Wärmedämmstoff, ökologisch: Unterschied zwischen den Versionen

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== Ökobilanz von Wärmedämmstoffen ==
== Ökobilanz von Wärmedämmstoffen ==
* Siehe: [[Ökobilanz]]
* Siehe: [[Ökobilanz]]
== Zuschlagstoffe und Bindemittel ==
Naturfaserdämmstoffe bestehen in der Regel zu einem sehr hohen Prozentsatz (> 80 %) aus natürlichen Fasern nachwachsender Rohstoffe. Hierdurch ergibt sich ein aus ökologischer Sicht großer Vorteil gegenüber den konventionellen Schaum-Dämmstoffen, mit ihren komplizierten Prozessketten auf Erdölbasis und zahlreichen toxischen Zwischenprodukten (siehe Prozessketten und Steckbriefe [[Polystyrol]] und [[Polyurethan]]).
Vielen Produkten werden aber aus Gründen der Formstabilität, des [[Brandschutz]]es, des Schutzes vor tierischen Schädlingen oder aus produktionstechnischem Anlass Bindemittel und Zuschlagstoffe beigefügt. Manche dieser Stoffe sind natürliche Bestandteile, einige sind auf synthetischer Basis hergestellt und innerhalb der Naturbaustoff-Branche sehr umstritten. Dies sorgt dadurch immer wieder für kontroverse Diskussionen.
Im Rahmen aktueller EU-Umweltgesetzgebungsverfahren – z. B. [[Biozid-Verordnung]] und [[REACH]]-Verordnung (neue europäische Chemikalienrichtlinie) – werden über 140.000 Stoffe in einem komplizierten, langwierigen Verfahren registriert und hinsichtlich ihrer [[Toxikologie|Toxizität]] neu bewertet. Betroffen sind dabei auch Stoffe, die Naturfaserdämmstoffen zugesetzt werden, z. B. [[PUR]]-haltige Kleber bei [[Holzfaserdämmstoff|Holzfaserplatten]] im Trockenverfahren oder [[Bor]]-Präparate bei [[Zellulose]]dämmstoffen, [[Holzfaserdämmstoff|Holzfaser-]], [[Hanf]]- oder [[Flachs]]produkten.<br />
Unabhängig von den weiteren EU-Gesetzgebungsverfahren sollten die betroffenen Hersteller von Naturfaserdämmstoffen zügig den Einsatz umweltverträglicherer Stoffe prüfen. Hausbesitzer, Planer und Handwerker können sich im Internet informieren, z. B.
über www.umweltbundesamt.de oder www.positivlisten.info
=== Bindemittel und Stützfasern ===
Insbesondere bei flexiblen Dämmplatten bzw. -matten (z. B. [[Holzfaserdämmstoff|Holzfaser]] und [[Hanf]]) werden zur Erhöhung der Stabilität Stützfasern als Bindemittel eingezogen, mit einem Anteil von beispielsweise 10–12%. Einige Hersteller setzen dabei auf textile Kunstfasern (z. B. Bikomponentenfaser auf [[Polyester]]basis), andere Hersteller verwenden natürliche Maisstärke,
manche haben beide Varianten im Programm, wieder Andere setzen auch Kartoffelstärke ein (z. B. [[Flachs]]). Stopf[[hanf]] benötigt keinerlei Stützfasern. Als sogenanntes Fällungsmittel zur Lockerung der Naturfasern wird Aluminiumsulfat genutzt. Bei sachgerechter Anwendung vorgenannter Stoffe sind nach derzeitiger Kenntnis des Verfassers keine oder nur geringe gesundheitliche Probleme zu erwarten. Aus Gründen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes sollten möglichst natürliche Bindemittel zum Einsatz kommen, wenngleich deren Produktionsprozess auch sehr aufwändig und teuer sein kann.
