Periodenbilanzverfahren: Unterschied zwischen den Versionen

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Die [[DIN 4108]]-3 sieht je nach Anwendungsfall eine dreistufige Beurteilungsmethodik zum Nachweis der feuchtetechnischen Unbedenklichkeit von Baukonstruktionen vor. <br />
Die [[DIN 4108]]-3 sieht je nach Anwendungsfall eine dreistufige Beurteilungsmethodik zum Nachweis der feuchtetechnischen Unbedenklichkeit von Baukonstruktionen vor. <br />
Stufe 1: Auswahl einer nachweisfreien Konstruktion; Stufe 2: einfacher Nachweis mittels Periodenbilanzverfahren; Stufe 3: Nachweis durch hygrothermische Simulation. <br />
* Stufe 1: Auswahl einer nachweisfreien Konstruktion;  
* Stufe 2: einfacher Nachweis mittels Periodenbilanzverfahren oder dem Monatsbilanzverfahren nach [[DIN EN ISO 13788]]
* Stufe 3: Nachweis durch hygrothermische Simulation. <br />
Stufe 1 und 2 gelten ausschließlich für Bauteile von Wohn- oder wohnähnlich genutzten Gebäuden, die weder befeuchtet noch unter 20 °C gekühlt werden.
Stufe 1 und 2 gelten ausschließlich für Bauteile von Wohn- oder wohnähnlich genutzten Gebäuden, die weder befeuchtet noch unter 20 °C gekühlt werden.


Die [[DIN EN ISO 13788]] bezieht sich ebenfalls auf das Glaser-Verfahren, jedoch wird hier das Monatsbilanzverfahren, verwendet.  
Die [[DIN EN ISO 13788]] bezieht sich ebenfalls auf das Glaser-Verfahren, jedoch wird hier das Monatsbilanzverfahren, verwendet.  


=== Randbedingungen der vereinfachten Abschätzung der Dampfdiffusion ===
<br />
 
== Nachweisfreie Konstruktionen ==
Für eine Reihe von Bauteilen ist nach [[DIN 4108-3]] kein rechnerischer Tauwassernachweis erforderlich bzw. ist das Periodenbilanzverfahren für die Beurteilung ungeeignet. <br />
Nachfolgend ein grober Auszug diverser, verbreiteter Beispiele '''ohne''' konsequent detaillierter Auflistung einschränkender Details und sonstiger Voraussetzungen:
* Wände aus Mauerwerk oder Beton mit Innenputz und ggf. Außendämmung mit regelkonformen Außenputz oder Außenwandbekleidungen
* Wände mit Innendämmung ohne Schlagregenbeanspruchung: Innendämmung mit Wärmedurchlasswiderstand R ≤ 0,5 m²⋅K/W. - Bei  0,5 < R ≤ 1,0 m²⋅K/W: [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] innen ≥ 0,5 m
* Wände in Holzbauart mit vorgehängten Außenwandbekleidungen: [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] innen ≥ 2 m; außen ≤ 0,3 m
* bestimmte Holzfachwerkwände mit raumseitiger Luftdichtheitsschicht
* bestimmte erdberührte Kelleraußenwände und Bodenplatten
* diverse Dächer - mit regelkonformen Eindeckungen bzw. Dachabdichtungen. Davon explizit und pauschal ausgenommen: begrünte, bekieste Bauteile und solche mit Plattenbelägen und Holzrosten (Terrassen)
* oberste Geschossdecken gegenüber kaltem Dachraum
 
Die [[DIN 4108-3]] führt für jede der genannten Konstruktionen differenziert auf unter welchen einschränkenden Bedingungen die Nachweisfreiheit jeweils gegeben ist.
 
<br />
 
== Randbedingungen der vereinfachten Abschätzung der Dampfdiffusion ==
Die Abschätzungen mittels Periodenbilanzverfahren berechnen die anfallenden Kondensatmengen bei eindimensionalem Feuchtetransport in Konstruktionen unter Annahme eines Blockwinterklimas (Dezember bis Februar) und eines Blocksommerklimas (Juni bis August) mit den <br />
Die Abschätzungen mittels Periodenbilanzverfahren berechnen die anfallenden Kondensatmengen bei eindimensionalem Feuchtetransport in Konstruktionen unter Annahme eines Blockwinterklimas (Dezember bis Februar) und eines Blocksommerklimas (Juni bis August) mit den <br />
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{{Anker|Anforderungsprofil}}
=== Anforderungsprofil an den Feuchteschutz nach DIN 4108-3 ===
=== Anforderungsprofil an den Feuchteschutz nach DIN 4108-3 ===
Gemäß [[DIN 4108]]-3 sind folgende Anforderungen zum Tauwasserschutz zu erfüllen:
Gemäß [[DIN 4108]]-3 sind folgende Anforderungen zum Tauwasserschutz zu erfüllen:
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* Dächer, Außenwände sowie Decken nicht ausgebauter Dachräume dürfen im Bauteil allgemein max. 1,0 kg/m² flächenbezogene Tauwassermenge M<sub>c</sub>  bzw. <br /> 0,5 kg/m² an Berührungsflächen nicht kapillar wasseraufnahmefähigen Schichten (z. B. Metalle, Folien, Normalbeton, [[Schaumdämmstoff]]e, [[Mineralwolle]]), auftreten. Für Holzbauteile gilt die [[DIN 68800-2]];
* Dächer, Außenwände sowie Decken nicht ausgebauter Dachräume dürfen im Bauteil allgemein max. 1,0 kg/m² flächenbezogene Tauwassermenge M<sub>c</sub>  bzw. <br /> 0,5 kg/m² an Berührungsflächen nicht kapillar wasseraufnahmefähigen Schichten (z. B. Metalle, Folien, Normalbeton, [[Schaumdämmstoff]]e, [[Mineralwolle]]), auftreten. Für Holzbauteile gilt die [[DIN 68800-2]];
* Begrenzung des massebezogenen Feuchtegehalts: Holz max. 5 %; [[Holzwerkstoff]]e max. 3 %. Dies gilt nicht für [[Holzwolle-Leichtbauplatte]]n und Mehrschicht-Leichtbauplatten nach [[DIN EN 13168]].
* Begrenzung des massebezogenen Feuchtegehalts: Holz max. 5 %; [[Holzwerkstoff]]e max. 3 %. Dies gilt nicht für [[Holzwolle-Leichtbauplatte]]n und Mehrschicht-Leichtbauplatten nach [[DIN EN 13168]].
Bei Nichterfüllung kann mit Hilfe weiterführender, [[Diffusion_-_Berechnungsmodelle#instationaer|instationärer]] Berechnungsmethoden die Funktionsfähigkeit nachgewiesen werden.
 
