Pflanzenöl

Ein weiterer Rein-Biokraftstoff ist Rapsölkraftstoff. In umgerüsteten Motoren ist er vor allem in der Land- und Forstwirtschaft eine Alternative. Während beim Biodiesel der Kraftstoff durch die Veresterung an die erforderlichen Eigenschaften des Motors angepasst wird, muss beim Pflanzenölkraftstoff der Motor an den Kraftstoff angepasst werden. Der Handel bietet dafür spezielle Umrüstsätze an. Da die Öl- bzw. Kraftstoffqualität entscheidende Auswirkungen auf den einwandfreien Betrieb hat, kommt der Einhaltung der Rapsölkraftstoffnorm DIN 51605 große Bedeutung zu.

Wie für Biodiesel galt auch für Rapsölkraftstoff ein ermäßigter Energiesteuersatz bis Dezember 2012. In der Land- und Forstwirtschaft hingegen ist der Einsatz dieser Reinkraftstoffe von der Energiesteuer befreit. Die derzeit nur bedingte Wettbewerbsfähigkeit gegenüber herkömmlichem Dieselkraftstoff hat den Absatz von Pflanzenölkraftstoff von 840.000 Tonnen (2007) auf unter 25.000 Tonnen (2012) einbrechen lassen.

Pflanzenöle werden in Deutschland nicht nur als Kraftstoff, sondern auch für die Strom- und Wärmeerzeugung genutzt. 2010 erzeugten etwa 1.400 Pflanzenöl-BHKW etwa 1,8 TWh (entspricht 1,8 Mrd. kWh) Strom. Bei einem Stromverbrauch in deutschen Haushalten von ca. 3.600 kWh pro Jahr entspricht dies einer Stromproduktion für 500.000 Haushalte. Pflanzenöl-BHKW werden in der Regel hocheffizient wärmegeführt betrieben – der Vorteil ist ein hoher Gesamtwirkungsgrad von über 80 Prozent. Auch wenn die Verstromung von Pflanzenöl in bestehenden Anlagen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG, siehe auch Kapitel 3) vergütet wird, belasten hohe Rohstoffpreise der letzten Jahre deren wirtschaftlichen Betrieb. Für Neuanlagen, die ab 2012 in Betrieb gehen, ist die EEG-Vergütung gestrichen, sodass diese Nutzungsform künftig nicht weiter ausgebaut werden wird.


Weltweit weisen auch Soja und Palmöl beträchtliche Potenziale auf, die aufgrund ihrer Zusammensetzung in Mitteleuropa jedoch nur bedingt eingesetzt werden können.

Steckbrief Rapsölkraftstoff
Rohstoffe Rapsöl
Jahresertrag je Hektar ca. 1.580 l/ha (Dieseläquvalent: 1.450 l/ha )
Kraftstoff-Äquivalent 1l Rapsöl ersetzt ca. 0,96l Diesel
Marktpreis 1,10 – 1,30 EUR/l (aktuelle Preise)
CO2-Minderung 56 % gegenüber Diesel (RL 2009/28/EG)
Technische Hinweise Umrüstung des Motors erforderlich

Rohstoffe

 
Pflanzenöle (Kraftstoffeigenschaften) - Quelle: TFZ, ASG, FNR (geändert 2011)

Die Voraussage Rudolf Diesels erfüllen heute überwiegend einheimische Ölpflanzen, die als Rohstofflieferant dienen. So wird in Deutschland vor allem Rapsöl als Kraftstoff eingesetzt. Auch die Nutzung von Soja-, Palm- und Sonnenblumenöl ist prinzipiell möglich, jedoch durch die Norm für Rapsölkraftstoff (DIN 51605) eingeschränkt.

Raps ist hierzulande die wichtigste Ölpflanze und gleichzeitig der wichtigste Eiweißlieferant. Etwa zwei Drittel der Saat werden zu eiweißreichem Futtermittel verarbeitet. Auf rund 1,4 Mio. Hektar oder etwa 12 Prozent der Ackerfläche wird Raps als bedeutendste Blattfrucht in unserer getreidebetonten Fruchtfolge angebaut.

