Lehmputz: Unterschied zwischen den Versionen

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Mit der Verringerung des Luftwechsels steigt die Bedeutung der raumhüllenden Bauteile für die Qualität der Raumluft. Neben der anzustrebenden und durch Lehmbaustoffe problemlos umsetzbare Schadstofffreiheit der Raumhülle ist die [[Raumluftfeuchte]] und deren Regulierung durch die raumhüllenden Bauteilflächen von besonderer Bedeutung. Aus medizinischer Sicht gelten relative Luftfeuchten um 50 % als optimal und bis ca. 35 % als behaglich (Abb. 1), [Leudsen / Freymark – 1951]}<ref name="Leudsen / Freymark – 1951" />. Bei medizinischen Gutachten zu Atemwegserkrankungen werden in den meisten Fällen Raumluftfeuchten von nicht weniger als 40 % empfohlen; häufig mehr. Für Musikinstrumente und Kunstgüter soll die [[RLF]] in engen Grenzen um 50 % gehalten werden [Burmester / Eckermann – 1999]<ref name="Burmester / Eckermann – 1999" />.
Mit der Verringerung des Luftwechsels steigt die Bedeutung der raumhüllenden Bauteile für die Qualität der Raumluft. Neben der anzustrebenden und durch Lehmbaustoffe problemlos umsetzbare Schadstofffreiheit der Raumhülle ist die [[Raumluftfeuchte]] und deren Regulierung durch die raumhüllenden Bauteilflächen von besonderer Bedeutung. Aus medizinischer Sicht gelten relative Luftfeuchten um 50 % als optimal und bis ca. 35 % als behaglich (Abb. 1), [Leudsen / Freymark – 1951]}<ref name="Leudsen / Freymark – 1951" />. Bei medizinischen Gutachten zu Atemwegserkrankungen werden in den meisten Fällen Raumluftfeuchten von nicht weniger als 40 % empfohlen; häufig mehr. Für Musikinstrumente und Kunstgüter soll die [[RLF]] in engen Grenzen um 50 % gehalten werden [Burmester / Eckermann – 1999]<ref name="Burmester / Eckermann – 1999" />.


[[Luftfeuchtigkeit|Luftfeuchten]] bis zu 70% gelten für den Menschen als behaglich. Höhere Luftfeuchten sind zwar nicht direkt gesundheitsschädlich, die Raumluft wird jedoch schnell als stickig empfunden. Problematisch ist die Begünstigung von Schimmelpilzwachstum. Allgemein wird derzeit davon ausgegangen, dass mit Schimmelpilzbildungen zu rechnen ist, wenn eine relative Luftfeuchte von 80% in der Nähe von Bauteiloberflächen an 5 hintereinander folgenden Tagen für jeweils 12 Stunden erreicht wird [Richter et al – 1999]<ref name="Richter et al – 1999" />, [Sedlbauer / Krus – 2003]<ref name="Sedlbauer / Krus – 2003" />. Je nach Wärmedurchgang der Bauteile liegt diese Bedingung häufig schon bei Raumluftfeuchten von 60 % vor. Bei starken Wärmebrücken müssen zur Schadensfreiheit sogar derartig niedrige Luftfeuchten eingehalten werden, dass sie für den Bewohner schon wieder unterhalb des Behaglichkeitsbereiches liegen. Eine paradoxe Situation, der nur mit einer baulichen Verbesserung begegnet werden kann, jedoch häufig auf die Nutzer abgeladen wird.
