Geothermie

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Geothermie - die Energie aus dem Inneren der Erde

Geothermie
  • Ressource: Erdwärme:
    oberflächennah (bis 400 m): 7 bis 25 °C,
    hydrothermal: 25 bis 120 °C,
    Hot-Dry-Rock-Systeme: ab 120 °C
  • Standorte:
    oberflächennah: praktisch überall;
    hydrothermal: Norddeutsches Tiefland, Oberrheintal, Region zwischen Donau und Alpenrand, Schwäbische Alb, Oberfranken;
    Hot-Dry-Rock-Systeme: zukünftig überall möglich
  • Einsatzgebiete:
    Heizung und Kühlung, saisonale Kälte- und Wärmespeicherung, Eisfreihaltung, Prozesswärme, Stromerzeugung
  • Leistungsbereich:
    oberflächennah: Erdwärmesonde 6 bis 8 kW;
    hydrothermal: 1 bis 30 MW thermisch;
    Hot-Dry-Rock: 1 bis 50 MW elektrisch
  • Gestehungskosten:
    Wärme: < 2 bis 6 Cent/kWh
    Strom: 7 bis 15 Cent/kWh


Geothermie oder Erdwärme ist Wärme, die vom schmelzflüssigen Kern im Erdinneren an die Erdoberfläche dringt. Dabei werden sowohl die auf dem Weg nach oben liegenden Gesteins- und Erdschichten als auch unterirdische Wasserreservoirs erhitzt. An manchen Stellen dringen heißes Wasser und Dampf als heiße Quelle oder Geysir bis an die Erdoberfläche.

Je tiefer man in das Innere der Erde vordringt, um so wärmer wird es. In Mitteleuropa nimmt die Temperatur durchschnittlich im Mittel um 3°C pro 100 m Tiefe zu. Im obersten Erdmantel herrschen ca. 1.300°C, im Erdkern erreichen sie wahrscheinlich 5.000°C.

Die in der Erde gespeicherte Wärme ist nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich. Aus den Tiefen unseres Planeten steigt täglich ein Mehrfaches des weltweiten Energiebedarfs auf und macht sich ungenutzt in den Weltraum davon. Der größte Teil dieses Wärmestroms stammt vom ständigen Zerfall radioaktiver Elemente im Erdmantel und in der Erdkruste, ein Vorgang, der noch Milliarden Jahre anhalten wird. Diese Energieressource lässt sich praktisch überall nutzen.

Um die Wärme aus dem Untergrund gewinnen zu können, braucht man gewöhnlich ein Transportmittel. Das grundlegende Prinzip ist einfach:

  • Entweder ist dieses Transportmittel in Form von Dampf oder heißem Wasser bereits im Untergrund vorhanden. Dann wird es an die Oberfläche befördert, ausgekühlt und normalerweise wieder in den Untergrund zurückgeschickt;
  • oder es muss Wasser erst in die Tiefe gepumpt und erhitzt wieder nach oben gebracht werden.

Die gewonnene Wärme lässt sich unmittelbar zur Beheizung oder Kühlung von Gebäuden, für industrielle oder landwirtschaftliche Zwecke oder andere Wärmeverbraucher einsetzen. Besonders attraktiv ist aber auch die Verwendung der Erdwärme zur Stromerzeugung. Denn Erdwärme ist rund um die Uhr verfügbar. Erdwärmekraftwerke könnten also einen wichtigen Beitrag zu einer Grundversorgung (Grundlast) mit erneuerbarem Strom gewährleisten.

Es werden grundsätzlich vier Arten der Erdwärmenutzung unterschieden:

Hot-Dry-Rock-Verfahren

Die Nutzung heißer, trockener Gesteinsschichten (Hot-Dry-Rock, HDR) in bis 6 km Tiefe ist eine Möglichkeit der geothermischen Strom- und Wärmeerzeugung. Um die Wärme dieser Gesteine an die Erdoberfläche zu bringen, müssen sie von einem Wärmeträger durchflossen werden. Würde man Wasser ohne weitere Maßnahmen durch die Schichten schicken, wären die Wärmeaustauschfläche und die Durchgängigkeit viel zu gering. Daher wird zuerst eine Tiefbohrung angelegt, aus der in einer so genannten hydraulischen Stimulation Wasser unter sehr hohem Druck und mit hohen Fließraten in das Gestein gepresst wird. Dabei werden natürlich vorhandene Risse und Spalten hydraulisch aufgeweitet und geschert bzw. neue Risse aufgebrochen und so die Durchlässigkeit des Gesteins erhöht. So erhält man einen natürlichen Wärmetauscher.