Unter Berücksichtigung des einheimischen Rapsölbedarfs für Nahrungs- und Futtermittel sowie für industrielle Produkte bleibt eine verfügbare Fläche von ca. 1 Mio. Hektar zum Beispiel für die energetische Verwendung.

Die Nutzung von Raps und damit auch die von Rapsöl als Kraftstoff trägt nicht nur zur Sicherung der Einkommen in der Landwirtschaft bei, sie ermöglicht durch acker- und pflanzenbauliche Vorteile eine nachhaltige Bewirtschaftung unserer landwirtschaftlichen Flächen und Kulturlandschaften.

Um den Anbau von Ölpflanzen zur Energiegewinnung auch auf Grenzertragsstandorten zu erweitern, werden Ölpflanzenarten wie z. B. Leindotter genauer betrachtet. In einem FNR-Projekt wurde untersucht, unter welchen Bedingungen Leindotteröl als Kraftstoff oder Zumischkomponente eingesetzt werden kann.

Herstellung von Pflanzenöl als Kraftstoff

Grundsätzlich gibt es zwei Herstellungsverfahren für Pflanzenöle: die dezentrale Kaltpressung, die oft regional direkt in landwirtschaftlichen Betrieben oder Genossenschaften stattfindet, und die zentrale Herstellung in industriellen Großanlagen.

Herstellung in dezentralen Ölmühlen:

Bei der Kaltpressung – in der Regel in dezentralen Ölmühlen mit einer Verarbeitungskapazität von 0,5 bis 25 t Ölsaat pro Tag - wird die gereinigte Ölsaat ausschließlich durch mechanischen Druck bei Temperaturen von max. 40 °C ausgepresst. Die Schwebstoffe im Öl entfernen Filtrations- oder Sedimentationsverfahren. Neben dem Öl bleibt der Presskuchen mit einem Restölgehalt von 10 bis 18 % als eiweißreiches Tierfutter übrig. Die Ölausbeute liegt bei der Kaltpressung im Vergleich zur zentralen Ölpressung zwar niedriger, der schonende Pressvorgang ist jedoch Voraussetzung für die Herstellung hochwertiger, nativer Speiseöle. Für die Nutzung als Kraftstoff werden in einfachen Nachbehandlungsverfahren ablagerungs- und aschebildende Elemente im Rapsöl (Phosphor, Calcium, Magnesium) auf Minimalwerte reduziert.

Herstellung in zentralen, industriellen Ölmühlen:

Zentrale, industrielle Ölmühlen können pro Tag bis zu 4.000 t Saat verarbeiten und pressen die Ölsaaten nach einer Vorbehandlung bei höheren Temperaturen aus. Aus dem verbleibenden Ölpresskuchen wird das restliche Öl mit Lösemitteln bei Temperaturen bis 80 °C extrahiert, also herausgelöst. Übrig bleibt ein Extraktionsschrot, das ebenfalls als Tierfutter zum Einsatz kommt. Durch Verdampfen erfolgt die Abtrennung des Öls vom Lösungsmittel. Nach diesen Verfahrensschritten enthält das Öl einige unerwünschte Begleitstoffe, die anschließend durch Raffination entfernt werden. Endprodukt ist ein auch als Vollraffinat bezeichnetes Pflanzenöl.

Vergleich (de)-zentrale Pflanzenölerzeugung
Ölgewinnung aus 1 t Rapssaat dezentral zentral
Abpressgrad [%] 80 99
Ölausbeute [kg/t Saat] 336 416
Ausbeute Presskuchen [kg/t Saat] 660
Ausbeute Extraktionsschrot [kg/t Saat] - 580
Ölertrag [l/t Saat] 365 452
Ölertrag [l/ha] 1.278 1.582

Quelle: TFZ/FNR - (*Ölgehalt der Saat 42%)

Entwicklung dezentraler Ölmühlen
2004 1) 2006 2007 2) 2008 2009 3)
Anzahl der Ölmühlen 219 550 585 601 434
verarbeitete Rapssaat
in 1.000 t
380 889 983 593 k.a.

