48.791
Bearbeitungen
Zeile 46: | Zeile 46: | ||
=== Feuchtebelastungen der Konstruktion === | === Feuchtebelastungen der Konstruktion === | ||
Eine Feuchtebelastung innerhalb einer Wärmedämmkonstruktion | Eine Feuchtebelastung innerhalb einer Wärmedämmkonstruktion kann verschiedene Ursachen haben. Zum Beispiel kann durch eine undichte Flachdachabdichtung Wasser von außen in ein Bauteil eindringen. Diese Feuchtigkeitsmengen können so groß sein, dass Wasser in den bewohnten Bereich tropft. Geringe Leckagen in Abdichtungen können dagegen in der Konstruktion zu einer allmählichen Auffeuchtung führen. Als Folge treten oft [[Schimmel]]befall der enthaltenen Materialien bis hin zum Entstehen holzzerstörender Pilze auf. Feuchtigkeit kann aber auch von der beheizten Innenseite in eine Konstruktion eindringen durch: | ||
; Vorhersehbare Feuchtebelastung: | ; Vorhersehbare Feuchtebelastung: | ||
* Diffusionsvorgänge | * Diffusionsvorgänge | ||
;Unvorhergesehene | ; Unvorhergesehene Feuchtebelastungen: | ||
* [[Konvektion]], d. h. Luftströmung (Undichtheiten in der Luftdichtungsebene) | * [[Konvektion]], d. h. Luftströmung (Undichtheiten in der Luftdichtungsebene) | ||
* Konstruktiv bedingter [[Feuchtetransport]] (z. B. [[Flankendiffusion]] durch angrenzendes Mauerwerk) | * Konstruktiv bedingter [[Feuchtetransport]] (z. B. [[Flankendiffusion]] durch angrenzendes Mauerwerk) | ||
* Erhöhte [[Einbaufeuchte]] der verwendeten Baustoffe | * Erhöhte [[Einbaufeuchte]] der verwendeten Baustoffe (z. B. der Hölzer) | ||
* | * Fehler im Bauablauf | ||
==== Feuchtebelastung durch Diffusion ==== | ==== Feuchtebelastung durch Diffusion ==== | ||
Je höher der innenseitige sd-Wert ist, desto geringer ist die Gefahr eines Bauschadens - so dachte man früher. Es hieß, dass die Verwendung von | Je höher der innenseitige [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] ist, desto geringer ist die Gefahr eines Bauschadens - so dachte man früher. Es hieß, dass die Verwendung von Dampfsperren mit hohen Diffusionswiderständen Bauschäden verhindern würde. <br /> | ||
Dass die Realität anders ist, wurde bereits vor über 25 Jahren bei der Markteinführung der ersten feuchtevariablen Dampfbremse [[DB+]] mit einem [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] von 2,30 m durch bauphysikalische Berechnungen belegt. | |||
Aktuell entsprechen diese sogenannten Dicht-Dicht-Bauteile bei Flachdachkonstruktionen (innen Dampfsperre s<sub>d</sub> > 100 m – außen dampfdichte Abdichtung) nach Aussagen von anerkannten Bauphysikern aus Wissenschaft und Praxis nicht mehr den »Regeln der Technik«. Ein Konsenspapier, das als Ergebnis des 2. Internationalen Holz[Bau]Physik-Kongresses im Februar 2011 veröffentlicht wurde, | Aktuell entsprechen diese sogenannten Dicht-Dicht-Bauteile bei Flachdachkonstruktionen (innen Dampfsperre s<sub>d</sub> > 100 m – außen dampfdichte Abdichtung) nach Aussagen von anerkannten Bauphysikern aus Wissenschaft und Praxis nicht mehr den »Regeln der Technik«. Ein Konsenspapier, das als Ergebnis des 2. Internationalen Holz[Bau]Physik-Kongresses im Februar 2011 veröffentlicht wurde, trifft zu unbelüfteten Flachdachkonstruktionen in Holzbauweise die folgende Aussage: Dampfsperren »unter binden die sommerliche Umkehrdiffusion, die zur Trocknung des winterlichen Feuchteeintrags aus Dampftransport per Luftströmung (Konvektion) durch unvermeidliche | ||
Restleckagen erforderlich ist«. <ref name="Qu_01" /> | |||
Insofern dürfen derartige Bauteile entweder nur funktionsfähig belüftet ausgeführt werden oder wenn nachgewiesen wird, dass die Bauteile über [[Rücktrocknungspotenzial]] | Insofern dürfen derartige Bauteile entweder nur funktionsfähig belüftet ausgeführt werden oder wenn nachgewiesen wird, dass die Bauteile über ein ausreichendes [[Rücktrocknungspotenzial]] verfügen. Dies kann z. B. durch die Wahl einer geeigneten Dampfbrems- und Luftdichtungsbahn auf der Innenseite des Bauteils erreicht werden. | ||
Untersuchungen an Außenwänden in Nordamerika zeigten bereits im Jahre 1999 <ref name="Qu_02" />, dass der Feuchtigkeitseintrag durch eine Dampfsperre infolge Konvektion selbst bei fachgerechter Verlegung eine Tauwassermenge von ca. 250 g/m² während der kalten Jahreszeit (Tauperiode) beträgt. Das entspricht einer Feuchtigkeitsmenge, die durch eine [[Dampfbremse]] mit einem [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] von 3,3 m während eines Winters diffundiert <ref name="Qu_03" />. | |||
