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== Definitionen == | |||
Bei der '''Diffusion''' durchdringen Gase andere Gase oder feste Körper in Folge von Konzentrationsunterschieden. Die Diffusion ist ein ohne äußere Einwirkung eintretender Ausgleich unterschiedlicher Gaskonzentrationen. | Bei der '''Diffusion''' durchdringen Gase andere Gase oder feste Körper in Folge von Konzentrationsunterschieden. Die Diffusion ist ein ohne äußere Einwirkung eintretender Ausgleich unterschiedlicher Gaskonzentrationen. | ||
== | {| align="left" | ||
{ | |- | ||
| Einstufung der Stoffe hinsichtlich Dampfdurchlässigkeit nach [[DIN 4108-3]]: | |||
{| class="wikitable" | |||
| width="200px" | '''Begriff''' || width="360px" align="center" | '''[[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]]''' (Bereich) | |||
|- | |||
| diffusionsoffene Schicht || align="center" | s<sub>d</sub> ≤ 0,5 m | |||
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| diffusionsbremsende Schicht || align="center" | 0,5 m < s<sub>d</sub> ≤ 10 m | |||
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| diffusionshemmende Schicht || align="center" | 10 m < s<sub>d</sub> ≤ 100 m | |||
|- | |||
| diffusionssperrende Schicht || align="center" | 100 m < s<sub>d</sub> < 1.500 m | |||
|- | |||
| diffusionsdichte Schicht || align="center" | s<sub>d</sub> ≥ 1.500 m | |||
|- | |||
| Schicht mit variablem s<sub>d</sub>-Wert || align="center" | Bauteilschicht, die ihren s<sub>d</sub>-Wert in Abhängigkeit von der umgebenden relativen Luftfeuchte verändert | |||
|} | |||
| width="50px" | | |||
| valign="top" | nach [[WTA]] Merkblatt 6-8: | |||
{| class="wikitable" | |||
| width="160px" | '''Begriff''' || width="160px" align="center" | '''s<sub>d</sub>-Wert''' (Bereich) *) | |||
|- | |||
| diffusionsoffen || align="center" | s<sub>d</sub> ≤ 0,5 m | |||
|- | |||
| moderat dampfbremsend || align="center" | 2,0 m < s<sub>d</sub> ≤ 5,0 m | |||
|- | |||
| stark dampfbremsend || align="center" | 10 m < s<sub>d</sub> < 100 m | |||
|- | |||
| dampfsperrend || align="center" | 100 m < s<sub>d</sub> < 400 m | |||
|- | |||
| dampfdicht || align="center" | s<sub>d</sub> ≥ 1.500 m | |||
|} | |||
|- | |||
| valign="top" | || || *) Nicht definierte Zwischenbereiche sind in ihrer Wirkung nicht eindeutig zuordenbar. | |||
|} | |||
<br clear="all" /> | |||
[[Feuchtevariabilität|Feuchtevariable Dampfbremsen]] (auch 'feuchteadaptiv' genannt): <br /> | |||
Bei trockenem Umgebungsklima (im Winter auf der Raumseite) weisen sie einen höheren [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] auf, bei höheren [[Luftfeuchtigkeit]]en (z. B. im Sommer) sinkt der [[Diffusionswiderstand]]. <ref name="Qu_1" /> | |||
== Diffusion, die planbare Größe == | |||
{|align="right" | {|align="right" | ||
|[[Bild:BPhys GD 1 07_Dachschn.Diffusion-01.jpg|right|thumb| | |[[Bild:BPhys GD 1 07_Dachschn.Diffusion-01-2.jpg|right|thumb|450px|Diffusion erfolgt planmäßig]] | ||
|} | |} | ||
In der Bauphysik beschreibt die '''Dampfdiffusion''' den Feuchtetransport durch Molekülwanderung, verursacht durch den Dampfdruckunterschied der das Bauteil umgebenden Luftschichten. Der Austausch erfolgt also, im Gegensatz zur [[Konvektion]], nicht über Fugen, sondern durch die Wanderung der Feuchtigkeit durch eine [[monolithisch]]e, [[Luftdichtung|luftdichte]] Materialschicht. | In der Bauphysik beschreibt die '''Dampfdiffusion''' den Feuchtetransport durch Molekülwanderung, verursacht durch den Dampfdruckunterschied der das Bauteil umgebenden Luftschichten. Der Austausch erfolgt also, im Gegensatz zur [[Konvektion]], nicht über Fugen, sondern durch die Wanderung der Feuchtigkeit durch eine [[monolithisch]]e, [[Luftdichtung|luftdichte]] Materialschicht. | ||
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==Feuchtebelastung durch Diffusion== | ==Feuchtebelastung durch Diffusion== | ||
''Auszug einer von MOLL bauökologische Produkte GmbH initiierten'' Studie<ref name="Qu_001" />: | ''Auszug einer von MOLL bauökologische Produkte GmbH initiierten'' Luftdichtungs-Studie<ref name="Qu_001" />: | ||
Je | {| align="right" widht="480px" style="border-style:solid; border-width:1px; margin: 0px 0px 0px 20px; padding: 5px 5px 5px 5px;" class="rahmenfarbe1" | ||
