Schimmelpilz
Schimmelpilze ist der Oberbegriff für aus diversen Gruppen zusammengesetzte Kleinpilze.
Schimmelsporen zählen zu den verbreitetsten Raumluft-Krankheitserregern und finden sich auch in vielen Neubauten. Eine Bekämpfung mit chemischen Mitteln kann meist nur vorübergehend Abhilfe schaffen und führt bei vielen Produkten zur zusätzlichen chemischen Raumbelastung.
Eine Sonderstellung nimmt der Hausschwamm ein.
Fogging (Schwarzstaub) wird bei oberflächlicher Betrachtung leicht mit Schimmelpilz verwechselt.
Lebensbedingungen
In der Luft sind regulär ~10³-106 Pilzsporen/m³ vorhanden, die sich an Oberflächen absetzen und dort wachsen können.
- Feuchtigkeit bei der 'richtigen' Temperatur ist die Basis zur Schimmelansiedlung. Für den Schimmel optimale Bedingungen werden ab 70 - 80 % Luftfeuchtigkeit geboten.
- Nahrungsgrundlage für das Wachstum sind Proteine, Kohlenhydrate und Fette bzw. organische Materialien die vielfältig in und an Baustoffen vorliegen. Dazu zählt auch Zellulose in Tapetenkleister, Tapeten, Holz, Gipskarton sowie Kunststoffe in der Zusammensetzung von Wandbeschichtungen und Bodenbelägen. Das Selbe gilt für Einrichtungsgenstände wie Möbel, Bücher, Kleidung und auch Staub.
Diverse Schimmelpilzarten sind in der Lage lange Phasen der Trockenheit zu überstehen. Bei erneuter Feuchtezufuhr wird das Leben und Wachstum der Myzele reaktiviert.
Ursachen
Die Feuchtigkeitsansammlung kann viele Ursachen haben:
- defekte Rohrleitungen (Wasser, Heizung)
- am Dach und Obergeschoss durch undichte Dacheindeckung
- im Keller und Erdgeschoss durch eindringende und aufsteigende Feuchte aus dem Erdreich
Zu den Hauptursachen zählt Tauwasser, hervorgerufen durch:
- kühle Oberflächen (Außenwände, Fenster): Feuchtigkeitsniederschlag (s.a. Spiegel im Bad nach dem Duschen) vorzugsweise auch:
- im Bereich von Wärmebrücken
- an der Außenwand hinter Möbeln (in schlecht belüfteten Bereichen)
- Mangelhafte Luftdichtheit im Holzbau bzw. Dachkonstruktion verursacht Konvektion und führt zum Feuchteausfall innerhalb der Konstruktion.
- überhöhte winterliche Luftfeuchtigkeit durch geringeren Luftaustausch in moderneren Gebäude mit gut dichtenden Fenster/Außentüren und bei mangelnder Lüftungstechnik
- falsches Lüftungsverhalten kann Ursache von Pilzschäden sein. In den meisten Fällen liegen effektiv eine der vorgenannten Ursachen zu Grunde, wobei falsches Lüftungsverhalten lediglich zu einer Verstärkung führt. In den meisten Fällen erkennen Gutachter dies jedoch nicht als originäre Ursache. Problematischer sind die im Winter nicht durchgängig beheizten und schlecht belüfteten Wohnungen.
- überhöhte sommerliche Luftfeuchtigkeit durch zu hohen Luftaustausch im Keller
Erkennung - Nachweis
Schimmelbefall wird erkennbar durch das Auftreten dunkler Flecke und/oder einem erdig muffeligen Geruch. Der Nachweis kann über die Luftanalyse (Untersuchung auf Stoffwechselprodukte - siehe MVOC) und auch über Hausstaubuntersuchungen erfolgen.
Grundsätzlich ist bei Schimmelbefall ein unabhängiger Fachmann zu Rate zu ziehen und ggf. ein Gutachten zu erstellen. Wichtig ist
- die Pilzbestimmung - zur gesundheitlichen Gefahreneinschätzung
- die Ursachenforschung - für das zu erstellende Sanierungskonzept. Mit der Thermographie lassen sich beispielsweise Wärmebrücken und undichte Stellen der Luftdichtung feststellen.
Schimmelsanierung
physikalische Sanierung
Die allen anderen der Schimmelbekämpfung vorzuziehende Methode ist die komplette physikalische Entfernung des Schimmels: Ausbau bzw. Entfernung der Oberfläche befallener Baustoffe bis in die Tiefe in die sich die Myzele verästelt haben. Diese Arbeit sollten allein Fachfirmen mit entsprechenden Schutzvorkehrungen durchführen (Schutzanzüge, Einhausung betroffener Raum- bzw. Gebäudeteile mit Unterdruckerzeugung, Absaugung an abtragenden Gerätschaften jeweils mit entsprechenden Filtern). Zugleich sind in jedem Fall Maßnahmen zu ergreifen, die die Ursachen des Befalls beseitigen.
