Das nationale Waldprogramm für Deutschland
Ein gesellschaftspolitischer Dialog zur Förderung nachhaltiger Waldbewirtschaftung im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung

Fragen und Antworten zum Nationalen Waldprogramm für Deutschland

BMELV, Bonn, September 2003


Ein NWP - was ist das?

Ein Nationales Waldprogramm (NWP) ist ein gesellschaftlicher Dialogprozess. In diesem werden die umweltbezogenen, sozialen und wirtschaftlichen Werte des Waldes analysiert und, ausgehend von nationalen Prioritäten, Strategien und Maßnahmen zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung, in transparenter Weise und unter Beteiligung der relevanten Interessengruppen dargestellt und veröffentlicht.

Folgende Prinzipien werden bei der Erarbeitung eines NWP berücksichtigt:

  1. Nationale Souveränität und Verantwortlichkeit bei der Ressourcennutzung
  2. Konsistenz mit den konstitutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen des Landes.
  3. Konsistenz mit den internationalen Vereinbarungen und Übereinkünften.
  4. Beteiligung aller interessierten Gruppen.
  5. Ganzheitliches und intersektorales Vorgehen.
  6. Langzeitlicher und iterativer Prozess.

Diesen Prinzipien entsprechend wird bei der Erarbeitung des NWP für Deutschland die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern berücksichtigt. Das NWP wird für die Bundesebene erarbeitet und greift nicht in die Kompetenz der Bundesländer im Bereich Wald ein. Diese sind an der Erarbeitung des NWP beteiligt und können die Ergebnisse des auf Bundesebene stattfindenden Prozesses für die Arbeit im eigenen Land nutzen. Darüber hinaus erarbeiten einige Bundesländer eigene Landeswald-/forstprogramme nach den o.g. Prinzipien.

Die Mitarbeit am NWP steht allen mit Wald befassten Gruppen offen, die bundesweit aktiv sind. In einem partnerschaftlichen Verhältnis sollen aktuelle Fachthemen diskutiert, ggf. unterschiedliche Position ausgetauscht und letztlich (soweit möglich) Konsens erzielt werden. Dabei spielen die Qualität von Argumenten und die Bereitschaft zum Konsens eine wichtige Rolle. Die Verantwortung des Waldbesitzers für sein Eigentum und der Bundesregierung und der Bundesländer für die Wahrnehmung der in ihrem Geschäftsbereich liegenden Aufgaben bleibt davon unberührt.


Warum wird in Deutschland ein Nationales Waldprogramm erarbeitet?

Mit der Verabschiedung eines umfassenden Leitbildes für eine nachhaltiger Entwicklung bildete die Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCED, Rio de Janeiro, 1992) auch den Startpunkt für einen intensiven internationalen Dialog über Wälder. Zum Thema Bewirtschaftung, Erhaltung und nachhaltigen Entwicklung der Wälder weltweit verabschiedete UNCED das Kapitel 11 der Agenda 21 (Bekämpfung der Entwaldung, "Combating Deforestation") und die Walderklärung ("Forest Principles").

Zur Konkretisierung und Umsetzung der waldbezogenen Beschlüsse von UNCED wurden im Rahmen des Zwischenstaatlichen Waldausschusses (Intergovernmental Panel on Forests, 1995-1997) und des Zwischenstaatlichen Waldforums (Intergovernmental Forum on Forests, 1997-2000) von der Staatengemeinschaft rund 270 Handlungsempfehlungen zur Förderung nachhaltiger Waldbewirtschaftung erarbeitet und verabschiedet.

Als ein wichtiges Instrument zur Umsetzung dieser Empfehlungen und bei gleichzeitiger Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse und Gegebenheiten in den jeweiligen Ländern wurde das Konzept Nationaler Waldprogramme (NWP) entwickelt.

Deutschland hat sich politisch zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen verpflichtet. Mit der Erarbeitung eines Nationalen Waldprogramms kommt Deutschland diesen Verpflichtungen nach. Darüber hinaus soll die Umsetzung im eigenen Land die Motivation anderer Länder stärken, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen. Es besteht somit ein sehr enger Zusammenhang zur Internationalen Waldpolitik der Bundesregierung.


Wie erfolgte die Erarbeitung des NWP in Deutschland im einzelnen?

Im September 1999 lud das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BML); heute Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, BMELV) Vereine, Verbände, Institutionen und Vertreter der Bundesländer erstmals ein, an einem zeitlich und inhaltlich offenen Diskussionsprozess über die Ausrichtung der künftigen Forstpolitik in Deutschland teilzunehmen.

Dem gingen international eingegangene Verpflichtungen voraus: Als 1992 die internationale Staatengemeinschaft bei der Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (UNCED) mit dem Kapitel 11 der Agenda 21 und der "Waldgrundsatzerklärung" erstmalig in der Geschichte internationale Regeln zur Bewirtschaftung, Erhaltung und nachhaltigen Entwicklung von Wäldern weltweit vereinbarte, fanden sich darunter auch die Leitideen der intersektoral ausgelegten Pläne/ Programme und der Beteiligung von interessierten und direkt betroffenen Gruppen an deren Ausgestaltung und Umsetzung. Forstliche Aktionsprogramme waren in den Jahren vor Rio, insbesondere in den Tropen, wiederholt daran gescheitert, dass sie als reine Sektorprogramme nicht an die Ursachen von Waldzerstörungen und -schädigungen außerhalb des Forstsektors herangingen. Zudem wurden sie von den zuständigen Forstbehörden meist "von oben nach unten" geplant und durchgeführt, so dass die vielfältigen, z.T. auch konfliktiven Bedürfnisse der Bevölkerung nicht immer ausreichend berücksichtigt wurden. Das Konzept der inter-sektoralen und partizipativ aufgestellten Pläne und Programme wurde im Nachfolgeprozess von Rio weiterentwickelt. Fünf Jahre später hatte sich hierfür der Begriff Nationale Wald- (oder Forst-) programme ("National Forest Programmes") durchgesetzt.