Quelle: TFZ
Daten aus Umfragen 1) März 2004, 2) Aug. 2007, 3) Aug. 2009

 
Biokraftstoffe im Vergleich
So weit kommt ein Pkw mit Biokraftstoffen von 1 Hektar Anbaufläche
Quelle: FNR - © FNR 2011

Konkrete Informationen zur Herstellung von Pflanzenölkraftstoff finden Sie in dem Handbuch "Herstellung von Rapsölkraftstoff in dezentralen Ölgewinnungsanlagen". Dieses Handbuch liefert Hinweise zur Planung und Auswahl der technischen Komponenten, zur Lagerung und Qualitätssicherung aber auch zu wirtschaftlichen Aspekten und rechtlichen Rahmenbedingungen.

Eine Liste von Anbietern von Pflanzenölpressen sowie Pflanzenölproduzenten finden Sie unter:

Umrüstung

Bevor unverändertes Pflanzenöl als Kraftstoff genutzt wird, muss der Motor an den Kraftstoff angepasst werden, um den Viskositäts- und Verbrennungseigenschaften der Pflanzenöle gerecht zu werden. Mehrere Anbieter in Deutschland haben dafür verschiedene Umrüstkonzepte entwickelt. Diese sorgen entweder für die Vorwärmung von Kraftstoff und Einspritzsystemen oder verfügen über ein "2-Tank-System", bei dem der Motor mit Diesel startet und erst bei Betriebstemperatur auf Pflanzenölbetrieb umschaltet.

Die verschiedenen, in der Praxis inzwischen genutzten Umrüstverfahren kosten je nach Motor zwischen gut einem und mehreren Tausend Euro. Eine Garantie auf Veränderungen am Motor wird nicht immer gewährt.

Gut erprobt sind Anpassungen von älteren Vorkammer-Diesel-Motoren, wohingegen in modernen Common-rail- oder Pumpe-Düse-Systemen nicht alle Probleme restlos gelöst sind. Zudem erfordert der Eintrag von Pflanzenöl in das Motoröl häufig deutlich verkürzte Ölwechselintervalle.

In nicht angepassten Motoren sollte Pflanzenöl weder in Reinform noch in Mischungen mit Diesel zum Einsatz kommen, da seine Verbrennungseigenschaften zu stark von denen des Dieselkraftstoffes abweichen und Schäden an den Einspritzsystemen sowie durch Ablagerungen im Motor nicht auszuschließen sind.

Derzeit wird daran gearbeitet, einen pflanzenöltauglichen Traktor zur Serienreife zu bringen. Im Rahmen eines Projektes, das die Fachagentur im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums begleitet, wollen die John Deere Werke Mannheim, die Vereinigten Werkstätten für Pflanzenöltechnologie (VWP) und die Universität Rostock, Traktormotoren auf den Pflanzenölkraftstoff anpassen und auf langfristige Betriebssicherheit untersuchen. Diese Motoren erfüllen selbstverständlich die Grenzwerte der Abgasstufe T3.

Ein ab Werk für den Betrieb mit Pflanzenöl freigegebener Traktor bringt klare Vorteile mit sich, da die Sicherheit der Werksgarantie und die Betreuung durch den Fachhandel gegeben ist.

Bereits im 100-Traktoren-Demonstrationsprojekt ("Praxiseinsatz von serienmäßig neuen rapsöltauglichen Traktoren") wurde die Praxistauglichkeit von Rapsöl in serienmäßig gefertigten Traktoren getestet. Dabei wurde deutlich, dass nicht jeder Motortyp für den Betrieb mit Rapsöl geeignet ist sowie ein störungsfreier Motorbetrieb nur auf Basis einer genormten Kraftstoffqualität möglich ist.