'''Nicht anwendbar''' ist das Periodenbilanzverfahren nach Glaser zur Berechnung von Diffusionsvorgängen als Nachweis der [[Bauschadensfreiheit]] (oder zur Betrachtung der Abgabe von Rohbaufeuchte) bei:
* Bauteilen von Räumen, die unbeheizt, unter 20 °C gekühlt oder mit hoher Feuchtelast beaufschlagt sind (z. B. Schwimmbäder);
* Bauteilen von Gebäuden, die über 700 m NN liegen;
* erdberührten Bauteilen;
* Bauteilen zu unbeheizten Nebenräumen sowie Kellern;
* [[Gründach|begrünten]] und bekiesten Dachkonstruktionen sowie solchen mit Plattenbelägen und Holzrosten (Terrassen);
* Innendämmung mit R > 1,0 m²⋅K/W mit ausgeprägten sorptiven und kapillaren Eigenschaften auf einschaligen Außenwänden;
* zur Berechnung des natürlichen Austrocknungsverhaltens, wie z. B. im Fall der Abgabe von Rohbaufeuchte oder der Aufnahme von Niederschlagswasser;
* gedämmte, nicht belüftete Holzdachkonstruktionen mit Metalldachdeckung oder mit Abdichtung auf Schalung oder Beplankung ohne Hinterlüftung der Abdichtungs-/Deckunterlage;
 
Bei Nichterfüllung kann mit Hilfe weiterführender, [[Diffusion_-_Berechnungsmodelle#instationaer|instationärer]] Simulationsverfahren die Funktionsfähigkeit nachgewiesen werden.
 
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=== Kritik ===
=== Kritik ===
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Das vereinfachte Verfahren nach Glaser kann ausschließlich der groben Abschätzung von [[Tauwasser]]- bzw. Verdunstungsmengen dienen. Die Luftdichtheit nach DIN 4108-7, trockene Baustoffe, sowie Schutz vor Niederschlagswasser (und somit auch ein geregelter Bauablauf) gelten als gegebene Voraussetzung der Abschätzung.
Das vereinfachte Verfahren nach Glaser kann ausschließlich der groben Abschätzung von [[Tauwasser]]- bzw. Verdunstungsmengen dienen. Die Luftdichtheit nach DIN 4108-7, trockene Baustoffe, sowie Schutz vor Niederschlagswasser (und somit auch ein geregelter Bauablauf) gelten als gegebene Voraussetzung der Abschätzung.
Die DIN  4108-3 verweist deshalb darauf, dass dieses Verfahren nicht für [[Gründach|begrünte Dachkonstruktionen]] als Nachweis der [[Bauschadensfreiheit]] oder zur Betrachtung der Abgabe von Rohbaufeuchte geeignet ist, sondern dann '''instationäre''' Simulationsverfahren verwendet werden müssen.


===In Normen übernommen===
===In Normen übernommen===
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=== Realitätsnahe Verfahren, instationär ===
=== Realitätsnahe Verfahren, instationär ===
Das Glaser-Verfahren wird gerade in Grenzsituationen wie auch bei Konstruktionen bei denen die Anwendung gemäß [[DIN 4108-3]] nicht zulässig ist (z. B. [[Gründach|Gründächer]]) zunehmend abgelöst vom [[WUFI]]. WUFI berücksichtigt zudem den kapillaren [[Feuchtetransport]] und dessen [[Sorption|sorptive]] Aufnahmefähigkeit für ausfallende [[Feuchte]]. Darüber hinaus kann WUFI kurzfristige Ereignisse abbilden sowie Regen und Strahlung berücksichtigen. Es simuliert realistische Wärme- und Feuchtezustände eines Bauteils unter standortbedingten Klimaverhältnissen.
Das Glaser-Verfahren wird gerade in Grenzsituationen wie auch bei Konstruktionen bei denen die Anwendung gemäß [[DIN 4108-3]] nicht zulässig ist zunehmend abgelöst vom [[WUFI]]. WUFI berücksichtigt zudem den kapillaren [[Feuchtetransport]] und dessen [[Sorption|sorptive]] Aufnahmefähigkeit für ausfallende [[Feuchte]]. Darüber hinaus kann WUFI kurzfristige Ereignisse abbilden sowie Regen und Strahlung berücksichtigen. Es simuliert realistische Wärme- und Feuchtezustände eines Bauteils unter standortbedingten Klimaverhältnissen.


'''Siehe'''
'''Siehe'''
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===Siehe auch===
===Siehe auch===
* [[Jenisch]]
* [[Flankendiffusion - Glaser 2D]]
* [[Flankendiffusion - Glaser 2D]]
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