Zum Betrieb einer HDR-Anlage wird kaltes Wasser in die Tiefe der Injektionsbohrung gepumpt und über eine zweite (Produktions-) Bohrung wieder an die Oberfläche geführt. Das in den heißen Tiefengesteinen erhitzte Wasser kann zur Speisung von Nah- und Fernwärmenetzen und zur Bereitstellung von Industriedampf genutzt werden. Besonders attraktiv ist es, aus dem heißen Dampf Strom zu erzeugen. Dazu werden u.a. ORC-Turbinen (Organic Rankine Cycle) eingesetzt, die im Wesentlichen wie Dampfturbinen arbeiten. Allerdings ist es bei den vergleichsweise geringen Temperaturen des Wärmeträgers von 100 bis maximal etwa 180°C notwendig, anstelle von Wasser im Dampfturbinenkreislauf eine organische Flüssigkeit mit niedrigem Siedepunkt (z. B. Ammoniak) einzusetzen. Der elektrische Wirkungsgrad dieses Zyklus’ liegt bei etwa 10 bis 16 %.

Theoretisch kann überall eine Bohrung mit der nötigen Tiefe erzeugt werden, um ein HDR-Heizkraftwerk zu installieren. Mit Leistungsgrößen von 20 bis 50 MW könnten solche Kraftwerke etwa 30 % des deutschen Stromverbrauchs bereitstellen. Die Kosten für eine Bohrung von 5.000 m Tiefe werden auf etwa 4 Mio. Euro geschätzt, die gesamten Investitionskosten auf etwa 2.500 bis 5.000 Euro/kW. Die Stromgestehungskosten liegen dann – bei einer Auslastung von 8.000 Volllaststunden pro Jahr – bei etwa 7 bis 15 Cent/kWh.

In einem Forschungsprojekt in Soultz sous Forets (Oberrheingraben) wurde mit dem HDR-Verfahren in 3.900 m Tiefe eine unterirdische Wärmetauscherfläche von ca. 3 km² erschlossen. In einem 1997 durchgeführten Zirkulationsversuch ergab sich eine kontinuierlich extrahierbare thermische Leistung von 10 bis 11 MW. Zwei Jahre später wurde die Bohrung auf 5.000 m vertieft. Dabei wurden Temperaturen bis 195°C angetroffen. In Soultz soll in den nächsten Jahren eine wissenschaftliche Pilotanlage errichtet werden.

In Deutschland fördert das Bundesumweltministerium derzeit die Weiterentwicklung des HDR-Verfahrens im kristallinen Gestein des süddeutschen Bad Urachs, aber auch im Vulkangestein der Norddeutschen Tiefebene (Groß Schönebeck, Brandenburg).

Hydrothermale Systeme mit hohem Temperaturangebot

Unter gewissen geologischen Bedingungen kann auch heißes Wasser aus wasserführenden Schichten, den Aquiferen, gefördert und zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden. Zur Stromproduktion sollte allerdings die Temperatur 100°C überschreiten. Außerdem müssen ausreichende Thermalwassermengen zur Verfügung stehen. In einigen europäischen Ländern, z. B. Island und Italien, finden sich solche Thermalwasservorkommen bereits in moderaten Tiefen. In Deutschland muss man hingegen schon 4.000 m tief bohren, um auf ausreichende Temperaturen und Wassermengen zu stoßen, und das nur an ausgesuchten Standorten des Oberrheintalgrabens und im bayrischen Voralpenraum.

Das Thermalwasser wird über Bohrungen an die Erdoberfläche gefördert und gibt hier seine Wärme an eine Dampfturbine und etwaige weitere Wärmeverbraucher ab. Auch hier kommt wieder der ORC-Zyklus zum Einsatz. Anschließend wird es über eine zweite Bohrung wieder in die Tiefe gebracht, um die Mengenbilanz im Untergrund zu erhalten. Die hochmineralisierten Thermalwässer können aus Umweltschutzgründen meistens nicht oberirdisch entsorgt werden.

Zwei Projekte des Bundesumweltministerium untersuchen die Bedingungen einer geothermischen Stromerzeugung im Muschelkalk in Rheinland-Pfalz (Offenburg) und im bayrischen Malmkarst (Unterhaching).

