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{{{TabH1/2 r}} Aufbau der Dachkonstruktion | {{{TabH1/2 r}} Aufbau der Dachkonstruktion | ||
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| [[Bild:BPhys GD 2Studie 11 aufbau-dachkonstr.jpg|center|260px|]] | | [[Bild:BPhys GD 2Studie 11 aufbau-dachkonstr.jpg|center|260px|1. Aufbau der Dachkonstruktion]] | ||
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|'''Bauteilschichten:'''<br /> | |'''Bauteilschichten:'''<br /> | ||
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Um den Einfluss der Dampfbremse auf das Bauschadensfreiheitspotential zu verdeutlichen, wird in der Berechnunge in diffusionsdichtes [[Unterdach]] angenommen. Zudem können im Winter diffusionsoffene Unterdächer durch gefrierendes Tauwasser zu [[Dampfsperre]]n werden. | Um den Einfluss der Dampfbremse auf das Bauschadensfreiheitspotential zu verdeutlichen, wird in der Berechnunge in diffusionsdichtes [[Unterdach]] angenommen. Zudem können im Winter diffusionsoffene Unterdächer durch gefrierendes Tauwasser zu [[Dampfsperre]]n werden. | ||
===Klimadaten Standort Holzkirchen=== | ===Klimadaten Standort Holzkirchen=== | ||
Holzkirchen liegt zwischen München und Salzburg auf einer Seehöhe von 680 m mit einem rauen, kalten Klima. Für die Klimarandbedingungen wurde aus dem [[Wufi]] das Feuchtereferenzjahr ausgewählt, welches ein besonders feuchtes und kaltes Jahr abbildet. Die Diagramme zeigen die Temperaturverläufe über ein Jahr. Die blaue Linie zeigt die Innen-, die roten Balken die Außentemperaturen. | |||
Unter Berücksichtigung der Sonnen und Globalstrahlung ergibt sich, verglichen mit der Lufttemperatur, eine z. T. wesentlich höhere Dachoberflächentemperatur. Wenn die Außentemperatur (rot) die Innentemperatur (blau) überschreitet, findet bei feuchtevariablen Dampfbremsen eine Austrocknung nach innen statt. Selbst bei Nordausrichtung ist dadurch in Holzkirchen an vielen Tagen im Jahr eine [[Rücktrocknungspotenzial|Rückdiffusion]] möglich, bei Südorientierung bereits im Winter an sonnigen Tagen. Im vorliegenden Berechnungsfall wurde der ungünstigste Fall angenommen: Nordausrichtung des Daches mit 40° Neigung. | |||
{{{TabH1/2 r}} Temperaturverläufe Holzkirchen <br />Höhe: 680 m über NN, Südbayern, Deutschland <br />Dach: rote Ziegel bzw. Kies | {{{TabH1/2 r}} Temperaturverläufe Holzkirchen <br />Höhe: 680 m über NN, Südbayern, Deutschland <br />Dach: rote Ziegel bzw. Kies | ||
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| [[Bild:BPhys GD 2Studie 12_Lufttemperatur.jpg|center|thumb| | | [[Bild:BPhys GD 2Studie 12_Lufttemperatur.jpg|center|thumb|240px|2. Lufttemperaturen (Feuchtereferenzklima)]] | ||
| [[Bild:BPhys GD 2Studie 13_Dachofltemp_N_40.jpg|center|thumb| | | [[Bild:BPhys GD 2Studie 13_Dachofltemp_N_40.jpg|center|thumb|240px|3. Dachoberflächentemperatur <br /> Nordseite, 40° Dachneigung]] | ||
Nordseite, 40° Dachneigung]] | | [[Bild:BPhys GD 2Studie 14_Dachofltemp_S_40.jpg|center|thumb|240px|4. Dachoberflächentemperatur <br /> Südseite, 40° Dachneigung]] | ||
| [[Bild:BPhys GD 2Studie 15_Dachofltemp_Kiesdach.jpg|center|thumb|240px|5. Dachoberflächentemperatur <br /> Kiesdach]] | |||
| [[Bild:BPhys GD 2Studie | |||
| [[Bild:BPhys GD 2Studie | |||
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{{{TabH1/2 r}} Berechnung des Bauschadensfreiheitspotentials <br /> Standort Holzkirchen, Dach | {{{TabH1/2 r}} Berechnung des Bauschadensfreiheitspotentials <br /> Standort Holzkirchen, Dach | ||
