Ökobilanz: Unterschied zwischen den Versionen
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Ein aktuelles und für professionelle Planer gut geeignetes Instrument zur Ökobilanzierung von Baukostruktionen und Gebäuden ist die Software [[LEGEP]], die über ein Modul Ökobilanz und eine sehr umfangreiche Material-/ Konstruktionsdatenbank verfügt. | Ein aktuelles und für professionelle Planer gut geeignetes Instrument zur Ökobilanzierung von Baukostruktionen und Gebäuden ist die Software [[LEGEP]], die über ein Modul Ökobilanz und eine sehr umfangreiche Material-/ Konstruktionsdatenbank verfügt. | ||
===Zusammenfassende Bewertung natürlicher Dämmstoffe=== | ===Zusammenfassende Bewertung natürlicher Dämmstoffe=== |
Version vom 24. Juni 2011, 17:12 Uhr
Definition
Ökobilanzen geben Auskunft über potentielle Umweltauswirkungen die bei der Herstellung, Nutzung und Beseitigung eines Produkts entstehen. Damit wird der gesamte Lebensweg von der Wiege bis zur Bahre (engl. cradle to grave) mit in die Betrachtung einbezogen.
Die Ökobilanz teilt sich in 4 Phasen:
- Festlegung des Zieles und Untersuchungsrahmens
- Sachbilanz
- Wirkungsabschätzung
- Auswertung
Der zweite Schritt führt zur Erfassung des Ressourcenverbrauchs. Dieser wird zusammengefasst in dem Indikator
- Primärenergie nicht erneuerbar
- Primärenergie erneuerbar
Der dritte Schritt versucht den Ressourcenverbrauch in seiner Wirkung auf die Umwelt zu bewerten. Indikatoren dafür sind beispielsweise
- Klimagase
- Versauerung
- Ozonabbau
- Sommersmog
- Überdüngung
Zusätzlich gibt es Indikatoren wie „Ecotox“ und „Humantox“ die die toxikologischen Risiken für die Umwelt bzw. die menschliche Gesundheit unter globalen Gesichtspunkten beschreiben. Dies ist nicht zu Verwechseln mit gesundheitlichen Risiken für Handwerker oder Nutzer eines Gebäudes.
Eine Ökobilanz muss exakt Auskunft geben, welche funktionelle Einheit berechnet und bewertet wurde. Dies kann ein kg eines Materials sein, 1 m² mit einer spezifischen Dicke eines Bauprodukts oder ein m² einer vollständigen Konstruktion. Am sinnvollsten ist ein Vergleich von einem Quadratmeter einer bestimmten Konstruktion z.B. ein gedämmtes Schrägdach oder eine Außenwand, die einen bestimmten U-Wert erreichen sollen. Dies wird auch als „funktionales Äquivalent“ bezeichnet. Dabei sollen die Berechnungen die Lebenszyklusphasen Errichtung, Instandsetzung und Beseitigung umfassen.
Diese Veröffentlichung konzentriert sich auf den Vergleich von Wärmedämmstoffen. Die folgende Tabelle vergleicht deshalb die Mengen der Dämmstoffe, die notwendig sind, um einen U-Wert von 0,2 W/m²K zu erreichen. Da Dämmstoffe für unterschiedlichste Anwendungsbereiche geeignet sind, wurde hier jeweils exemplarisch eine Einsatzmöglichkeit angenommen. Aus diesem Grunde eignen sich die Daten nicht für einen Quervergleich.
Mit größtmöglicher Sorgfalt wurde versucht, den Herstellungsprozess von 25 verschiedenen Wärmedämmstoffen möglichst umfassend zu bilanzieren. Die Ökobilanzmodule sind der Datenbank des Bundesministeriums für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung (BMVBS) entnommen. Die in der nachfogenden Tabelle verwendeten Werte berücksichtigen nur die Herstellungsphase (cradle to gate), und weder unterschiedliche Nutzungsdauern einer Produktanwendung noch die Beseitigung des Materials. Dennoch handelt es sich bei der folgenden Aufstellung vermutlich um die aktuellste und umfangreichste Zusammenstellung an Ökobilanzdaten für Wärmedämmstoffe, die derzeit öffentlich zugänglich ist. Der Anspruch auf Vollständigkeit ist mit der nachfolgenden Datensammlung nicht verbunden.