{{Textrahmen01|'''Fazit:''' <br /> Auch in Konstruktionen mit [[Dampfsperre]]n, deren rechnerische [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Werte]] 50 m, 100 m oder mehr betragen, werden letztendlich erhebliche Mengen an Feuchtigkeit eingetragen. Dampfsperren lassen aber keine [[Rücktrocknung]] zu. Dadurch entstehen Feuchtefallen.}} | {{Textrahmen01|'''Fazit:''' <br /> Auch in Konstruktionen mit [[Dampfsperre]]n, deren rechnerische [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Werte]] 50 m, 100 m oder mehr betragen, werden letztendlich erhebliche Mengen an Feuchtigkeit eingetragen. Dampfsperren lassen aber keine [[Rücktrocknung]] zu. Dadurch entstehen Feuchtefallen.}} | ||
: '''Feuchtephysik der Luft:''' | |||
: • Beim Abkühlen der Luft erhöht sich die Luftfeuchtigkeit. | |||
: • Bei Unterschreitung der Taupunkttemperatur fällt Tauwasser aus. | |||
: • Bei höherer Raumluftfeuchtigkeit erhöht sich die Taupunkttemperatur <br /> | |||
:: > es fällt früher Tauwasser aus. | |||
==== Feuchtebelastung durch Konvektion ==== | ==== Feuchtebelastung durch Konvektion ==== | ||
{|align="right" width=" | {|align="right" width="260px" style="border-style:solid; border-width:1px; class="rahmenfarbe1" | ||
| colspan="2" |'''3. Feuchtigkeitsmenge durch Konvektion | | colspan="2" | '''Feuchteeintrag in die Konstruktion durch Undichtheiten in der Dampfsperre''' <br /> 3. Feuchtigkeitsmenge durch Konvektion | ||
|- | |- | ||
|valign="top" colspan="2" | [[Bild:BPhys GD 1 05_Konvekt_Fuge_Feuchte1-01-3.jpg|left|220px|]] | |valign="top" colspan="2" | [[Bild:BPhys GD 1 05_Konvekt_Fuge_Feuchte1-01-3.jpg|left|220px|]] | ||
Zeile 76: | Zeile 82: | ||
|Feuchtetransport || | |Feuchtetransport || | ||
|- | |- | ||
|durch | |durch Dampfsperre: <br /> durch 1 mm Fuge: || 0,5 g/(m² · 24 h) <br /> 800 g/(m · 24 h) | ||
|- | |- | ||
|'''Erhöhung Faktor:''' || '''1.600''' | |'''Erhöhung Faktor:''' || '''1.600''' | ||
Zeile 87: | Zeile 93: | ||
|- | |- | ||
| colspan="2" | <small>Messung: [[Institut für Bauphysik]], Stuttgart<ref name="Qu_04" /></small> | | colspan="2" | <small>Messung: [[Institut für Bauphysik]], Stuttgart<ref name="Qu_04" /></small> | ||
|} | |} <br clear="all" /> | ||
Durch [[Konvektion]], also Luftströmung, werden wesentlich größere Feuchtemengen in die Konstruktion transportiert als durch Diffusion. Die konvektiv eingebrachte Feuchtemenge kann leicht das 1000-fache der durch Diffusion eingetragenen Menge übersteigen | |||
Durch [[Konvektion]], also Luftströmung, werden wesentlich größere Feuchtemengen in die Konstruktion transportiert als durch Diffusion. Die konvektiv eingebrachte Feuchtemenge kann leicht das 1000-fache der durch Diffusion eingetragenen Menge übersteigen (siehe Abb. 3). | |||
Durch Leckagen in Konstruktionen mit äußeren diffusionsdichten Bauteilschichten eingedrungene Feuchtigkeit kann schnell zu einem Bauschaden führen. Konvektive Feuchteeinträge können wegen ihrer hohen Feuchtelast aber | |||
auch für außen diffusionsoffene Bauteile gefährlich werden, v. a. wenn bereits [[Tauwasser]] ausgefallen und es im winterlich kalten Klima zur Bildung von Eisschichten z. B. an der Unterdeckung gekommen ist. | |||
==== Konstruktiv bedingte Feuchtigkeit - Flankendiffusion ==== | ==== Konstruktiv bedingte Feuchtigkeit - Flankendiffusion ==== | ||
Zeile 134: | Zeile 142: | ||
'''„Je höher die Trocknungsreserve einer Konstruktion ist, umso höher kann die unvorhergesehene Feuchtebelastung sein und trotzdem bleibt die Konstruktion bauschadensfrei.“'''<br /> | '''„Je höher die Trocknungsreserve einer Konstruktion ist, umso höher kann die unvorhergesehene Feuchtebelastung sein und trotzdem bleibt die Konstruktion bauschadensfrei.“'''<br /> | ||
Konstruktionen, die außen diffusionsoffen sind, haben eine größere Trocknungsreserve als außenseitig diffusionsdichte Konstruktionen.}} | Konstruktionen, die außen diffusionsoffen sind, haben eine größere Trocknungsreserve als außenseitig diffusionsdichte Konstruktionen.}} | ||
== „Intelligente“ Dampfbremsen == | == „Intelligente“ Dampfbremsen == | ||
=== Austrocknung der Konstruktion nach innen === | === Austrocknung der Konstruktion nach innen === |