| '''Feuchtephysik der Luft''' <br /> • Beim Abkühlen der Luft erhöht sich die Luftfeuchtigkeit. <br /> • Bei Unterschreitung der Taupunkttemperatur fällt Tauwasser aus. <br /> • Bei höherer Raumluftfeuchtigkeit erhöht sich die Taupunkttemperatur <br /> ⇒ es fällt früher Tauwasser aus. | |||
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Je höher der innenseitige [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] ist, desto geringer ist die Gefahr eines Bauschadens - so dachte man früher. Es hieß, dass die Verwendung von Dampfsperren mit hohen Diffusionswiderständen Bauschäden verhindern würde. <br /> | |||
Dass die Realität anders ist, wurde bereits vor über 25 Jahren bei der Markteinführung der ersten feuchtevariablen Dampfbremse [[DB+]] mit einem [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] von 2,30 m durch bauphysikalische Berechnungen belegt. | |||
Aktuell entsprechen diese sogenannten Dicht-Dicht-Bauteile bei Flachdachkonstruktionen (innen Dampfsperre s<sub>d</sub> > 100 m – außen dampfdichte Abdichtung) nach Aussagen von anerkannten Bauphysikern aus Wissenschaft und Praxis nicht mehr den »Regeln der Technik«. Ein Konsenspapier, das als Ergebnis des 2. Internationalen Holz[Bau]Physik-Kongresses im Februar 2011 veröffentlicht wurde, trifft zu unbelüfteten Flachdachkonstruktionen in Holzbauweise die folgende Aussage: Dampfsperren »unter binden die sommerliche Umkehrdiffusion, die zur Trocknung des winterlichen Feuchteeintrags aus Dampftransport per Luftströmung (Konvektion) durch unvermeidliche | |||
Restleckagen erforderlich ist«. <ref name="Qu_01" /> | |||
Insofern dürfen derartige Bauteile entweder nur funktionsfähig belüftet ausgeführt werden oder wenn nachgewiesen wird, dass die Bauteile über ein ausreichendes [[Rücktrocknungspotenzial]] verfügen. Dies kann z. B. durch die Wahl einer geeigneten Dampfbrems- und Luftdichtungsbahn auf der Innenseite des Bauteils erreicht werden. | |||
Untersuchungen an Außenwänden in Nordamerika zeigten bereits im Jahre 1999 <ref name="Qu_02" />, dass der Feuchtigkeitseintrag durch eine Dampfsperre infolge Konvektion selbst bei fachgerechter Verlegung eine Tauwassermenge von ca. 250 g/m² während der kalten Jahreszeit (Tauperiode) beträgt. Das entspricht einer Feuchtigkeitsmenge, die durch eine [[Dampfbremse]] mit einem [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Wert]] von 3,3 m während eines Winters diffundiert <ref name="Qu_03" />. | |||
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{ | | width="50%" algin="left" | {{Textrahmen vario|Fazit: |Auch in Konstruktionen mit [[Dampfsperre]]n, deren rechnerische [[sd-Wert|s<sub>d</sub>-Werte]] 50 m, 100 m oder mehr betragen, werden letztendlich erhebliche Mengen an Feuchtigkeit eingetragen. Dampfsperren lassen aber keine [[Rücktrocknung]] zu. Dadurch entstehen Feuchtefallen.|900px}} | ||
|} <br clear="all" /> | |||
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==Berechnungsmodelle für Diffusionsvorgänge == | ==Berechnungsmodelle für Diffusionsvorgänge == | ||
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<references> | <references> | ||
<ref name="Qu_1">INFORMATIONSDIENST HOLZ, spezial, ''Flachdächer in Holzbauweise'', Oktober 2008</ref> | <ref name="Qu_1">INFORMATIONSDIENST HOLZ, spezial, ''Flachdächer in Holzbauweise'', Oktober 2008</ref> | ||
<ref name="Qu_001"> ''Moll bauökologische Produkte GmbH'' | <ref name="Qu_001"> ''Moll bauökologische Produkte GmbH, Luftdichtungs-Studie'' - [[Luftdichtungs-Studie#Durch Diffusion|Link zum Absatz]]; PDF: [https://de.proclima.com/media-download/4/pro_clima_Luftdichtungs-Studie Download]</ref> | ||
<ref name="Qu_01"> Konsenspapier des 2. Internationalen Holz[Bau]Physik-Kongresses: 10./11.02.2011 Leipzig, [http://holzbauphysik-kongress.eu/mediapool/69/694318/data/Konsens_Flachdaecher_2011_03_END.pdf holzbauphysik-kongress.eu: Konsens_Flachdaecher_2011_03_END.pdf] </ref> | <ref name="Qu_01"> Konsenspapier des 2. Internationalen Holz[Bau]Physik-Kongresses: 10./11.02.2011 Leipzig, [http://holzbauphysik-kongress.eu/mediapool/69/694318/data/Konsens_Flachdaecher_2011_03_END.pdf holzbauphysik-kongress.eu: Konsens_Flachdaecher_2011_03_END.pdf] </ref> | ||
<ref name="Qu_02">TenWolde, A. et al.: ”''Air pressures in wood frame walls, proceedings thermal VII.''” Ashrae Publication Atlanta, 1999</ref> | <ref name="Qu_02">TenWolde, A. et al.: ”''Air pressures in wood frame walls, proceedings thermal VII.''” Ashrae Publication Atlanta, 1999</ref> | ||