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| | | align="center"|Angenommene zusätzl. Feuchtigkeit zu Beginn: 4.000 g/m² <br /> | ||
Feuchtegehalt der Konstruktion im Trockenzustand <br /> (= Feuchtigkeitsgehalt der [[Holzschalung]] bei 15 %): 1.700 g/m² | Feuchtegehalt der Konstruktion im Trockenzustand <br /> (= Feuchtigkeitsgehalt der [[Holzschalung]] bei 15 %): 1.700 g/m² | ||
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| [[Bild:BPhys GD 2Studie 16 BSFP N 40.jpg |center|thumb| | | [[Bild:BPhys GD 2Studie 16 BSFP N 40.jpg |center|thumb|280px|6. Bauschadensfreiheitspotential '''[[Steildach]]''', Nordseite, 40° Dachneigung]] | ||
| [[Bild:BPhys GD 2Studie 17 BSFP Kiesdach.jpg|center|thumb| | |- | ||
| [[Bild:BPhys GD 2Studie 17 BSFP Kiesdach.jpg|center|thumb|280px|7. Bauschadensfreiheitspotential '''[[Flachdach]]''' mit 5 cm Kies]] | |||
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| [[Bild:BPhys GD 2Studie 18 BSFP Gruendach.jpg|center|thumb| | | [[Bild:BPhys GD 2Studie 18 BSFP Gruendach.jpg|center|thumb|280px|8. Bauschadensfreiheitspotential '''[[Gründach]]''' mit 10 cm Aufbau]] | ||
| [[Bild:BPhys GD 2Studie 19 BSFP INTELLO und sd5.jpg|center|thumb| | |- | ||
| [[Bild:BPhys GD 2Studie 19 BSFP INTELLO und sd5.jpg|center|thumb|280px|9. BSFP mit INTELLO und s<sub>d</sub>-Wert 5 m: verschiedene Dämmdicken]] | |||
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Die Trocknungsgeschwindigkeit der erhöht angenommenen Anfangsfeuchtigkeit beschreibt das Bauschadensfreiheitspotential der Konstruktion gegenüber unvorhergesehener Feuchtigkeit ([[Konvektion]], [[Flankendiffusion]] etc.). Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass die [[PE]]-Folie ([[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] 100 m) keine Austrocknung der 200 mm starken Dämmschicht ermöglicht. [[Baufeuchte|Feuchtigkeit]], die sich in der [[Konstruktion]] befindet, kann nicht mehr entweichen. Bei einer [[Dampfbremse]] mit einem konstanten [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] von 5 m bestehen nur geringe Trocknungsreserven. Die Konstruktion mit der pro clima [[DB+]] führt zu einer wesentlich schnelleren Austrocknung und weist erhebliche Sicherheitsreserven auf von 1800 g/m² x Jahr. | Die Trocknungsgeschwindigkeit der erhöht angenommenen Anfangsfeuchtigkeit beschreibt das Bauschadensfreiheitspotential der Konstruktion gegenüber unvorhergesehener Feuchtigkeit ([[Konvektion]], [[Flankendiffusion]] etc.). Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass die [[PE]]-Folie ([[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] 100 m) keine Austrocknung der 200 mm starken Dämmschicht ermöglicht. [[Baufeuchte|Feuchtigkeit]], die sich in der [[Konstruktion]] befindet, kann nicht mehr entweichen. Bei einer [[Dampfbremse]] mit einem konstanten [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] von 5 m bestehen nur geringe Trocknungsreserven. Die Konstruktion mit der pro clima [[DB+]] führt zu einer wesentlich schnelleren Austrocknung und weist erhebliche Sicherheitsreserven auf von 1800 g/m² x Jahr. | ||
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===Bauschadensfreiheitspotential Flachdächer=== | ===Bauschadensfreiheitspotential Flachdächer=== | ||
