Luftdichtungsbahn bestehen wegen der geringen Dicke des Materials keine Temperaturunterschiede, so dass man sich auf die Differenzen der relativen [[Luftfeuchtigkeit]]en konzentrieren kann. Diese sind im Winter bei [[Tauwasser]]gefahr an der [[Unterspannbahn]]/äußeren Luftdichtung denkbar gering, wenn innenseitig der Bahn 80 % relative [[Luftfeuchtigkeit]] und mehr bestehen und außenseitig ähnliche Feuchtigkeitssituationen vorhanden sind.
Antrieb für einen [[Diffusion]]sstrom sind immer Druckdifferenzen. Befindet sich auf beiden Seiten das gleiche Klima (z. B. 10 °C und 80 % rel. [[Luftfeuchtigkeit]]), dann findet kein Feuchtigkeitstransport statt. Erst wenn Temperatur oder rel. Feuchtigkeit auf beiden Seiten des Bauteils unterschiedlich sind, wollen sich Moleküle über [[Diffusion]] von einer Seite zur anderen bewegen. Bei einer [[Unterspannbahn]]/äußeren Luftdichtungsbahn bestehen wegen der geringen Dicke des Materials keine Temperaturunterschiede, so dass man sich auf die Differenzen der relativen [[Luftfeuchtigkeit]]en konzentrieren kann. Diese sind im Winter bei [[Tauwasser]]gefahr an der [[Unterspannbahn]]/äußeren Luftdichtung denkbar gering, wenn innenseitig der Bahn 80 % relative [[Luftfeuchtigkeit]] und mehr bestehen und außenseitig ähnliche Feuchtigkeitssituationen vorhanden sind.


Sicherheitsvorteile bieten hier [[Unterdachbahn]]en mit [[Luftdichtungsbahn monolithisch|monolithischen Funktionsfilmen]]. Im Falle eines [[Kondensat]]ausfalls an der Innenseite der Bahn innerhalb der Konstruktion wird Feuchtigkeit aktiv durch [[Diffusion]] entlang der Molekülketten aus dem Bauteil heraus transportiert. Unter Feuchteeinfluss verringert sich der Diffusionswiderstand von pro clima [[SOLITEX UD]] und [[SOLITEX PLUS]] – die Gefahr von Eisbildung sinkt. Bei [[mikroporöse Membran|mikroporösen Membran]]en hingegen kommt es durch [[Tauwasser]]bildung auf der Bahn zu einer verringerten Diffusionsfähigkeit. Feuchtigkeit kann ausschließlich passiv im gasförmigen Zustand durch die Bahnen hindurchgelangen – die Gefahr von Eisbildung (dampfsperrende Wirkung s.u.) ist höher als bei [[Luftdichtungsbahn monolithisch|monolithischen Membranen]].
Sicherheitsvorteile bieten hier [[Unterspannbahn|Unterspann-]] / [[Unterdeckbahn]]en mit [[Luftdichtungsbahn monolithisch|monolithischen Funktionsfilmen]]. Im Falle eines [[Kondensat]]ausfalls an der Innenseite der Bahn innerhalb der Konstruktion wird Feuchtigkeit aktiv durch [[Diffusion]] entlang der Molekülketten aus dem Bauteil heraus transportiert. Unter Feuchteeinfluss verringert sich der Diffusionswiderstand von pro clima [[SOLITEX MENTO]] – die Gefahr von Eisbildung sinkt. Bei [[mikroporöse Membran|mikroporösen Membran]]en hingegen kommt es durch [[Tauwasser]]bildung auf der Bahn zu einer verringerten Diffusionsfähigkeit. Feuchtigkeit kann ausschließlich passiv im gasförmigen Zustand durch die Bahnen hindurchgelangen – die Gefahr von Eisbildung (dampfsperrende Wirkung s.u.) ist höher als bei [[Luftdichtungsbahn monolithisch|monolithischen Membranen]].


== Messunsicherheiten bei hochdiffusionsoffenen Materialien ==
== Messunsicherheiten bei hochdiffusionsoffenen Materialien ==
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== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Hydrosafe]]
* [[Umkehrdiffusion]]
* [[Umkehrdiffusion]]
* [[ISO 12572]]
* [[ISO 12572]]

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