Bei stärkeren einschichtigen, druckfesten Holzfaserplatten im Trockenverfahren wird nach derzeitiger Kenntnis des Verfassers vorwiegend/ausschließlich MDI/PMDI (Poly-Methylen-Diphenyl-di-Isocyanat) verwendet. Isocyanate sind chemisch sehr reaktive
Stoffe aus der Chlorchemie. Ihre Herstellung erfolgt aus (Di)-Aminen und dem äußerst giftigen Phosgen, früher bekannt als Kampfstoff und aus dem Chemieunfall im indischen Bophal (Quelle: ökologisches Baustofflexikon). Toxische Stoffe sollten nach
Meinung des Verfassers nicht in den Produktionsprozess von Naturfaser-Baustoffen einfließen, insbesondere wenn Alternativen vorhanden sind. Siehe auch Kapitel Holzfaserdämmplatten im Trockenverfahren sowie Prozesskette [[Polyurethan]] und Steckbrief [[Polyurethan]].
Für die Produktion von [[Holzfaserdämmplatte]]n im Nassverfahren werden primär die Bindekräfte des holzeigenen Lignins genutzt. Als Bindemittel der unterschiedlichen Lagen zu stärkeren Dämmplatten wird Weißleim oder Wasserglas eingesetzt, siehe Kapitel
Holzfaserdämmplatten im Nassverfahren.
=== Brandschutz und vorbeugender Schutz gegen Schädlinge ===
Als umweltfreundliches Brandschutzmittel kommt bei manchen Herstellern Soda ([[Natriumcarbonat]]) zum Einsatz (Anteil beispielsweise 3-5%). Andere Hersteller verwenden Ammoniumpolyphospat, das laut „ökologischem Baustofflexikon“ als vergleichsweise
gesundheits- und umweltverträglich gilt (Bewertung des [[Umweltbundesamt]]es, UBA-Texte 25/01: Anwendung unproblematisch). Die bislang insbesondere in [[Zellulose]]-Dämmstoffen eingesetzten [[borat]]haltigen Brandschutzmittel geraten zunehmend aus gesundheitlichen Gründen – insbesondere für die ausführenden Handwerker – in die Kritik. So ist [[Borsäure]] als sogenannter „Nichtnotifizierter alter biozider Wirkstoff gemäß EU-Verordnung 1451/2007“ wegen seines reproduktions-toxischen Potentials gelistet. Derzeit wird im Rahmen der EU-Umweltgesetzgebung ein Verwendungsverbot von Borsäure über 5,5 % Anteil diskutiert.
==Zusammenfassende Bewertung natürlicher Dämmstoffe==
Umfassende Ökobilanzen berücksichtigen die umwelt- und gesundheitsrelevanten Aspekte von Bauprodukten in allen 6 Lebensphasen von der „Wiege bis zur Bahre“ (Rohstoffe, Transport, Produktion, Verarbeitung, Nutzung und Entsorgung). Bei dieser umfassenden Betrachtungsweise ergibt sich für [[Wärmedämmstoff|Dämmstoff]]e aus nachwachsenden Rohstoffen – abgesehen von wenigen Ausnahmefällen – ein insgesamt erfreulich positives Gesamtbild.
Die '''Rohstoffe''' sind natürlichen Ursprungs und werden auch bei nachhaltiger Land- und Forstwirtschaft in einem überschaubaren Zeitraum wieder von der Natur bereitgestellt.
Möglichst kurze '''Transportwege''' sind ein wichtiges Kriterium zur Unterstützung regionaler Wirtschaftskreisläufe. Die meisten Rohstoffe zur Herstellung von Naturfaserdämmstoffen werden in Mitteleuropa geerntet und verarbeitet. Sowohl Bauherr, als auch Architekt und Handwerker sollten zur Unterstützung regionaler Wirtschaftskreisläufe möglichst auf regionale Produkte achten und Rohstoffe, die weite Transportwege erfordern möglichst vermeiden.
Die '''Produktion''' vieler Erzeugnisse (z. B. [[Flachs]], [[Hanf]], [[Schafwolle]] und [[Zellulose]]flocken) erfolgt in der Regel in einfachen Prozessketten mit geringem Energieaufwand. Bei der Herstellung verschiedener [[Kork]]-/[[Holzfaserdämmstoff|Holzfaseprodukte]] ist der Energieaufwand allerdings deutlich höher (s. Tabelle oben). Eventuelle Umweltbelastungen im Laufe des Lebenszyklus der Dämmstoffe hängen von den Zusatzstoffen und Bindemitteln in den Produkten ab.