[[Luftfeuchtigkeit|Luftfeuchten]] bis zu 70 % gelten für den Menschen als behaglich. Höhere Luftfeuchten sind zwar nicht direkt gesundheitsschädlich, die Raumluft wird jedoch schnell als stickig empfunden. Problematisch ist die Begünstigung von Schimmelpilzwachstum. Allgemein wird derzeit davon ausgegangen, dass mit Schimmelpilzbildungen zu rechnen ist, wenn eine relative Luftfeuchte von 80 % in der Nähe von Bauteiloberflächen an 5 hintereinander folgenden Tagen für jeweils 12 Stunden erreicht wird [Richter et al – 1999]<ref name="Richter et al – 1999" />, [Sedlbauer / Krus – 2003]<ref name="Sedlbauer / Krus – 2003" />. Je nach Wärmedurchgang der Bauteile liegt diese Bedingung häufig schon bei Raumluftfeuchten von 60 % vor. Bei starken Wärmebrücken müssen zur Schadensfreiheit sogar derartig niedrige Luftfeuchten eingehalten werden, dass sie für den Bewohner schon wieder unterhalb des Behaglichkeitsbereiches liegen. Eine paradoxe Situation, der nur mit einer baulichen Verbesserung begegnet werden kann, jedoch häufig auf die Nutzer abgeladen wird.


Der Bereich der für den Nutzer und die Bausubstanz optimale Luftfeuchte ist damit je nach thermischer Qualität der Gebäudehülle relativ schmal. Um Schwankungen der Raumluftfeuchte in einen ungünstigen Bereich zu vermeiden, sollten vor allem die oberflächennahen Wandbaustoffe in der Lage sein, die veränderlich wirkenden Einflüsse, wie Duschen, Kochen, Heizen etc., durch zwischenzeitliche Wasserdampfspeicherung abzupuffern. So kann überschüssige Feuchte zeitversetzt über die Raum- an die Außenluft abgegeben werden. Umgekehrt wird bei zu trockenem Raumklima kurzzeitig anfallende Feuchte im Raum gehalten. Diese als Sorptionsvermögen bezeichnete Materialeigenschaft ersetzt nicht die Lüftung, aber verbessert die hygrischen Bedingungen von Innenräumen vor allem bei geringem Luftwechsel.
Der Bereich der für den Nutzer und die Bausubstanz optimale Luftfeuchte ist damit je nach thermischer Qualität der Gebäudehülle relativ schmal. Um Schwankungen der Raumluftfeuchte in einen ungünstigen Bereich zu vermeiden, sollten vor allem die oberflächennahen Wandbaustoffe in der Lage sein, die veränderlich wirkenden Einflüsse, wie Duschen, Kochen, Heizen etc., durch zwischenzeitliche Wasserdampfspeicherung abzupuffern. So kann überschüssige Feuchte zeitversetzt über die Raum- an die Außenluft abgegeben werden. Umgekehrt wird bei zu trockenem Raumklima kurzzeitig anfallende Feuchte im Raum gehalten. Diese als Sorptionsvermögen bezeichnete Materialeigenschaft ersetzt nicht die Lüftung, aber verbessert die hygrischen Bedingungen von Innenräumen vor allem bei geringem Luftwechsel.
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Im Baustoff selbst erfolgt die Anlagerung der Raumluftfeuchte über die sogenannte [[Kapillar]]kondensation, d.h. Luftfeuchte kondensiert bzw. verdunstet an den Wandungen von Poren einer bestimmten Geometrie in Abhängigkeit vom Luftfeuchtegehalt, vorausgesetzt, dass die Porenräume untereinander verbunden sind und somit die Luftfeuchte innerhalb des Baustoffs transportiert werden kann. Die luftfeuchtebedingte Änderung der Materialfeuchte führt nicht dazu, dass die Bauteile feucht erscheinen oder sich feucht anfühlen – im Gegenteil, bei stark sorbierenden Materialien werden auch bei niedrigen Oberflächentemperaturen Kondensationsvorgänge vermieden. Dem Effekt der Kapillarkondensation sind aus technologischen und stofflichen Gründen gewisse Grenzen gesetzt, die in der anfänglich starken [[Sorption]] der zur Innendämmung verwandten Kalziumsilikatbaustoffe offensichtlich ausgereizt sind (Abb. 4). Lehmbaustoffe unterscheiden sich in Bezug ihrer Porenstruktur nicht signifikant von anderen mineralischen