Für die Berechnung von Grün- und Kiesdächern stehen aktuell überarbeitete Datensätze vom [[Fraunhofer-Institut für Bauphysik]] (IBP) zur Verfügung. Diese | Für die Berechnung von [[Gründoch|Grün]]- und Kiesdächern stehen aktuell überarbeitete Datensätze vom [[Fraunhofer Gesellschaft|Fraunhofer-Institut für Bauphysik]] (IBP) zur Verfügung. Diese wurden auf der Grundlage von Messungen an verschiedenen begrünten und bekiesten Dachkonstruktionen an mehreren Standorten erstellt. | ||
wurden auf der Grundlage von Messungen an verschiedenen begrünten und bekiesten Dachkonstruktionen an mehreren Standorten erstellt. | |||
Neu ist, dass die zeitliche Veränderungen einer begrünten bzw. bekiesten Konstruktion stärker berücksichtigt wurden. So sind z. B. eine stärkere Berücksichtigung | Neu ist, dass die zeitliche Veränderungen einer begrünten bzw. bekiesten Konstruktion stärker berücksichtigt wurden. So sind z. B. eine stärkere Berücksichtigung von Effekten aus dem Bewuchs (Verschattung durch Pflanzenbewuchs (Gräser)) bereits im Datensatz enthalten. Das Fraunhofer IBP kennzeichnet diese als den aktuellen Stand der Forschung. | ||
von Effekten aus dem Bewuchs (Verschattung durch Pflanzenbewuchs (Gräser)) bereits im Datensatz enthalten. Das Fraunhofer IBP kennzeichnet diese als den aktuellen Stand der Forschung. | |||
==== Bekiestes Flachdach ==== | ==== Bekiestes Flachdach ==== | ||
Das bekieste Flachdach weist geringere Sicherheiten auf als das Steildach, da die Bauteilschichten (Kies) über der Wärmedämmung nur langsam durchwärmt | Das bekieste Flachdach weist geringere Sicherheiten auf als das Steildach, da die Bauteilschichten (Kies) über der Wärmedämmung nur langsam durchwärmt | ||
werden. <br /> | werden. <br /> | ||
Als Folge stellt sich eine geringere Durchwärmung der darunter liegenden Bauteilschichten inklusive der Dämmebene ein. Die Abb. | Als Folge stellt sich eine geringere Durchwärmung der darunter liegenden Bauteilschichten inklusive der Dämmebene ein. Die Abb. 3-5 zeigen die Temperaturen | ||
einer nord- bzw. südgeneigten Steildachkonstruktion im Vergleich zu einem bekiesten Flachdach. Besonders deutlich wird der Unterschied bei dem südgeneigten Steildach, aber auch das nordorientierte Steildach hat ca. 8-10 °C höhere Spitzentemperaturen als das bekieste Flachdach. | einer nord- bzw. südgeneigten Steildachkonstruktion im Vergleich zu einem bekiesten Flachdach. Besonders deutlich wird der Unterschied bei dem südgeneigten Steildach, aber auch das nordorientierte Steildach hat ca. 8-10 °C höhere Spitzentemperaturen als das bekieste Flachdach. | ||
Wie beim Steildach besteht beim Kiesdach mit der [[PE]]-Folie keine Austrocknung aufgrund des mit 100 m sd-Wert hohen Diffusionswiderstandes. Auch die Dampfbremse mit dem konstanten | Wie beim Steildach besteht beim Kiesdach mit der [[PE]]-Folie keine Austrocknung aufgrund des mit 100 m [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] hohen Diffusionswiderstandes. Auch die Dampfbremse mit dem konstanten s<sub>d</sub>-Wert von 5 m bietet in dieser Kiesdachkonstruktion keine [[Rücktrocknung]]ssicherheiten. | ||
Dies ist eine Folge der verringerten Bauteiltemperaturen, welche die Rückdiffusion reduzieren. Bereits bei geringen unvorhergesehenen Feuchtebelastungen | |||
entsteht ein Bauschaden. | |||
Dahingegen verfügt die Konstruktion mit der pro clima [[DB+]] über ein Bauschadensfreiheitspotential von 700 g/m² x Jahr. Obwohl die Oberflächentemperturen des Kiesdaches deutlich reduziert sind, bietet die Hochleistungs-Dampfbremse [[INTELLO]] der Konstruktion ein ansehnliches Sicherheitspotential. Innerhalb eines Jahres kann das Bauteil gemäß den [[WUFI pro]]-Berechnungen pro Jahr mit ca. 1.500 g/m² Wasser belastet werden, ohne dass ein Bauschaden eintritt.(Siehe Abb. 7) | |||