Der Dialogprozess des "Nationalen Forstprogramms Deutschland" wurde an thematischen Runden Tischen geführt. Zunächst wurden Handlungsfelder einvernehmlich festgelegt. Zu diesen wurden in der Folge jeweils die Ausgangssituation analysiert und der notwendige Handlungsbedarf entwickelt.

Folgende Handlungsfelder wurden auf diese Weise bereits in der 1. Phase (1999/2000) abgehandelt:

  1. Wald und Gesellschaft
  2. Wald und biologische Vielfalt
  3. die Rolle des Waldes im globalen Kohlenstoffhaushalt
  4. die Bedeutung des nachwachsenden Rohstoffes Holz
  5. der Beitrag der Forst- und Holzwirtschaft zur Entwicklung ländlicher Räume.

Nach Ende der ersten Phase blieben einige Themen noch unbehandelt, einige schienen. Insbesondere gab es Kritik seitens einiger Akteure hinsichtlich der Verfahrensabläufe. Auch schienen ihnen einzelne Themen noch nicht vertieft genug behandelt zu sein. Insbesondere wurde bemängelt, dass bei dem definierten Handlungsbedarf keine konkreten Zeitziele und Akteure festgelegt waren.

Zu Beginn der 2. Phase (2001-2003)wurden daher in einem gemeinsam erarbeiteten "Leitfaden" einvernehmlich eine Reihe von Verfahrensregeln für den weiteren Dialogprozess eingeführt, die den Prozess zukünftig transparenter und effizienter machen sollten.

Hinsichtlich des teilweise Wiederaufgreifens von Themen aus der 1. Phase wurde vereinbart, dass die dort erreichten Ergebnisse weiter Fortbestand haben und durch die Ergebnisse der 2. Phase lediglich ergänzt werden. Über die Berücksichtigung aktueller Entwicklungen hinaus sollte in der 2. Phase vor allem versucht werden, den Konkretheitsgrad und damit auch die Verbindlichkeit der Ergebnisse zu verbessern. Um eine breitere Aufmerksamkeit und Akzeptanz für den Prozess und dessen Ergebnisse zu erreichen, wurde vereinbart, analog zu Waldprogrammen einzelner Bundesländer den für die Bevölkerung gängigeren Begriff "Wald" zu verwenden und künftig vom "Nationalen Waldprogramm Deutschland" (NWP) zu sprechen.

In der zweiten Prozessphase von 2001 bis 2003 wurden, basierend auf den Ergebnissen der ersten Phase, die nachfolgenden Handlungsfelder neu oder in differenzierter Form bearbeitet:

  1. Wald und internationale Zusammenarbeit / Internationaler Handel
  2. Biodiversität, Waldbewirtschaftung und Naturschutz
  3. Forstpolitische Instrumentenwahl
  4. Ökonomische Bedeutung der Forst- und Holzwirtschaft
  5. Neue Rolle(n) des Waldes?

Es wurden insgesamt 182 Handlungsempfehlungen erarbeitet, die sich an Bund, Länder und Verbände richten. Verantwortliche Akteure und zeitliche Vorgaben konnten trotz anfänglichen Bemühens aller Akteure nur zum Teil, insbesondere bei dem ersten Thema, nicht aber durchgehend bei allen Themen festgelegt werden. Es kommt daher im Anschluss darauf an, dass alle Akteure auf ihren jeweiligen Handlungsebenen prüfen, was sie zur Umsetzung beitragen können.

Für die Folgejahre ist eine Monitoringphase vorgesehen. Das Monitoring wird die Umsetzung der Handlungsempfehlungen in o.a. Sinne kritisch begleiten und weitere Impulse zur Umsetzung geben.


Wie wird das NWP umgesetzt?

Das NWP ist ein von den Akteuren erstelltes Programm mit Zielen im Sinne politischer Leitlinien und darauf aufbauenden Handlungsempfehlungen. Für die Umsetzung der Handlungsvorschläge, über die Konsens erzielt wurde, setzen alle beteiligten Akteure die ihnen jeweils zur Verfügung stehenden Instrumente ein. Die Empfehlungen des NWP sollen unter anderem in die Novellierung des Bundesjagdgesetzes und des Bundeswaldgesetzes einfließen und als Grundlage für die Weiterentwicklung der Waldpolitik der Bundesregierung dienen. Die im Konsens gefundenen Ergebnisse aus dem NWP-Prozess sollen zudem in die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung eingebracht werden.


Wer nimmt am NWP-Prozess teil, wie wird an Runden Tischen zusammengearbeitet?

Die Mitarbeit am NWP-Prozess steht allen mit Wald befassten Gruppen offen, die bundesweit aktiv sind. Basierend auf den in der ersten NWP-Runde gewonnenen Erfahrungen wurden Verfahrens- und Organisationsfragen für den Fortgang des Dialogs in einem Leitfaden niedergelegt. Demnach sichern sich alle Akteure des Prozesses das erforderliche Verhandlungsmandat ihres Verbandes bzw. ihrer Institution. Der Dialog beruht auf einem partnerschaftlichen Vertrauensverhältnis, für ihn gilt ein Höchstmaß an Transparenz. Prinzipiell wird ein Höchstmaß an Konsens angestrebt. Abweichende Meinungen werden auf Wunsch dokumentiert. Der zwischen den Akteuren vereinbarte "Leitfaden zur Organisation des NWP" enthält die "Spielregeln", nach denen dieser Dialog geführt wird.


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