Putzen. Ihr zum Teil erheblich besseres Sorptionsverhalten ist auf einen zusätzlichen und mineralogisch bedingten Sorptionsanteil zurückzuführen. Hierbei wird die Luftfeuchte in der enorm feinen und zerklüfteten Kristallstruktur sogenannter quellfähiger Dreischichttonminerale zwischengespeichert (Abb. 2). Der Gehalt dieser besonders sorptionswirksamen Tonminerale ist von Lehm zu Lehm und somit von Lehmbaustoff zu Lehmbaustoff sehr unterschiedlich. Andere Tonminerale, wie z.B. das Zweischichtmineral Illit sind weit weniger wirksam. In der Untersuchung von [Holl / Ziegert - 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> konnte der Zusammenhang vom Gehalt quellfähiger Dreischichttonminerale zur Sorptionsaktivität erstmals an unterschiedlichen am Markt verfügbaren Lehmputzen nachgewiesen werden. Danach haben Lehmputze, die keine oder nur geringe Anteile an diesen sorptionsaktiven Dreischichttonminerale aufweisen, „lediglich“ um etwa 40% höhere Sorptionswerte als kalk- oder zementgebundene Putze und bleiben damit wesentlich unter der Möglichkeit nahezu 3-fache Sorptionswerte erreichen zu können (auch Abb. 4). In dieser Untersuchung hatte ausgerechnet der Lehmputz mit dem höchsten Tongehalt die schlechtesten Sorptionswerte unter den Lehmputzen; die Tonmineralfraktion bestand hier eben zu 98% aus dem nur wenig aktiven Illit.  
Im Baustoff selbst erfolgt die Anlagerung der Raumluftfeuchte über die sogenannte [[Kapillar]]kondensation, d.h. Luftfeuchte kondensiert bzw. verdunstet an den Wandungen von Poren einer bestimmten Geometrie in Abhängigkeit vom Luftfeuchtegehalt, vorausgesetzt, dass die Porenräume untereinander verbunden sind und somit die Luftfeuchte innerhalb des Baustoffs transportiert werden kann. Die luftfeuchtebedingte Änderung der Materialfeuchte führt nicht dazu, dass die Bauteile feucht erscheinen oder sich feucht anfühlen – im Gegenteil, bei stark sorbierenden Materialien werden auch bei niedrigen Oberflächentemperaturen Kondensationsvorgänge vermieden. Dem Effekt der Kapillarkondensation sind aus technologischen und stofflichen Gründen gewisse Grenzen gesetzt, die in der anfänglich starken [[Sorption]] der zur Innendämmung verwandten Kalziumsilikatbaustoffe offensichtlich ausgereizt sind (Abb. 4). Lehmbaustoffe unterscheiden sich in Bezug ihrer Porenstruktur nicht signifikant von anderen mineralischen Putzen. Ihr zum Teil erheblich besseres Sorptionsverhalten ist auf einen zusätzlichen und mineralogisch bedingten Sorptionsanteil zurückzuführen. Hierbei wird die Luftfeuchte in der enorm feinen und zerklüfteten Kristallstruktur sogenannter quellfähiger Dreischichttonminerale zwischengespeichert (Abb. 2). Der Gehalt dieser besonders sorptionswirksamen Tonminerale ist von Lehm zu Lehm und somit von Lehmbaustoff zu Lehmbaustoff sehr unterschiedlich. Andere Tonminerale, wie z.B. das Zweischichtmineral Illit sind weit weniger wirksam. In der Untersuchung von [Holl / Ziegert - 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> konnte der Zusammenhang vom Gehalt quellfähiger Dreischichttonminerale zur Sorptionsaktivität erstmals an unterschiedlichen am Markt verfügbaren Lehmputzen nachgewiesen werden. Danach haben Lehmputze, die keine oder nur geringe Anteile an diesen sorptionsaktiven Dreischichttonminerale aufweisen, „lediglich“ um etwa 40 % höhere Sorptionswerte als kalk- oder zementgebundene Putze und bleiben damit wesentlich unter der Möglichkeit nahezu 3-fache Sorptionswerte erreichen zu können (auch Abb. 4). In dieser Untersuchung hatte ausgerechnet der Lehmputz mit dem höchsten Tongehalt die schlechtesten Sorptionswerte unter den Lehmputzen; die Tonmineralfraktion bestand hier eben zu 98 % aus dem nur wenig aktiven Illit.  