'''Gesundheitliche Auswirkungen für Bewohner''' sind bei sachgerechtem Einbau (Beachtung der Regeln der Technik und der Richtlinien des Herstellers) nach umfangreichen Recherchen des Verfassers - zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erwarten.
Die '''gesundheitlichen und ökologischen Risiken bei der Verarbeitung''' natürlicher Dämmstoffe sind unter Beachtung entsprechender Arbeitsschutzbedingungen gering. Die Staubentwicklung kann allerdings – z. B. beim Schneiden von [[Holzfaserdämmstoff]]en oder Einblasen von [[Zellulose]] – erheblich sein. Professionelle Schneidemaschinen mit Absaugvorrichtungen und gute Feinstaub-Schutzmasken beim Einblasen sollten deshalb zur obligatorischen Ausrüstung des ausführenden Handwerkbetriebs gehören.
'''Rückbau und Entsorgung bzw. Wiederaufbereitung''' lose eingebauter Dämmstoffe ist im Regelfall ohne größere Probleme möglich (z. B. [[Zellulose]], [[Hanf]], [[Holzfaserdämmstoff|Holzfaser]], etc.). Auch eine thermische Verwertung wegen des günstigen Heizwertes der natürlichen Dämmstoffe ist möglich und sinnvoll. Die Trennung und Wiederaufbereitung sämtlicher großflächig verklebter und gedübelter [[Wärmedämmverbundsystem]]e erfordert allerdings einen sehr hohen Aufwand und findet in der Praxis deshalb kaum statt. Das größte langfristige Umweltrisiko ist nach derzeitigem Wissensstand des Verfassers durch deponierte [[Polystyrol]]dämmstoffe wegen deren persistenter und bioakkumulativer Wirkung des Flammschutzmittels HBCD zu erwarten.
Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber hier künftig erhöhte Anforderungen vorschreibt.
===Verbraucherschutz===
Der Hausbesitzer erwartet bei seiner Entscheidung für Naturfaserprodukte in der Regel auch ein ökologisch hochwertiges Naturprodukt. Größtmöglicher Verbraucherschutz wird durch Volldeklarationen der Hersteller erreicht. Derzeit mangelt die Transparenz nicht nur bei konventionellen, sondern leider auch bei einigen „ökologischen Bauprodukten“. Verschiedene Gütesiegel (s. auch [[privatrechtliche Güte- und Qualitätssiegel]]) bringen einen erhöhten Gesundheits- und Verbraucherschutz. Derzeit bieten z. B. das [[R-Siegel]] der [[ARGE-KdR]] e.V. oder das Label [[natureplus]] höhere Sicherheit für den Konsumenten bei Gebrauchstauglichkeit, Umweltverträglichkeit und Gesundheitsvorsorge. Allerdings hat der Konsument bei [[natureplus]] keinen Zugriff auf die Volldeklaration. Ein Schwachpunkt aus Verbrauchersicht, insbesondere vor dem Hintergrund, der Zertifizierung von [[Holzfaserdämmstoff|Holzfaserdämmplatten]] mit isocyanathaltigen Bindemitteln, s. [[Trockenverfahren]].




==Quelle==
==Quelle==
Herbert Danner, Baubiologe (IBN), [[Bauzentrum München]], [http://www.muenchen.de/cms/prod2/mde/_de/rubriken/Rathaus/70_rgu/03_beratung_foerderung/003_bauzentr/pdf/2010/06_10/oekolog_waermedaemmstoffe_v_2.pdf Ökologische Wärmedämmstoffe im Vergleich 2.0], Juni 2010, S. 17, 18
Herbert Danner, Baubiologe (IBN), [[Bauzentrum München]], [http://www.muenchen.de/cms/prod2/mde/_de/rubriken/Rathaus/70_rgu/03_beratung_foerderung/003_bauzentr/pdf/2010/06_10/oekolog_waermedaemmstoffe_v_2.pdf Ökologische Wärmedämmstoffe im Vergleich 2.0], Juni 2010, S. 17, 18, 34-36


== Einzelnachweis ==
== Einzelnachweis ==