Definition

Unter Wärmebrücken werden wärmetechnische Schwachstellen (höhere Wärmestromdichte) in der Baukonstruktion verstanden. Über Wärmebrücken geht zum einen vermehrt Wärme verloren (Transmissionswärmeverluste), wodurch es zu einem erhöhten Energieverbrauch kommt. Zum anderen entstehen im Winter an Wärmebrücken kalte Oberflächen. Infolge dessen kann es zu (Tauwasser- /) Schimmelpilzbildung und damit zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen. Außerdem werden die kalten Temperaturen an schlecht gedämmten Außenwänden und insbesondere an Wärmebrücken als unbehaglich empfunden. Die Bewohner klagen über "Zugerscheinungen". Die Ursachen für Wärmebrücken können unterschiedliche Gründe haben.

geometrische bedingte Wärmebrücken

Geometrische Wärmebrücken entstehen dort, wo die wärmeaufnehmende Innenoberfläche kleiner als die wärmeabgebende Außenoberfläche ist (siehe Abb. 1). Typisch für eine solche Wärmebrücke ist die Außenecke. In der Gebäudekante entstehen geringere Temperaturen, als auf der Fläche. Abb. 2 zeigt eine Außenecke eines alten einschaligen Mauerwerks. In der Ecke ist die Oberflächentemperatur so gering, dass es sogar unter normalem Innenraumklima zu Tauwasser kommen kann. s. Abb 1-3

 
Abb 1: geometrische Wärmebrücke
 
Abb 2: Temperaturen unsanierter Außenecke Wand U-Wert 1,37 W/(m•K). In der Kante: Schimmelpilz- und Tauwassergefahr
 
Abb 3: Temperaturen sanierter Außenecke Wand U-Wert 0,27 W/(m•K). Die Wand bleibt durch außen liegende Dämmung warm, keine Gefährdung durch Schimmelpilzbildung.

materialbedingte Wärmebrücken

Materialbedingte Wärmebrücken entstehen, wenn innerhalb einer Konstruktion Materialien mit hoher Wärmeleitfähigkeit neben Materialien mit niedriger Wärmeleitfähigkeit liegen. Ein Beispiel ist die in der Außenmauer befindliche Stahlbetonstütze. s. Abb 4

 
Abb 4: materialbedingte Wärmebrücke

In der Regel liegen sowohl geometrische als auch materialbedingte Wärmebrücken gleichzeitig vor (siehe unten: Typische Wärmebrücken). Neben den rein physikalischen Effekten, wie oben beschrieben, können Wärmebrücken auch durch unsachgemäße Ausführung entstehen. In der Praxis sind häufig lückenhaft, ausgeführte Dämmung und mangelhaft ausgeführte Anschlüsse z.B. an Fenstern festzustellen.


Wärmebrücken im Winter sichtbar

von außen

In der Regel sind Wärmebrücken nicht sichtbar. In den Wintermonaten kann man aber häufig Wärmebrücken von außen erkennen. In Abbildung 5 kommt ist die Dachfläche eines Reihenhauses zu sehen. Auf Grund der vorhandenen Wärmebrücke strömt mehr Wärme nach außen, so dass sich die Dachfläche außen aufwärmt und den Schnee schmilzt. s. Abb 5-6

 
Abb 5: geschmolzener Schnee auf Grund der Wärmebrücke Gebäudetrennwand
 
Abb 6: Wärmebrückenwirkung über die unsanierte Gebäudetrennwand

von innen

Auch von innen kann man Wärmebrücken erkennen. Dazu werden Bilder mit einer sogenannten Thermografiekamera gemacht (Abb. 7). Es ist eine Raumecke mit zwei Rollladenkästen abgebildet. Die Decke liegt unterhalb einer Terrasse. In der Raumecke ist es erkennbar kühler aber Schimmel ist noch nicht aufgetreten.

 
Abb 7: Photo und Thermografie einer Raumecke mit zwei Rollladenkästen


Typische Wärmebrücken

Fensteranschlüsse

Zur Reduktion der Wärmebrückenverluste sollte der Fensterrahmen direkt an die Dämmung der Außenwand anschließen. Bleibt das Fenster unverändert, ist es zu empfehlen den Fensterrahmen zu überdämmen. Auch wenn aus konstruktiven Gründen nur geringe Dämmstärken erreicht werden können, sollte man getreu dem Motto „Da wo nichts ist, ist wenig viel.“ (Prof. Lamers) handeln. s. Abb. 8

 
Abb 8: Wärmebrücke Fensterleibung

Im Fall der gleichzeitigen Sanierung von Fenster und Außenwand sollte man ebenfalls den Fensterrahmen überdämmen und zusätzlich die Lage des Fensters möglichst in die Dämmebene verlegen.

Balkonplatte

Eine häufig anzutreffende Wärmebrückensituation ist der vorhandene Balkonanschluss. Bei einer nachträglichen Außendämmung wird die gut gedämmte Hülle vollständig durch eine Stahlbetonplatte durchstoßen. Trotz der Wärmebrücke reduziert sich nach der Dämmmaßnahme der Wärmeverlust über ein Geschoss um 60 %. Als Optimum ist die thermisch getrennte Balkonplatte anzusehen. In der Praxis wird der alte Balkon abgetrennt und anschließend vorgesetzte Balkone montiert. s. Abb. 9

 
Abb 9: Wärmebrücke Balkonanschluss - relativen Wärmeverluste über ein Geschoss


Energetische Bewertung von Wärmebrücken

Bei der Berechnung der Wärmebilanz sind die Wärmebrücken zu berücksichtigen. Grundlage zur Berechnung ist die Energieeinsparverordnung (EnEV 2004). Bisher gab es nur die Erfassung der Wärmebrücken für den Neubau. Im neuen Entwurf der Energieeinsparverordnung 2007 (EnEV 2007) werden erstmals Wärmebrücken für bestehende Gebäude berücksichtigt. Für den Bestand ist ein Zuschlag von 0,10 W/(m²K) auf die U-Werte aller Bauteile zu berücksichtigen. Werden Innendämmungen mit einbindenden Massivdecken eingesetzt, beträgt der Zuschlag sogar 0,15 W/(m²K). Verbessert man die Anschlüsse nach Beiblatt 2 der DIN 4108, darf der Zuschlag auf 0,05 W/(m²K) reduziert werden. Allerdings sind dort nur Neubaudetails enthalten. Zu guter letzt können die Anschlüsse auch separat berechnet werden. Dadurch können sowohl die Wärmeverluste über Wärmebrücken optimiert (Zuschlag bspw. nur noch 0,025 W/(m²K)) als auch Problemstellen erkannt und die Gefahr Schimmelpilzbildung reduziert werden.

 
Abb 10: Berücksichtigung der Wärmebrücken nach EnEV 2007

Quelle: [Büro für Holzbau und Bauphysik] Dipl.-Ing. (FH) Daniel Kehl | 24.04.2008

Siehe auch: DIN 4108 Beiblatt 2 - Katalog mit Planungs- und Ausführungsbeispielen für Bauteile mit der Problemstellung der Wärmebrücke.