Im Rahmen der anerkannten [[NaturePlus]] Zertifizierung von Lehmputzen wird die Sorptionsfähigkeit als ein wesentliches Qualitätsmerkmal untersucht und im Zertifikat quantitativ vermerkt. Damit haben alle am Baubeteiligten die Gelegenheit zu überprüfen, ob bei dem vorliegenden Lehmbaustoff die von der Natur bereitgestellte Eigenschaft hinreichend genutzt wurde.
Im Rahmen der anerkannten [[NaturePlus]] Zertifizierung von Lehmputzen wird die Sorptionsfähigkeit als ein wesentliches Qualitätsmerkmal untersucht und im Zertifikat quantitativ vermerkt. Damit haben alle am Baubeteiligten die Gelegenheit zu überprüfen, ob bei dem vorliegenden Lehmbaustoff die von der Natur bereitgestellte Eigenschaft hinreichend genutzt wurde.
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==== Ergebnisse der Messungen am Baustoff – Aufbauten und Schichtdicken ====
==== Ergebnisse der Messungen am Baustoff – Aufbauten und Schichtdicken ====
Die Ergebnisse der Messung von Putzen nach EN ISO 12571 sind ausführlich in [Holl / Ziegert – 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> dargestellt. Zusammenfassend sei hier das in Abbildung 3 übernommene Diagramm gezeigt, indem die damals untersuchten Produktgruppen „Lehmputze“ sowie „Kalk-, Gips- und Zementputze“ gemittelt dargestellt sind. Danach ist bei Lehmputzen im relevanten Bereich von 40-70 % RLF bei steigenden Luftfeuchten ein doppelt so starker Anstieg der Materialfeuchte zu verzeichnen, wie bei herkömmlichen Putzen. Daraus lässt sich hinsichtlich der Absolutwerte eine doppelt so hohe Sorptionsaktivität ableiten. Interessant ist, dass die herkömmlichen Putze ab 80% RLF  einen sehr starken Feuchtezuwachs aufweisen, so dass bei 95% RLF ähnliche Materialfeuchten wie bei den Lehmputzen erreicht werden. Da Luftfeuchten über 80% in Innenräumen jedoch grundsätzlich vermieden werden sollten, kommt die partielle Sorptionsaktivität dieser Materialien nicht zum Tragen. Vergleicht man 1,5 cm dicke Putzschichten nach dem an Minke angelehnten Verfahren erhält man die in Abbildung 4 ersichtlichen Kurven. Demnach weisen Lehmputze im Mittel ein doppelt so starkes Sorptionsvermögen auf, wie kalk- oder zementgebundene Putze.
Die Ergebnisse der Messung von Putzen nach EN ISO 12571 sind ausführlich in [Holl / Ziegert – 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> dargestellt. Zusammenfassend sei hier das in Abbildung 3 übernommene Diagramm gezeigt, indem die damals untersuchten Produktgruppen „Lehmputze“ sowie „Kalk-, Gips- und Zementputze“ gemittelt dargestellt sind. Danach ist bei Lehmputzen im relevanten Bereich von 40-70 % RLF bei steigenden Luftfeuchten ein doppelt so starker Anstieg der Materialfeuchte zu verzeichnen, wie bei herkömmlichen Putzen. Daraus lässt sich hinsichtlich der Absolutwerte eine doppelt so hohe Sorptionsaktivität ableiten. Interessant ist, dass die herkömmlichen Putze ab 80 % RLF  einen sehr starken Feuchtezuwachs aufweisen, so dass bei 95 % RLF ähnliche Materialfeuchten wie bei den Lehmputzen erreicht werden. Da Luftfeuchten über 80 % in Innenräumen jedoch grundsätzlich vermieden werden sollten, kommt die partielle Sorptionsaktivität dieser Materialien nicht zum Tragen. Vergleicht man 1,5 cm dicke Putzschichten nach dem an Minke angelehnten Verfahren erhält man die in Abbildung 4 ersichtlichen Kurven. Demnach weisen Lehmputze im Mittel ein doppelt so starkes Sorptionsvermögen auf, wie kalk- oder zementgebundene Putze.