Alle 4 Arbeiten haben sich mit dem Primärenergieaufwand bei der Herstellung beschäftigt. Die Ergebnisse der einzelnen Arbeiten hierzu weichen teilweise voneinander ab, sind aber in der Regel plausibel. Im Ausnahmefall ergeben sich vereinzelt auch größere Abweichungen vom Trend, die dann nicht mehr plausibel erscheinen und deshalb nicht mehr in den Durchschnittswert des Gesamtergebnisses der Tabelle einfließen. Die Daten in der Tabelle sind Durchschnittwerte der vorliegenden Basisdaten, gerechnet auf Grundlage von U-Werten 0,3 W/m²K, bzw. 0,22 W/m²K beim Primärenergieaufwand.
Tabelle Ökobilanz von Wärmedämmstoffen (Teil 1) | |||||||||||||||||||||||||||||
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Autor: Holger König Stand: 06-2010
Datenbank: Ökobaudat | |||||||||||||||||||||||||||||
Nr. | Dämmstoff | Einsatzmöglichkeit | Rohdichte ρ [kg/m³] |
WLG Lambda [W/mK] |
Dicke d [m] |
U-Wert [m²/kW] |
Klimagas [kg CO2- Äquivalent] | ||||||||||||||||||||||
1 | Blähton | Schüttung | 400 | 0,16 | 0,80 | 0,2 | 100 | ||||||||||||||||||||||
2 | Bimssand | Schüttung | 1000 | 0,19 | 0,95 | 0,2 | 8,2 | ||||||||||||||||||||||
3 | Perlite | Schüttung | 100 | 0,06 | 0,30 | 0,2 | 15,18 | ||||||||||||||||||||||
4 | Porenbetongranulat | Schüttung | 400 | 0,15 | 0,75 | 0,2 | 0,62 | ||||||||||||||||||||||
5 | Schaumglasschotter | Schüttung | 130 | 0,08 | 0,40 | 0,2 | 11,25 | ||||||||||||||||||||||
6 | Kalziumsilikatplatten | Vorwanddämmung innen | 220 | 0,06 | 0,28 | 0,2 | |||||||||||||||||||||||
7 | Mineralschaum | Innendämmung | 123 | 0,05 | 0,23 | 0,2 | 25 | ||||||||||||||||||||||
8 | Schaumglas | Perimeterdämmung | 100 | 0,04 | 0,20 | 0,2 | 21,9 | ||||||||||||||||||||||
9 | Glaswolle | Zwischenwanddämmung | 20 | 0,04 | 0,18 | 0,2 | 6,2 | ||||||||||||||||||||||
10 | Steinwolle | Zwischenwanddämmung | 30 | 0,04 | 0,18 | 0,2 | 8 | ||||||||||||||||||||||
11 | Schilfrohrplatten | WDVS-System | 250 | 0,06 | 0,28 | 0,2 | |||||||||||||||||||||||
12 | Flachs | Zwischensparrendämmung | 15 | 0,04 | 0,20 | 0,2 | 3 | ||||||||||||||||||||||
13 | Hanf | Zwischensparrendämmung | 23 | 0,05 | 0,23 | 0,2 | 5,4 | ||||||||||||||||||||||
14 | Holzfaserpl. (nass) | Aufdachdämmung | 160 | 0,04 | 0,20 | 0,2 | -1408 | ||||||||||||||||||||||
15 | Holzfaserpl. (trocken) | Zwischenwanddämmung | 50 | 0,04 | 0,20 | 0,2 | -3,9 | ||||||||||||||||||||||
16 | Holzspäne | Zwischenwanddämmung | 80 | 0,05 | 0,23 | 0,2 | |||||||||||||||||||||||
17 | Holzwolle LBP | WDVS-System | 360 | 0,09 | 0,45 | 0,2 | -30 | ||||||||||||||||||||||
18 | Korkplatte | Aufdachdämmung | 80 | 0,05 | 0,23 | 0,2 | -1407 | ||||||||||||||||||||||
19 | Schafwolle | Zwischensparrendämmung | 20 | 0,04 | 0,20 | 0,2 | |||||||||||||||||||||||
20 | Zelluloseflocken | Zwischensparrendämmung | 50 | 0,04 | 0,20 | 0,2 | -6,5 | ||||||||||||||||||||||
21 | Zelluloseplatten | Zwischenwanddämmung | 85 | 0,04 | 0,20 | 0,2 | 6,2 | ||||||||||||||||||||||
22 | Polyesterfaser | 19 | 0,04 | 0,20 | 0,2 | ||||||||||||||||||||||||
