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==== Feuchtebelastung durch Diffusion ==== | ==== Feuchtebelastung durch Diffusion ==== | ||
Je | Je höher der innenseitige sd-Wert ist, desto geringer ist die Gefahr eines Bauschadens - so dachte man früher. Es hieß, dass die Verwendung von | ||
[[Dampfsperre]]n mit hohen Diffusionswiderständen Bauschäden verhindern würde. Dass die Realität anders ist, wurde bereits vor über 20 Jahren bei der Markteinführung der pro clima DB+ mit einem [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] von 2,30 m durch bauphysikalische Berechnungen belegt. | |||
Aktuell entsprechen diese sogenannten Dicht-Dicht-Bauteile bei Flachdachkonstruktionen (innen Dampfsperre s<sub>d</sub> > 100 m – außen dampfdichte Abdichtung) nach Aussagen von anerkannten Bauphysikern aus Wissenschaft und Praxis nicht mehr den | Aktuell entsprechen diese sogenannten Dicht-Dicht-Bauteile bei Flachdachkonstruktionen (innen Dampfsperre s<sub>d</sub> > 100 m – außen dampfdichte Abdichtung) nach Aussagen von anerkannten Bauphysikern aus Wissenschaft und Praxis nicht mehr den »Regeln der Technik«. Ein Konsenspapier, das als Ergebnis des 2. Internationalen Holz[Bau]Physik-Kongresses im Februar 2011 veröffentlicht wurde, macht zu unbelüfteten Flachdachkonstruktionen in Holzbauweise die folgende Angabe: Dampfsperren »unterbinden die sommerliche Umkehrdiffusion, die zur Trocknung des winterlichen Feuchteeintrags aus Dampftransport per Luftströmung (Konvektion) durch unvermeidliche Restleckagen erforderlich ist«. <ref name="Qu_01" /> | ||
Insofern dürfen derartige Bauteile entweder nur funktionsfähig belüftet ausgeführt werden oder wenn nachgewiesen wird, dass die Bauteile über [[Rücktrocknungspotenzial]]e verfügen. Dies kann z. B. durch die Wahl einer geeigneten Dampfbrems- und Luftdichtungsbahn auf der Innenseite des Bauteils erreicht werden. | Insofern dürfen derartige Bauteile entweder nur funktionsfähig belüftet ausgeführt werden oder wenn nachgewiesen wird, dass die Bauteile über [[Rücktrocknungspotenzial]]e verfügen. Dies kann z. B. durch die Wahl einer geeigneten Dampfbrems- und Luftdichtungsbahn auf der Innenseite des Bauteils erreicht werden. | ||
Untersuchungen an Außenwänden in Nordamerika zeigten bereits im Jahre 1999 <ref name="Qu_02" />, dass der Feuchtigkeitseintrag durch eine [[Dampfsperre]] infolge [[Konvektion]] selbst bei fachgerechter Verlegung eine Tauwassermenge von ca. 250 g/m² während der kalten Jahreszeit (Tauperiode) beträgt. | |||
Das entspricht einer [[Kondensat]]menge, welche durch eine [[Dampfbremse]] mit einem [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] von 3,3 m während eines Winters diffundiert <ref name="Qu_03" />. | |||
{{Textrahmen01|'''Fazit:''' <br /> Auch in Konstruktionen mit [[Dampfsperre]]n, deren rechnerische [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Werte]] 50 m, 100 m oder mehr betragen, werden letztendlich erhebliche Mengen an Feuchtigkeit eingetragen. Dampfsperren lassen aber keine [[Rücktrocknung]] zu. Dadurch entstehen Feuchtefallen.}} | {{Textrahmen01|'''Fazit:''' <br /> Auch in Konstruktionen mit [[Dampfsperre]]n, deren rechnerische [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Werte]] 50 m, 100 m oder mehr betragen, werden letztendlich erhebliche Mengen an Feuchtigkeit eingetragen. Dampfsperren lassen aber keine [[Rücktrocknung]] zu. Dadurch entstehen Feuchtefallen.}} | ||