Innerhalb der Lehmputze gibt es starke Unterschiede. Wie oben bereits begründet haben Lehmputze, die keine oder nur geringe Anteile an sorptionsaktiven Dreischichttonminerale aufweisen „lediglich“ um etwa 40% höhere Sorptionswerte als kalk- oder zementgebundene Putze. Der am stärksten sorbierende Lehmputz erreicht jedoch nahezu 3-fache Sorptionswerte. <br />
Innerhalb der Lehmputze gibt es starke Unterschiede. Wie oben bereits begründet haben Lehmputze, die keine oder nur geringe Anteile an sorptionsaktiven Dreischichttonminerale aufweisen „lediglich“ um etwa 40 % höhere Sorptionswerte als kalk- oder zementgebundene Putze. Der am stärksten sorbierende Lehmputz erreicht jedoch nahezu 3-fache Sorptionswerte. <br />
Ebenso gute Werte weisen übrigens auch die aktuell von [[NaturePlus]] zertifizierten Lehmputze auf. Von den Nicht-Lehmbaustoffen weist die [[Kalzium-Silikat|Kalciumsilikat-Platte]] eine hohe, mit Lehmputzen vergleichbare Anfangssorption auf. Wie oben bereits erwähnt, ist bei diesem Baustoff der Porenraum im Hinblick auf eine hohe Dämmung und Sorption optimiert. Es zeigt sich aber auch, dass die Kurve schnell abfällt. Die Möglichkeit über den Porenraum längerfristig eine hohe Sorption zu erreichen ist eben begrenzt.
Ebenso gute Werte weisen übrigens auch die aktuell von [[NaturePlus]] zertifizierten Lehmputze auf. Von den Nicht-Lehmbaustoffen weist die [[Kalzium-Silikat|Kalciumsilikat-Platte]] eine hohe, mit Lehmputzen vergleichbare Anfangssorption auf. Wie oben bereits erwähnt, ist bei diesem Baustoff der Porenraum im Hinblick auf eine hohe Dämmung und Sorption optimiert. Es zeigt sich aber auch, dass die Kurve schnell abfällt. Die Möglichkeit über den Porenraum längerfristig eine hohe Sorption zu erreichen ist eben begrenzt.


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Dünne Lehmputzschichten bzw. lediglich filmbildende Lehmanstriche auf einem beliebigen Untergrund sind jedoch in ihrer zeitlichen Wirkung beschränkt. Abbildung 6 zeigt, dass die puffernde Wirkung eines Lehmfeinputzes isoliert Schichtenaufbauten aus konventionellen Baustoffen und einiger im Lehmbau üblichen Aufbauten aufweisen (Abb. 5), [Ziegert – 2003]<ref name="Ziegert – 2003" />. Sämtliche auf Lehm basierende Aufbauten verfügen danach gegenüber den meisten konventionellen Aufbauten über ein mehr als 3-faches Sorptionsvermögen. Dass sich die Schichtdicke der Lehm-Aufbauten in den Ergebnissen nicht wesentlich wiederspiegelt, liegt an dem Umstand, dass durch die im Versuch simulierten Tagesschwankungen der Raumluftfeuchte lediglich die oberen 1,5 - 2 cm einer Wand aktiviert werden. Interessant ist, dass der gemessene 3 mm dünne Lehmputz auf einer Gipskartonplatte betrachtet nur etwa eine Stunde anhält; die einer lediglich filmbildenden Lehmfarbe entsprechend weniger. Die üblichen täglichen Nutzungszyklen von Innenräumen und die damit verbundene meist einseitige Beeinflussung der Raumluftfeuchte dauern jedoch in der Regel zwischen 6 und 12 Stunden. Eine leistungsfähige Pufferung über diese Zeiträume wird durch Schichtdicken von 1,5 Zentimetern und mehr erreicht. Sollen Schwankungen von Wetterperioden oder gar jahreszeitliche Schwankungen ausgeglichen werden, reichen Putzschichtdicken nicht aus.