==== Begrüntes Flachdach ==== | |||
[[Gründach|Begrünte Flachdachkonstruktionen]] verhalten sich aufgrund der dicken Substratschicht und den darin gespeicherten Wassermengen nochmals etwas träger als die Variante mit Kiesschüttung. Die Temperaturen auf der Abdichtungsbahn erreichen im Sommer Maximalwerte von 35-40 °C. Trotzdem verfügt die unbeschattete Konstruktion mit 200 mm Dämmstärke und einer [[INTELLO]] bzw. [[INTELLO PLUS]] über ein Bauschadensfreiheitspotential von 700 g/m² x Jahr. Das Bauteil verfügt über ausreichende Sicherheiten bei einem unvorhergesehenen Feuchteeintrag. Hier wird der berücksichtigte Einfluss aus dem Bewuchs (Verschattung) und die dadurch im Datensatz enthaltene Sicherheit deutlich. Für begrünte Flachdächer sind die [[INTELLO]] und [[INTELLO PLUS]] die erste Wahl. Die [[DB+]] bietet für Gründachkonstruktionen ausreichende Bauschadensfreiheitspotentiale bis zu einer Höhenlage von 400 m ü. NN. | |||
=== Einfluss der Dämmschichtdicke === | |||
In den letzten Jahren hat sich nicht zuletzt durch die regelmäßig steigenden Anforderungen der [[Energieeinsparverordnung]] die Stärke der eingebauten | |||
Dämmschichten erhöht. Dämmstärken von 300 mm oder mehr, die bei konventionellen Gebäuden in der Vergangenheit nur äußerst selten verwendet wurden, treten in immer größerer Zahl auf. <br /> | |||
Hoch wärmegedämmte Konstruktionen haben ein reduziertes Bauschadensfreiheitspotential. Der Hintergrund ist, dass bei steigender Dämmdicke die Durchwärmung des Bauteils zögerlicher verläuft. Dadurch wird der Vorgang der Verdunstung von unvorhergesehenen Feuchteeinträgen verlangsamt. Da die Außenklimabedingungen | |||
jedoch identisch bleiben, sinken die Rücktrocknungsmengen auf ein Jahr bezogen. | |||
[[INTELLO]]: <br /> | |||
Abb. 9 zeigt das Bauschadensfreiheitspotential der oben vorgestellten Konstruktion mit der INTELLO mit den Dämmstärken 200, 300 und 400 mm. | |||
Bei 200 mm Dämmdicke beträgt das Bauschadensfreiheitspotential ca. 3400, bei 300 mm ca. 3000 und bei 400 mm noch 2500 g/m² x Jahr. | |||
[[DB+]]: <br /> | |||
Auch bei der DB+ hat die Dämmdicke einen Einfluss auf das Bauschadensfreiheitspotential. Die Konstruktion mit der DB+ verfügt bei 200 mm Dämmung über | |||
ein Bauschadensfreiheitspotential von von 1800 g/m² x Jahr, bei 300 mm von 900 g/m² x Jahr und bei 400 mm Dämmschichtdicke über ein Bauschadensfreiheitspotential von 700 g/m² x Jahr. | |||
sd-Wert 5 m: <br /> | |||
Bei 200 mm Dämmstärke hat die Konstruktion mit der Dampfbremse mit dem konstanten sd-Wert von 5 m bereits ein sehr geringes Bauschadensfreiheitspotential. | |||
Bei höheren Dämmdicken sinkt dieses nochmals. Jedoch sind die Sicherheiten bereits bei geringen Dämmschichtdicken so gering, dass eine Verwendung bei außen diffusionsdichten Bauteilen sowohl bei geringen als auch bei hohen Dämmdicken nicht empfehlenswert ist. (Siehe Abb. 9) | |||
Für die INTELLO und die DB+ gilt demnach: <br /> | |||
Auch bei nordorientierten außen diffusionsdichten Steildachkonstruktionen (40°) mit hohen Dämmstärken und roten Dachziegeln sind Bauteile ausreichend sicher für Höhenlagen bis 1000 m (DB+) bzw. 1600 m (INTELLO). | |||
Bekieste oder begrünte Konstruktionen sollten bei hohen Dämmschichtdicken im Einzelfall betrachtet werden. | |||
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===Klimadaten Standort Davos=== | ===Klimadaten Standort Davos=== |