Drei Jahre nach Abschluss dieses Projektes wurden 76 Traktoren im Jahr 2008 erneut wissenschaftlich untersucht. Die Auswertung der Tier I-Motoren im Rapsölbetrieb von 2001 bis 2008 stützt sich auf 69 Traktoren mit 1-Tanksystem und 7 Traktoren mit 2-Tanksystem. Ziele des Projektes (Dauerhaltbarkeit von Rapsölmotoren im Praxiseinsatz) waren die Dokumentation und Bewertung des Zustands der Traktoren, die Erfassung des Aufwandes der Traktorenbetreiber beim Einsatz von Rapsölkraftstoff und die Erfassung aller Betriebsstörungen sowie das Leistungsverhalten der Traktoren in den letzten drei Jahren.

Kraftstoffeigenschaften und -qualität

Reines Pflanzenöl hat bestimmte Eigenschaften, die es von Dieselkraftstoff unterscheiden und seinen Einsatz im Verbrennungsmotor nur nach Anpassungsmaßnahmen ermöglichen. Die Viskosität von Pflanzenöl ist vor allem bei niedrigen Temperaturen bis zu zehn mal höher als die von fossilem Diesel, was bei herkömmlichen Motoren zu technischen Herausforderungen insbesondere beim Winterbetrieb und beim Kaltstart des Motors führt. Der Flammpunkt liegt mit rund 240 °C deutlich höher als der von normalem Diesel, Pflanzenöl ist deshalb bei Lagerung und Transport besonders sicher, einfach handhabbar und in keine Gefährdungsklasse der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten eingestuft.

Entscheidend für einen störungsfreien Betrieb ist die Qualität des Pflanzenöls. Um die Qualität von Rapsöl zu definieren, hat die Bayerische Landesanstalt für Landtechnik Weihenstephan im Jahr 2000 den so genannten RK-Qualitätsstandard 5/2000 für Rapsöl als Kraftstoff veröffentlicht. Diese Anforderungen bildeten auch die Grundlage für die Vornorm DIN V 51605. So lag bereits seit Juli 2006 eine rechtsverbindliche Norm für die Produktion und Vermarktung von Rapsöl als Kraftstoff vor.

Das Deutsche Institut für Normung e. V. hat im September 2010 die Norm DIN 51605 "Kraftstoffe für pflanzenöltaugliche Motoren - Rapsölkraftstoff - Anforderungen und Prüfverfahren" veröffentlicht. Diese löst somit die bisherige Vornorm DIN V 51605 ab.

Konkrete Informationen zur Qualitätssicherung Pflanzenölkraftstoff finden Sie in dem Handbuch "Herstellung von Rapsölkraftstoff in dezentralen Ölgewinnungsanlagen".

Die DIN V 51605 kann beim Beuth-Verlag unter www.beuth.de bezogen werden.

Verbreitung

2008 wurden in Deutschland 418.000 Tonnen (2007: 840.000 t) Pflanzenöl als Kraftstoff abgesetzt. Den größten Anteil davon fragte der Nutzfahrzeugsektor nach. Auch in der Landwirtschaft hat sich Pflanzenöl gut etabliert.

Das Netz der Pflanzenöltankstellen Deutschland besteht erst aus ca. 400 Stationen. Da jedoch zusätzliche Kosten für Umrüstung und häufigere Ölwechsel anfallen, rechnet sich das Fahren mit Pflanzenöl erst mit höheren km-Fahrleistungen- bei PKW´s ab ca. 100.000 km. Die Entwicklung und Serienfertigung von pflanzenöltauglichen Motoren durch die Automobilindustrie ist in naher Zukunft nicht zu erwarten. Erste Traktoren, die ab Werk für Pflanzenölkraftstoff freigegeben sind, wurden bereits auf der Agritechnika 2007 vorgestellt.

Siehe auch

Quelle