Dünne Lehmputzschichten bzw. lediglich filmbildende Lehmanstriche auf einem beliebigen Untergrund sind jedoch in ihrer zeitlichen Wirkung beschränkt. Abbildung 6 zeigt, dass die puffernde Wirkung eines Lehmfeinputzes isoliert Schichtenaufbauten aus konventionellen Baustoffen und einiger im Lehmbau üblichen Aufbauten aufweisen (Abb. 5), [Ziegert – 2003]<ref name="Ziegert – 2003" />. Sämtliche auf Lehm basierende Aufbauten verfügen danach gegenüber den meisten konventionellen Aufbauten über ein mehr als 3-faches Sorptionsvermögen. Dass sich die Schichtdicke der Lehm-Aufbauten in den Ergebnissen nicht wesentlich wiederspiegelt, liegt an dem Umstand, dass durch die im Versuch simulierten Tagesschwankungen der Raumluftfeuchte lediglich die oberen 1,5 - 2 cm einer Wand aktiviert werden. Interessant ist, dass der gemessene 3 mm dünne Lehmputz auf einer Gipskartonplatte betrachtet nur etwa eine Stunde anhält; die einer lediglich filmbildenden Lehmfarbe entsprechend weniger. Die üblichen täglichen Nutzungszyklen von Innenräumen und die damit verbundene meist einseitige Beeinflussung der Raumluftfeuchte dauern jedoch in der Regel zwischen 6 und 12 Stunden. Eine leistungsfähige Pufferung über diese Zeiträume wird durch Schichtdicken von 1,5 Zentimetern und mehr erreicht. Sollen Schwankungen von Wetterperioden oder gar jahreszeitliche Schwankungen ausgeglichen werden, reichen Putzschichtdicken nicht aus.


In diesem Zusammenhang sind die durch [[Lüftungswärmetauscher]] belüftete bzw. beheizte Gebäude zu nennen, bei denen der vorgenommene Luftwechsel wiederum oft so hoch ist, dass sich im Winter durch die permanente Zuführung von trockener Außenluft bei normaler Nutzung extrem niedrige Raumluftfeuchten einstellen [Flückinger – 2005]<ref name="Flückinger – 2005" />. Lehmputze können zwar durch die schnelle Aufnahme kurzzeitig produzierter Feuchte zur Entschärfung der Problematik beitragen; grundsätzlich sind jedoch auch sie in diesen Fällen überfordert, da sie die Luftfeuchte „lediglich“ zwischenspeichern aber eben nicht produzieren können. Hier können dickere Lehmbauteile wie Lehmstein- oder Stampflehmwände ihre volle Wirkung entfalten. Die Erwartung, dass unter diesen Umständen die Raumluftfeuchte bei nahezu konstanten 50% bleibt, ist jedoch überzogen.
In diesem Zusammenhang sind die durch [[Lüftungswärmetauscher]] belüftete bzw. beheizte Gebäude zu nennen, bei denen der vorgenommene Luftwechsel wiederum oft so hoch ist, dass sich im Winter durch die permanente Zuführung von trockener Außenluft bei normaler Nutzung extrem niedrige Raumluftfeuchten einstellen [Flückinger – 2005]<ref name="Flückinger – 2005" />. Lehmputze können zwar durch die schnelle Aufnahme kurzzeitig produzierter Feuchte zur Entschärfung der Problematik beitragen; grundsätzlich sind jedoch auch sie in diesen Fällen überfordert, da sie die Luftfeuchte „lediglich“ zwischenspeichern aber eben nicht produzieren können. Hier können dickere Lehmbauteile wie Lehmstein- oder Stampflehmwände ihre volle Wirkung entfalten. Die Erwartung, dass unter diesen Umständen die Raumluftfeuchte bei nahezu konstanten 50 % bleibt, ist jedoch überzogen.