23 | Polystyrol EPS 15 | WDVS-System | 15 | 0,04 | 0,18 | 0,2 | 8 | ||||||||||||||||||||||
24 | Polystyrol XPS | Bodenplattendämmung | 32 | 0,04 | 0,18 | 0,2 | 16 | ||||||||||||||||||||||
25 | Polyurethanplatten | Aufdachdämmung | 30 | 0,03 | 0,14 | 0,2 | 21 |
Tabelle Ökobilanz von Wärmedämmstoffen (Teil 2) | |||||||||||||||||||||||||||||
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Autor: Holger König Stand: 06-2010
Datenbank: Ökobaudat | |||||||||||||||||||||||||||||
Nr. | Versauerung [kg SO2- Äquivalent] |
Ozonabbau [kg CFC11 Äquivalent] |
Sommersmog [kg Ethen Äquivalent] |
Überdüngung [kg Phosphor Äquivalent] |
Primärenergie erneuerbar [MJ] |
-Aufwand (PE) nicht erneuerbar [MJ] | |||||||||||||||||||||||
1 | 0,68 | 0 | 0,06 | 0,03 | 129 | 1535 | |||||||||||||||||||||||
2 | 0,02 | 0,00000950 | 0 | 0 | 1,2 | 117 | |||||||||||||||||||||||
3 | 0,02 | 0,00000300 | 0 | 0 | 0,87 | 212 | |||||||||||||||||||||||
4 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0,49 | 9,7 | |||||||||||||||||||||||
5 | 0,05 | 0,00000100 | 0 | 0,01 | 98 | 278 | |||||||||||||||||||||||
6 | |||||||||||||||||||||||||||||
7 | 0,05 | 0 | 0,01 | 0,01 | 43 | 313 | |||||||||||||||||||||||
8 | 0,04 | 0,00000014 | 0 | 0,01 | 182 | 304 | |||||||||||||||||||||||
9 | 0,13 | 0,00000030 | 0 | 0 | 4,5 | 100 | |||||||||||||||||||||||
10 | 0,04 | 0,00000036 | 0 | 0,01 | 3,6 | 113 | |||||||||||||||||||||||
11 | |||||||||||||||||||||||||||||
12 | 0,02 | 0,00000600 | 0 | 0,01 | 44 | 124 | |||||||||||||||||||||||
13 | 0,03 | 0,00000090 | 0,01 | 0,01 | 77 | 946 | |||||||||||||||||||||||
14 | 1,28 | 0,00006400 | 0,01 | 0 | 655 | 425 | |||||||||||||||||||||||
15 | 0,04 | 0,00000030 | 0 | 0 | 240 | 224 | |||||||||||||||||||||||
16 | |||||||||||||||||||||||||||||
17 | 0,15 | 0 | 0,01 | 0,02 | 1788 | 956 | |||||||||||||||||||||||
18 | 7,14 | 0 | 0,62 | 1,38 | 27810 | 19110 | |||||||||||||||||||||||
19 | |||||||||||||||||||||||||||||
20 | 0,01 | 0,00000020 | 0 | 0 | 8 | 41 | |||||||||||||||||||||||
21 | 0,13 | 0,00000300 | 0,01 | 0,03 | 467 | 262 | |||||||||||||||||||||||
22 | |||||||||||||||||||||||||||||
23 | 0,02 | 0 | 0 | 0 | 1,1 | 240 | |||||||||||||||||||||||
24 | 0,04 | 0 | 0,02 | 0 | 4,3 | 506 | |||||||||||||||||||||||
25 | 0,07 | 0 | 0,01 | 0,01 | 6,7 | 427 |
Ein aktuelles und für professionelle Planer gut geeignetes Instrument zur Ökobilanzierung von Baukostruktionen und Gebäuden ist die Software LEGEP, die über ein Modul Ökobilanz und eine sehr umfangreiche Material-/ Konstruktionsdatenbank verfügt.
Zusammenfassende Bewertung natürlicher Dämmstoffe
Umfassende Ökobilanzen berücksichtigen die umwelt- und gesundheitsrelevanten Aspekte von Bauprodukten in allen 6 Lebensphasen von der „Wiege bis zur Bahre“ (Rohstoffe, Transport, Produktion, Verarbeitung, Nutzung und Entsorgung). Bei dieser umfassenden Betrachtungsweise ergibt sich für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen – abgesehen von wenigen Ausnahmefällen – ein insgesamt erfreulich positives Gesamtbild.
