Lehmputz: Unterschied zwischen den Versionen

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Im Baustoff selbst erfolgt die Anlagerung der Raumluftfeuchte über die sogenannte [[Kapillar]]kondensation, d.h. Luftfeuchte kondensiert bzw. verdunstet an den Wandungen von Poren einer bestimmten Geometrie in Abhängigkeit vom Luftfeuchtegehalt, vorausgesetzt, dass die Porenräume untereinander verbunden sind und somit die Luftfeuchte innerhalb des Baustoffs transportiert werden kann. Die luftfeuchtebedingte Änderung der Materialfeuchte führt nicht dazu, dass die Bauteile feucht erscheinen oder sich feucht anfühlen – im Gegenteil, bei stark sorbierenden Materialien werden auch bei niedrigen Oberflächentemperaturen Kondensationsvorgänge vermieden. Dem Effekt der Kapillarkondensation sind aus technologischen und stofflichen Gründen gewisse Grenzen gesetzt, die in der anfänglich starken [[Sorption]] der zur Innendämmung verwandten Kalziumsilikatbaustoffe offensichtlich ausgereizt sind (Abb. 4). Lehmbaustoffe unterscheiden sich in Bezug ihrer Porenstruktur nicht signifikant von anderen mineralischen Putzen. Ihr zum Teil erheblich besseres Sorptionsverhalten ist auf einen zusätzlichen und mineralogisch bedingten Sorptionsanteil zurückzuführen. Hierbei wird die Luftfeuchte in der enorm feinen und zerklüfteten Kristallstruktur sogenannter quellfähiger Dreischichttonminerale zwischengespeichert (Abb. 2). Der Gehalt dieser besonders sorptionswirksamen Tonminerale ist von Lehm zu Lehm und somit von Lehmbaustoff zu Lehmbaustoff sehr unterschiedlich. Andere Tonminerale, wie z.B. das Zweischichtmineral Illit sind weit weniger wirksam. In der Untersuchung von [Holl / Ziegert - 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> konnte der Zusammenhang vom Gehalt quellfähiger Dreischichttonminerale zur Sorptionsaktivität erstmals an unterschiedlichen am Markt verfügbaren Lehmputzen nachgewiesen werden. Danach haben Lehmputze, die keine oder nur geringe Anteile an diesen sorptionsaktiven Dreischichttonminerale aufweisen, „lediglich“ um etwa 40 % höhere Sorptionswerte als kalk- oder zementgebundene Putze und bleiben damit wesentlich unter der Möglichkeit nahezu 3-fache Sorptionswerte erreichen zu können (auch Abb. 4). In dieser Untersuchung hatte ausgerechnet der Lehmputz mit dem höchsten Tongehalt die schlechtesten Sorptionswerte unter den Lehmputzen; die Tonmineralfraktion bestand hier eben zu 98 % aus dem nur wenig aktiven Illit.  
Im Baustoff selbst erfolgt die Anlagerung der Raumluftfeuchte über die sogenannte [[Kapillar]]kondensation, d.h. Luftfeuchte kondensiert bzw. verdunstet an den Wandungen von Poren einer bestimmten Geometrie in Abhängigkeit vom Luftfeuchtegehalt, vorausgesetzt, dass die Porenräume untereinander verbunden sind und somit die Luftfeuchte innerhalb des Baustoffs transportiert werden kann. Die luftfeuchtebedingte Änderung der Materialfeuchte führt nicht dazu, dass die Bauteile feucht erscheinen oder sich feucht anfühlen – im Gegenteil, bei stark sorbierenden Materialien werden auch bei niedrigen Oberflächentemperaturen Kondensationsvorgänge vermieden. Dem Effekt der Kapillarkondensation sind aus technologischen und stofflichen Gründen gewisse Grenzen gesetzt, die in der anfänglich starken [[Sorption]] der zur Innendämmung verwandten Kalziumsilikatbaustoffe offensichtlich ausgereizt sind (Abb. 4). Lehmbaustoffe unterscheiden sich in Bezug ihrer Porenstruktur nicht signifikant von anderen mineralischen Putzen. Ihr zum Teil erheblich besseres Sorptionsverhalten ist auf einen zusätzlichen und mineralogisch bedingten Sorptionsanteil zurückzuführen. Hierbei wird die Luftfeuchte in der enorm feinen und zerklüfteten Kristallstruktur sogenannter quellfähiger Dreischichttonminerale zwischengespeichert (Abb. 2). Der Gehalt dieser besonders sorptionswirksamen Tonminerale ist von Lehm zu Lehm und somit von Lehmbaustoff zu Lehmbaustoff sehr unterschiedlich. Andere Tonminerale, wie z.B. das Zweischichtmineral Illit sind weit weniger wirksam. In der Untersuchung von [Holl / Ziegert - 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> konnte der Zusammenhang vom Gehalt quellfähiger Dreischichttonminerale zur Sorptionsaktivität erstmals an unterschiedlichen am Markt verfügbaren Lehmputzen nachgewiesen werden. Danach haben Lehmputze, die keine oder nur geringe Anteile an diesen sorptionsaktiven Dreischichttonminerale aufweisen, „lediglich“ um etwa 40 % höhere Sorptionswerte als kalk- oder zementgebundene Putze und bleiben damit wesentlich unter der Möglichkeit nahezu 3-fache Sorptionswerte erreichen zu können (auch Abb. 4). In dieser Untersuchung hatte ausgerechnet der Lehmputz mit dem höchsten Tongehalt die schlechtesten Sorptionswerte unter den Lehmputzen; die Tonmineralfraktion bestand hier eben zu 98 % aus dem nur wenig aktiven Illit.  


Im Rahmen der anerkannten [[NaturePlus]] Zertifizierung von Lehmputzen wird die Sorptionsfähigkeit als ein wesentliches Qualitätsmerkmal untersucht und im Zertifikat quantitativ vermerkt. Damit haben alle am Baubeteiligten die Gelegenheit zu überprüfen, ob bei dem vorliegenden Lehmbaustoff die von der Natur bereitgestellte Eigenschaft hinreichend genutzt wurde.
Im Rahmen der anerkannten [[natureplus]] Zertifizierung von Lehmputzen wird die Sorptionsfähigkeit als ein wesentliches Qualitätsmerkmal untersucht und im Zertifikat quantitativ vermerkt. Damit haben alle am Baubeteiligten die Gelegenheit zu überprüfen, ob bei dem vorliegenden Lehmbaustoff die von der Natur bereitgestellte Eigenschaft hinreichend genutzt wurde.


Dass mit Lehmbaustoffen umhüllte Räume eine vergleichsweise behaglichere Raumluftfeuchte aufweisen, als mit anderen Baustoffen umhüllte Räume, liegt also nicht wie oft vermutet an einem gänzlich anderem Porensystem, denn das ist in etwa gleich. Der Unterschied kann zusammenfassend folgenden Effekten zugeschrieben werden:
Dass mit Lehmbaustoffen umhüllte Räume eine vergleichsweise behaglichere Raumluftfeuchte aufweisen, als mit anderen Baustoffen umhüllte Räume, liegt also nicht wie oft vermutet an einem gänzlich anderem Porensystem, denn das ist in etwa gleich. Der Unterschied kann zusammenfassend folgenden Effekten zugeschrieben werden:

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