==== Die Luftfeuchte im Raum unter Einbeziehung der Sorptionseigenschaften ====
==== Die Luftfeuchte im Raum unter Einbeziehung der Sorptionseigenschaften ====
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Der quadratische Musterraum hat 16 m² Grundfläche und 3 Meter Deckenhöhe. Unter Abzug der Öffnungen stehen ca. 60 m² Wandfläche zum Ausgleich der Raumluftfeuchte zur Verfügung. <br />
Der quadratische Musterraum hat 16 m² Grundfläche und 3 Meter Deckenhöhe. Unter Abzug der Öffnungen stehen ca. 60 m² Wandfläche zum Ausgleich der Raumluftfeuchte zur Verfügung. <br />
Die Fläche des Fußbodens wird auf der sicheren Seite liegend als nicht für den Feuchteausgleich zur Verfügung stehend betrachtet, was für lackierte Holzfußböden oder Fußbodenfliesen auch quasi uneingeschränkt zutrifft. Die Annahmen der Feuchteproduktion infolge unterschiedlicher Nutzung wie Schlaf-, Wohnraum oder Bad richten sich u.a. nach [Richter et al – 1999]<ref name="Richter et al – 1999" />. Die Luftwechsel reichen von im sanierten Altbau sowie im Neubau anzutreffenden 0,1 pro Stunde bis zu 0,8 im unsanierten Altbau. <br />
Die Fläche des Fußbodens wird auf der sicheren Seite liegend als nicht für den Feuchteausgleich zur Verfügung stehend betrachtet, was für lackierte Holzfußböden oder Fußbodenfliesen auch quasi uneingeschränkt zutrifft. Die Annahmen der Feuchteproduktion infolge unterschiedlicher Nutzung wie Schlaf-, Wohnraum oder Bad richten sich u.a. nach [Richter et al – 1999]<ref name="Richter et al – 1999" />. Die Luftwechsel reichen von im sanierten Altbau sowie im Neubau anzutreffenden 0,1 pro Stunde bis zu 0,8 im unsanierten Altbau. <br />
Die angesetzten Klimabedingungen für die Außenluft unterscheiden zwischen kalten (0 , 85 RLF) sowie milden (10 , 85 RLF) Wintertagen. <br />
Die angesetzten Klimabedingungen für die Außenluft unterscheiden zwischen kalten (0 °C, 85 RLF) sowie milden (10 °C, 85 RLF) Wintertagen. <br />
Die in der Untersuchung gegenübergestellten Oberflächenaufbauten entsprechen den häufig im konventionellen Wohnungsbau bzw. den im Lehmbau eingesetzten Materialien. Für die Einbeziehung  des Sorptionsverhaltens wurden die zeitabhängig gemessenen und oben ausführlich diskutierten Sorptionswerte nach [Holl / Ziegert – 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> und [Ziegert – 2003]<ref name="Ziegert – 2003" /> zugrundegelegt. <br />
Die in der Untersuchung gegenübergestellten Oberflächenaufbauten entsprechen den häufig im konventionellen Wohnungsbau bzw. den im Lehmbau eingesetzten Materialien. Für die Einbeziehung  des Sorptionsverhaltens wurden die zeitabhängig gemessenen und oben ausführlich diskutierten Sorptionswerte nach [Holl / Ziegert – 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> und [Ziegert – 2003]<ref name="Ziegert – 2003" /> zugrundegelegt. <br />
Da sich in den raumklimatischen Berechnungen vielfach niedrigere Luftfeuchten als die in der Sorptionsmessung zugrundegelegten 80 % einstellen, wurden zum Teil reduzierte Sorptionswerte für die Berechnung verwendet.
Da sich in den raumklimatischen Berechnungen vielfach niedrigere Luftfeuchten als die in der Sorptionsmessung zugrundegelegten 80 % einstellen, wurden zum Teil reduzierte Sorptionswerte für die Berechnung verwendet.

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