Die Rohstoffe sind natürlichen Ursprungs und werden auch bei nachhaltiger Land- und Forstwirtschaft in einem überschaubaren Zeitraum wieder von der Natur bereitgestellt.
Möglichst kurze Transportwege sind ein wichtiges Kriterium zur Unterstützung regionaler Wirtschaftskreisläufe. Die meisten Rohstoffe zur Herstellung von Naturfaserdämmstoffen werden in Mitteleuropa geerntet und verarbeitet. Sowohl Bauherr, als auch Architekt und Handwerker sollten zur Unterstützung regionaler Wirtschaftskreisläufe möglichst auf regionale Produkte achten und Rohstoffe, die weite Transportwege erfordern möglichst vermeiden.
Die Produktion vieler Erzeugnisse (z. B. Flachs, Hanf, Schafwolle und Zelluloseflocken) erfolgt in der Regel in einfachen Prozessketten mit geringem Energieaufwand. Bei der Herstellung verschiedener Kork-/Holzfaseprodukte ist der Energieaufwand allerdings deutlich höher (s. Tabelle oben). Eventuelle Umweltbelastungen im Laufe des Lebenszyklus der Dämmstoffe hängen von den Zusatzstoffen und Bindemitteln in den Produkten ab.
Gesundheitliche Auswirkungen für Bewohner sind bei sachgerechtem Einbau (Beachtung der Regeln der Technik und der Richtlinien des Herstellers) nach umfangreichen Recherchen des Verfassers - zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erwarten.
Die gesundheitlichen und ökologischen Risiken bei der Verarbeitung natürlicher Dämmstoffe sind unter Beachtung entsprechender Arbeitsschutzbedingungen gering. Die Staubentwicklung kann allerdings – z. B. beim Schneiden von Holzfaserdämmstoffen oder Einblasen von Zellulose – erheblich sein. Professionelle Schneidemaschinen mit Absaugvorrichtungen und gute Feinstaub-Schutzmasken beim Einblasen sollten deshalb zur obligatorischen Ausrüstung des ausführenden Handwerkbetriebs gehören.
Rückbau und Entsorgung bzw. Wiederaufbereitung lose eingebauter Dämmstoffe ist im Regelfall ohne größere Probleme möglich (z. B. Zellulose, Hanf, Holzfaser, etc.). Auch eine thermische Verwertung wegen des günstigen Heizwertes der natürlichen Dämmstoffe ist möglich und sinnvoll. Die Trennung und Wiederaufbereitung sämtlicher großflächig verklebter und gedübelter Wärmedämmverbundsysteme erfordert allerdings einen sehr hohen Aufwand und findet in der Praxis deshalb kaum statt. Das größte langfristige Umweltrisiko ist nach derzeitigem Wissensstand des Verfassers durch deponierte Polystyroldämmstoffe wegen deren persistenter und bioakkumulativer Wirkung des Flammschutzmittels HBCD zu erwarten. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber hier künftig erhöhte Anforderungen vorschreibt.
Verbraucherschutz
Der Hausbesitzer erwartet bei seiner Entscheidung für Naturfaserprodukte in der Regel auch ein ökologisch hochwertiges Naturprodukt. Größtmöglicher Verbraucherschutz wird durch Volldeklarationen der Hersteller erreicht. Derzeit mangelt die Transparenz nicht nur bei konventionellen, sondern leider auch bei einigen „ökologischen Bauprodukten“. Verschiedene Gütesiegel (s. auch privatrechtliche Güte- und Qualitätssiegel) bringen einen erhöhten Gesundheits- und Verbraucherschutz. Derzeit bieten z. B. das R-Siegel der ARGE-KdR e.V. oder das Label natureplus höhere Sicherheit für den Konsumenten bei Gebrauchstauglichkeit, Umweltverträglichkeit und Gesundheitsvorsorge. Allerdings hat der Konsument bei natureplus keinen Zugriff auf die Volldeklaration. Ein Schwachpunkt aus Verbrauchersicht, insbesondere vor dem Hintergrund, der Zertifizierung von Holzfaserdämmplatten mit isocyanathaltigen Bindemitteln, s. Trockenverfahren.
Quelle
Herbert Danner, Baubiologe (IBN), Bauzentrum München, Ökologische Wärmedämmstoffe im Vergleich 2.0, Juni 2010, S. 31-33, 35-36