Hydrothermale Systeme mit niedrigem Temperaturangebot

In anderen Regionen Deutschlands, vor allem im süddeutschen Molassebecken (Malmkarst), im Oberrheintalgraben, in der Schwäbischen Alb und in Teilen der norddeutschen Tiefebene, liegt das erschließbare Temperaturniveau der Tiefengewässer zwischen 40°C und 120°C. Damit ist eine Nutzung zur Stromerzeugung nicht an allen Standorten möglich. Diese Erdwärme wird stattdessen zur Gebäude und Wasserheizung, in Thermalbädern und zu gewerblichen Zwecken (z. B. zur Beheizung von Gewächshäusern) genutzt. In Süddeutschland, vor allem in der Region zwischen Donau und Alpen, kann das Thermalwasser nach dem Abkühlen auch als Trinkwasser verwendet werden, da unterirdisch genügend Wasser nachfließt und der Mineralgehalt nur gering ist.

Die Investitionskosten einer geothermischen Heizzentrale liegen bei Anlagen mit einer installierten Leistung zwischen 3 und 30 MW im Bereich von 500 bis 750 Euro/kW. Dazu kommen meist noch Kosten für ein Wärmeverteilungsnetz. Je nach Temperaturniveau und Ergiebigkeit der Quelle können die Wärmegestehungskosten zwischen 2 und 4 Cent/kWh liegen. Dabei wird von einer Auslastung mit 2.500 bis 3.000 Volllaststunden pro Jahr ausgegangen. Bei industriellen Abnehmern mit hoher Auslastung (über 5.000 h/a) können die Wärmegestehungskosten unter 2 Cent/kWh sinken.

In Deutschland wird die hydrothermale Geothermie schon seit langem genutzt. Im Jahr 2000 waren 26 Anlagen mit einer thermischen Leistung von insgesamt 50 MW in Betrieb. Sie stellen 220 TJ Wärme pro Jahr zur Verfügung. In den nächsten Jahren sollen bis zu 150 MW hinzukommen.

Tiefe Erdwärmesonde

Vorhandene Tiefbohrungen, die zur Prospektion von Erdgas, Erdwärme oder möglichen Endlagerstätten angelegt wurden, können ebenfalls zur geothermischen Energieerzeugung verwendet werden. 5.000 bis 7.000 solcher Bohrungen soll es allein in Deutschland geben.

In die Tiefbohrungen werden Doppelrohrsonden bis zu 4 km tief in das Bohrloch eingeführt. Durch diese Sonden zirkuliert Wasser in einem geschlossenen Kreislauf. In der Tiefe wird es erwärmt. An der Erdoberfläche wird die Wärme an einen Wärmepumpenkreislauf abgegeben (siehe: Wärmepumpen).

Das technische Potenzial solcher Sonden liegt in Deutschland bei etwa 3.000 PJ/a. Die hohen Kosten sind derzeit noch das Hauptproblem bei der Einführung dieser Technologie. Je nachdem, ob ein neues oder ein bereits vorhandenes Bohrloch benutzt werden kann, liegen die Wärmegestehungskosten zwischen 8 und 10 Cent/kWh für Raum- und Gebäudeheizung (2.000 h/a), bzw. bei 3 bis 5 Cent/kWh für industrielle Prozesswärmenutzung (5.000 h/a).

Die Problematik der tiefen Erdwärmesonden wird in einem Projekt im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms von der Technischen Universität Berlin untersucht.

Oberflächennahe Geothermie

Auch die oberflächennahe Geothermie, bei der die Wärme der obersten Erdschichten oder des Grundwassers mit Wärmepumpen genutzt wird, zählt zur Erdwärmenutzung. Diese Technologie ist im Kapitel “Wärmepumpen” beschrieben.

Weitere Forschung ist erforderlich

Um die Energiebereitstellung aus Erdwärme, insbesondere auch die Stromerzeugung aus Geothermie voranzubringen, ist eine intensive Forschung und Entwicklung erforderlich. Vor allem die Schaffung großer wärmetauschender Flächen im Untergrund (HDR-Verfahren) und die obertägigen Verfahren (z.B. ORC-Anlagen) sind in zukünftigen Vorhaben zu optimieren. Die Bohrtechnik muss auf die Erfordernisse der Geothermie abgeglichen werden. Auch die Erkundung und Erfassung hydrothermaler Reservoire gilt es zu verbessern.

Das Bundesumweltministerium fördert im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms sieben Vorhaben. In den verschiedenen geeigneten Regionen Deutschlands sollen Anlagen zur geothermischen Stromerzeugung und Kraft-Wärme-Kopplung fortentwickelt werden. Zum Einsatz kommen – je nach Standort – die unterschiedlichen Technologierichtungen, also das Hot-Dry-Rock-Verfahren, die Verwendung bestehender Tiefbohrungen und die Nutzung des heißen Wassers aus Aquiferen und Karstgebieten.


Quellen


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