==== Feuchtebelastung durch Konvektion ==== | ==== Feuchtebelastung durch Konvektion ==== | ||
{|align="right" width="180px" style="border-style:solid; border-width:1px; class="rahmenfarbe1" | {|align="right" width="180px" style="border-style:solid; border-width:1px; class="rahmenfarbe1" | ||
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===== Bauphase: Die 70/1,5 Regel ===== | ===== Bauphase: Die 70/1,5 Regel ===== | ||
; s. a. [[Hydrosafe]] | |||
In der Bauphase, wenn verputzt oder [[Estrich]] verlegt wurde, herrscht im Gebäude eine sehr hohe Raumluftfeuchte von zum Teil über 90 %. <br /> | In der Bauphase, wenn verputzt oder [[Estrich]] verlegt wurde, herrscht im Gebäude eine sehr hohe Raumluftfeuchte von zum Teil über 90 %. <br /> | ||
Der [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] einer [[Dampfbremse]] sollte dann mehr als 1,5 m betragen, um die Konstruktion vor einem zu hohen Feuchteeintrag aus dem Baustellenklima zu schützen. <br /> | Der [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] einer [[Dampfbremse]] sollte dann mehr als 1,5 m betragen, um die Konstruktion vor einem zu hohen Feuchteeintrag aus dem Baustellenklima zu schützen. <br /> | ||
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Feuchtegehalt der Konstruktion im Trockenzustand <br /> (= Feuchtigkeitsgehalt der [[Holzschalung]] bei 15 %): 1.700 g/m² | Feuchtegehalt der Konstruktion im Trockenzustand <br /> (= Feuchtigkeitsgehalt der [[Holzschalung]] bei 15 %): 1.700 g/m² | ||
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| [[Bild:BPhys GD 2Studie 16 BSFP N 40.jpg|center|thumb| | | [[Bild:BPhys GD 2Studie 16 BSFP N 40.jpg|center|thumb|350px|16. Bauschadensfreiheitspotenzial <br /> '''[[Steildach]]''', Nordseite, 40° Dachneigung]] | ||
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| [[Bild:BPhys GD 2Studie 17 BSFP Kiesdach.jpg|center|thumb| | | [[Bild:BPhys GD 2Studie 17 BSFP Kiesdach.jpg|center|thumb|350px|17. Bauschadensfreiheitspotenzial <br /> '''[[Flachdach]]''' mit 5 cm Kies]] | ||
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| [[Bild:BPhys GD 2Studie 18 BSFP Gruendach.jpg|center|thumb| | | [[Bild:BPhys GD 2Studie 18 BSFP Gruendach.jpg|center|thumb|350px|18. Bauschadensfreiheitspotenzial <br /> '''[[Gründach]]''' mit 10 cm Aufbau]] | ||
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| [[Bild:BPhys GD 2Studie 19 BSFP INTELLO und sd5.jpg|center|thumb| | | [[Bild:BPhys GD 2Studie 19 BSFP INTELLO und sd5.jpg|center|thumb|350px|19. BSFP mit INTELLO und s<sub>d</sub>-Wert 5 m: <br /> verschiedene Dämmdicken]] | ||
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Die Trocknungsgeschwindigkeit der erhöht angenommenen Anfangsfeuchtigkeit beschreibt das Bauschadensfreiheitspotenzial der Konstruktion gegenüber unvorhergesehener Feuchtigkeit ([[Konvektion]], [[Flankendiffusion]] etc.). Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass die [[PE]]-Folie ([[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] 100 m) keine Austrocknung der Feuchtigkeit in der 200 mm starken Dämmschicht ermöglicht. Feuchtigkeit, die sich in der [[Konstruktion]] befindet, kann nicht mehr entweichen. Bei einer [[Dampfbremse]] mit einem konstanten [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] von 5 m bestehen nur geringe Trocknungsreserven. Die Konstruktion mit der pro clima [[DB+]] führt zu einer wesentlich schnelleren Austrocknung und weist erhebliche Sicherheitsreserven auf von 1800 g/m² x Jahr. | Die Trocknungsgeschwindigkeit der erhöht angenommenen Anfangsfeuchtigkeit beschreibt das Bauschadensfreiheitspotenzial der Konstruktion gegenüber unvorhergesehener Feuchtigkeit ([[Konvektion]], [[Flankendiffusion]] etc.). Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass die [[PE]]-Folie ([[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] 100 m) keine Austrocknung der Feuchtigkeit in der 200 mm starken Dämmschicht ermöglicht. Feuchtigkeit, die sich in der [[Konstruktion]] befindet, kann nicht mehr entweichen. Bei einer [[Dampfbremse]] mit einem konstanten [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] von 5 m bestehen nur geringe Trocknungsreserven. Die Konstruktion mit der pro clima [[DB+]] führt zu einer wesentlich schnelleren Austrocknung und weist erhebliche Sicherheitsreserven auf von 1800 g/m² x Jahr. | ||
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Neben dem Bauschadensfreiheitspotenzial ist es weiterhin entscheidend, welche Feuchtigkeitsgehalte sich im Bauteil im Gebrauchszustand einstellen. | Neben dem Bauschadensfreiheitspotenzial ist es weiterhin entscheidend, welche Feuchtigkeitsgehalte sich im Bauteil im Gebrauchszustand einstellen. | ||
==== Nachweisverfahren ==== | ==== Nachweisverfahren ==== | ||
Für eine feuchtetechnische Bemessung ist es sinnvoll, Feuchteeinträge durch Konvektion zu berücksichtigen. Dazu bietet WUFI pro die Möglichkeit mithilfe des Luftinfiltrationsmodells des [[Fraunhofer Gesellschaft|Fraunhofer-Instituts für Bauphysik]]. Dieses simuliert den Feuchteeintrag infolge [[Konvektion]] in die Wärmedämmebene. Der Maßstab ist der hüllflächenbezogene [[Luftwechselrate|Luftwechsel]] q<sub>50</sub>, der sich nicht wie der [[Luftwechselrate|n<sub>50</sub>-Wert]] auf das Volumen, sondern auf die Außenhülle eines Gebäudes bezieht. <br /> | |||
Das Luftinfiltrationsmodell unterscheidet standardmäßig drei Luftdichtigkeitsklassen (A, B, C), welche einem q<sub>50</sub>-Wert von 1 m³/m²h (Klasse A), 3 m³/m²h (Klasse B) und 5 m³/m²h (Klasse C) entsprechen. <br /> | |||
Das Luftinfiltrationsmodell unterscheidet standardmäßig drei Luftdichtigkeitsklassen A, B, C, welche einem q<sub>50</sub>-Wert von 1 m³/ | Klasse A kann bei vorelementierten Bauteilen bzw. bei geprüfter Luftdichtheit mit Leckageortung, Klasse B bei geprüfter Luftdichtheit und Klasse C bei Konstruktionen mit ungeprüfter Luftdichtheit verwendet werden, um die unvorhergesehene Feuchtelast durch Leckagen zu simulieren. Für eine maximal sichere | ||
Konstruktion sollte an jedem Bauteil eine [[Luftdichtheitsprüfung]] mit Leckageortung durchgeführt werden. Dann kann die Luftdichtigkeitsklasse A für den Nachweis verwendet werden. Die folgenden Untersuchungen und die abgeleiteten Gebrauchstauglichkeiten beziehen sich auf Wärmedämmungen aus Mineral- oder Steinwolle WLG 035. | |||
==== Gebrauchstauglichkeit von Steildachkonstruktionen ==== | ==== Gebrauchstauglichkeit von Steildachkonstruktionen ==== | ||