Selbst abgetöteter Schimmelbefall kann Wohngifte an die Innenraumluft abgeben!
Nur in Einzelfällen und/oder kleinen Befallszonen sind folgende Maßnahmen möglich:
Wärmebehandlung
Myzele diverser Schimmelpilze sind nur bis ~50° C lebensfähig. Das heißt, das Kenntnis über die Schimmelpilzart und Ihrer Temperaturbeständigkeit vorliegen müssen.
- bei kleinen Befallszonen mit bis ca. 2 cm Materialtiefe: Infrarotlicht. Heißluftgebläse (Haartrockner) bergen die Gefahr massiver Verteilung von Sporen im Raum.
- bei größerer Materialtiefe werden auch spezielle Mikrowellengeneratoren empfohlen. Zeit- und Energieaufwand sind hierbei hoch. Die gesundheitlichen Risiken aus der Behandlung mit Mikrowellen und ggf. erforderliche Schutzmaßnahmen werden dabei meist nicht berücksichtigt.
chemische Behandlung
Grundsätzlich gilt: Eine Bekämpfung mit chemischen Mitteln (Fungiziden) führt bei vielen Produkten zur zusätzlichen, neuen chemischen Raumluftbelastung (s. VOC). Außerdem können diese Mittel nur vorübergehend Abhilfe schaffen. Neben den direkten Ausgasungen treten Zersetzungs- und Zerfallserscheinungen im Kontakt mit Mikroorganismen oder unter Einwirkung von Licht und Wärme auf.
Von Fachleuten werden chemische Behandlungen allenfalls selektiv und im Rahmen einer ursächlichen und umfassenden Sanierung verwendet.
- Fungizid wirkende (tötende) Chemikalien sind Wasserstoffperoxid, Natriumhypochlorit, Peressigsäuren. Sie sind sporozid und entfärben als Bleichmittel den Belag. Poröse Oberflächen zur Behandlung werden vorausgesetzt.
- Quartäre Ammoniumverbindungen (Quats, QAV) wirken überwiegend "fungistatisch" (Wachstums- und Vermehrungshemmend) und finden sich bedenklicher Weise in vielen Farbanstrichen bereits zur vorbeugenden Anwendung (siehe Wohngesundheit).
- Auch Alkohol wird teilweise empfohlen, birgt aber die Gefahr der Schaffung neuer Lebensgrundlagen in dem der Schimmelpilz sich aus dem Wasseranteil nährt. Schimmelpilze haben die erstaunliche Kraft zu überleben und sich zu regenerieren, solange sie nicht bis ins letzte Myzel komplett zerstört sind.
Die physikalische Sanierung mit Beseitigung der Ursachen hat Vorrang vor allen anderen Maßnahmen.
Gesundheitliche Folgen
Sporen von Schimmelpilzen können unter Anderem Allergien erzeugen. Die Gesundheitsgefährdung durch Schimmelsporen ist lange bekannt. Die Opfer in der Pyramidenforschung sind auf Grund hoher Konzentration der Schimmelsporen in den Grabkammern gestorben.
Literatur
- Umfangreiche Infos vom Umweltbundesamt (UBA) "Schimmelpilzsanierungs-Leitfaden"
- UBA: Untersuchungen zum Vorkommen und zur gesundheitlichen Relevanz von Bakterien in Innenräumen
- UBA telegramm: umwelt+gesundheit 02/2009: Schimmelpilze sind nicht die einzigen Übeltäter bei Feuchteschäden in Wohnungen
- Mieterschutzbund Berlin e.V.: Feuchtigkeit und Schimmel"
- Gesundheitsamt BW: Actinomyceten in Innenräumen
- KAN-Bericht 13, Mikroorganismen in der Arbeitsplatzatmosphäre - Aktinomyceten; 2., erweiterte Auflage 04/1999 - G. Danneberg/A. Driesel
- Verbraucherzentrale NRW: "Schimmel - Prävention bei Gebäudesanierung"
Weblinks
- UBA: telegramm umwelt + gesundheit
- IBN Baubiologe Hansmartin Kirschmann: "Reduzierung- Vermeidung- Sanierung von Schimmel"
- Ökologische Beratungsagentur bietet Adressen von regionalen Gutachtern
- Informationen und Fachberatung beim Netzwerk Schimmel
- ÖGD Baden-Württemberg