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==== Schlussfolgerungen Gebrauchstauglichkeit ==== | ==== Schlussfolgerungen Gebrauchstauglichkeit ==== | ||
Die Gebrauchstauglichkeit von außen diffusionsdichten Steildächern (40° Dachneigung), bekiesten oder begrünten Flachdachkonstruktionen wurde für den Standort Holzkirchen bis zu den in den Berechnungen angegebenen Dämmschichtdicken mit Mineralwolle WLG 035 und Fichtenschalungen bestätigt. <br /> | |||
Die Gebrauchstauglichkeit von außen diffusionsdichten Steildächern, bekiesten oder begrünten Flachdachkonstruktionen wurde für den Standort Holzkirchen bis zu den in | Abweichende Konstruktionen können bei der technischen Hotline von pro clima angefragt werden. Dampfbremsen mit konstanten [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]]en (hier 5 m) führen im Vergleich beim Steildach zu deutlich erhöhten Materialfeuchten. Bei den betrachteten Kies- und Gründächern mit Fichtenschalungen wird die 20 %-Grenze z. T. deutlich überschritten, so dass ein Bauschaden unter den angenommenen Randbedingungen wahrscheinlich ist. | ||
von pro clima angefragt werden. | |||
Dampfbremsen mit konstanten [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]]en (hier 5 m) führen im Vergleich beim Steildach zu deutlich erhöhten Materialfeuchten. Bei den betrachteten Kies- und Gründächern mit Fichtenschalungen wird die 20 %-Grenze z. T. deutlich überschritten, so dass ein Bauschaden unter den angenommenen Randbedingungen wahrscheinlich ist | |||
Alle Gebrauchtauglichkeitsberechnungen setzen voraus, dass die Konstruktionen unverschattet sind. <br /> | |||
In allen Bauteilen ist es entscheidend, dass die [[Luftdichtheit]] mittels [[Luftdichtheitsprüfung|Unterdrucktest und Leckageortung]] überprüft wird, um Feuchteeintrag durch [[Konvektion]] zu vermeiden. | In allen Bauteilen ist es entscheidend, dass die [[Luftdichtheit]] mittels [[Luftdichtheitsprüfung|Unterdrucktest und Leckageortung]] überprüft wird, um Feuchteeintrag durch [[Konvektion]] zu vermeiden. | ||
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| '''29. Konstruktionsaufbau''' | | '''29. Konstruktionsaufbau''' | ||
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|[[Bild:BPhys_GD_2Studie_26_komstruktionsaufbau.jpg|center| | |[[Bild:BPhys_GD_2Studie_26_komstruktionsaufbau.jpg|center|360px|]] | ||
|- style="font-size:90%;" | |- style="font-size:90%;" | ||
| Einbindende Wand | | Einbindende Wand | ||
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== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
<references> | <references> | ||
<ref name="Qu_01"> Konsenspapier des 2. Internationalen Holz[Bau]Physik-Kongresses: 10./11.02.2011 Leipzig | <ref name="Qu_01"> Konsenspapier des 2. Internationalen Holz[Bau]Physik-Kongresses: 10./11.02.2011 Leipzig </ref> | ||
<ref name="Qu_02">TenWolde, A. et al.: ”''Air pressures in wood frame walls, proceedings thermal VII.''” Ashrae Publication Atlanta, 1999</ref> | <ref name="Qu_02">TenWolde, A. et al.: ”''Air pressures in wood frame walls, proceedings thermal VII.''” Ashrae Publication Atlanta, 1999</ref> | ||
<ref name="Qu_03">[[IBP]] Mitteilungen 355: „''Dampfdiffusionsberechnung nach Glaser – quo vadis?''“</ref> | <ref name="Qu_03">[[IBP]] Mitteilungen 355: „''Dampfdiffusionsberechnung nach Glaser – quo vadis?''“</ref> |