Bauschadensfreiheitspotential
Bauschadensfreiheit ist das Ziel jeglicher Bautätigkeit. Das Bauschadensfreiheitspotenzial ist das Potenzial, um die sich Chance zur Bauschadensfreiheit erhöht und bietet zudem eine erhöhte Fehlertoleranz gegenüber leichten Baufehlern zum Beispiel bei der Bauausführung.
In der Bauplanung und Bauausführung wird häufig von Standardsituationen ausgegangen, die für sich betrachtet und unter definierten Rahmenbedingungen funktionieren. Bei der Einzelbetrachtung finden sich vor Ort jedoch eine Vielzahl von baupraktischen Umständen, die einzeln und/oder in ihrer Wechselwirkung zu Bauschäden führen. Daher ist es Zeichen gehobenen Qualitätsmanagements, wenn bereits in der Planung und auch in der Ausführung maximale Toleranzen für zum Teil im Vorfeld unwägbare Umstände der Praxis einbezogen werden.
Klassisches Beispiel:
Nach alten Lehrmeinungen wird eine außen dampfdichte Konstruktion innen mit einer Dampfsperre versehen, damit kein schadensverursachender Dampf in die Konstruktion eindringt.
Die MOLL bauökologische Produkte GmbH beauftragte zu diesem Thema eine Studie, die hier in Auszügen wiedergegeben wird:
Berechnung des Bauschadensfreiheitspotentials
Um die Sicherheiten eines Bauteils bei unvorhergesehenem Feuchteeintrag (z. B. durch Konvektion oder Flankendiffusion) zu ermitteln, wird folgender Ansatz verwendet: Zu Beginn der Berechnung wird eine definierte Feuchtemenge in die Wärmedämmung eingebracht. Die Berechnung zeigt, wie schnell diese wieder austrocknen kann. Die Trocknungsmenge, die pro Jahr unter der Annahme der erhöhten Anfangsfeuchtigkeit aus der Konstruktion entweichen kann, ist das Bauschadensfreiheitspotential der Konstruktion. Die Berechnungen erfolgen unter ungünstigen Bedingungen (z. B. Nordseite eines Steildaches), in unterschiedlichen Klimabereichen (z. B. Hochgebirge) und mit unterschiedlichen Dachformen (Steildach, Flachdach, Gründach). Bauphysikalisch günstigere Konstruktionen bieten entsprechend höhere Sicherheiten.
Definition des Bauschadensfreiheitspotentials
Das Bauschadensfreiheitspotential gibt an, wie viel Feuchtigkeit unvorhergesehen durch Undichtheiten, Flankendiffusion, feuchte Baustoffe in eine Konstruktion eindringen kann, ohne einen Bauschaden oder einen Schimmelbefall zu verursachen.
Dachkonstruktion
Es wird eine als bauphysikalisch kritisch geltende Konstruktion in mehreren Dachvarianten betrachtet. Standorte und Dampfbremsen werden variiert. Aufbau der Konstruktion:
Aufbau der Dachkonstruktion | |||||||||||||||||||||||||||||
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Bauteilschichten:
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Dampfbremsen: | sd-Wert: |
• PE-Folie | 50 m konstant |
• Dampfbremse | 2,3 m konstant |
• pro clima DB+ | 0,6 – 4 m feuchtevariabel |
• pro clima INTELLO | 0,25 – 10 m feuchtevariabel |
Dachvarianten:
- Steildach mit 40° Neigung zur Nordseite, rote Dachsteine
- Flachdach mit 5 cm Kies
- Gründach mit 5 cm Kies (18/32) und 8 cm Pflanzensubstrat
Standorte:
- Holzkirchen, Deutschland, Höhenlage über NN = 680 m (NN = Normal Null, Meeresspiegel)
- Davos, Schweiz, Höhenlage über NN = 1.560 m
Berechnung:
- Mit WUFI pro
- Anfangsfeuchtigkeit in der Wärmedämmung 4000 g/m²
Einflussfaktoren auf die Höhe des Bauschadensfreiheitspotentials
Eine wesentliche Größe für die Bauschadens- und Schimmelfreiheit ist die Rückdiffusion im Sommer und damit verbunden die Austrocknung der Konstruktion nach innen. Deren Höhe hängt von der Außentemperatur ab, genauer gesagt von der Temperatur an der Außenseite der Wärmedämmung. Durch die Sonneneinstrahlung hat die Dach-/Wandoberfläche eine höhere Temperatur als die Luft. Die Zeit, welche die Wärme von außen braucht, bis sie an der Wärmedämmung ankommt,ist entscheidend. Bei einem Steildach ist dies schneller der Fall als bei einem bekiesten oder begrünten Flachdach. Bei einem Steildach hängt die Höhe der Dachoberflächentemperatur ab von der Dachneigung, der Ausrichtung des Daches (Norden/Süden) und der Farbe der Dacheindeckung (heller/dunkler).
Ungünstige Faktoren sind:
- Dachneigung nach Norden
- Hohe Dachneigung (> 25°)
- Helle Farbe der Dacheindeckung,
- Diffusionsdichtes Unterdach
- Kaltes Klima, z. B. im Gebirge
Um den Einfluss der Dampfbremse auf das Bauschadensfreiheitspotential zu verdeutlichen, wird in der Berechnunge in diffusionsdichtes Unterdach angenommen. Zudem können im Winter diffusionsoffene Unterdächer durch gefrierendes Tauwasser zu Dampfsperren werden.
Klimadaten Standort Holzkirchen
Temperaturverläufe Holzkirchen Höhe: 680 m über NN, Südbayern, Deutschland Dach: rote Ziegel bzw. Kies | |||||||||||||||||||||||||||||
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Holzkirchen liegt zwischen München und Salzburg auf einer Seehöhe von 680 m mit einem rauen, kalten Klima. Die nachfolgenden Diagramme zeigen die Temperaturverläufe über ein Jahr. Die blaue Linie zeigt die Innen-, die roten Balken die Außentemperaturen.
Unter Berücksichtigung der Sonnen und Globalstrahlung ergibt sich, verglichen mit der Lufttemperatur, eine z. T. wesentlich höhere Dachoberflächentemperatur. Wenn die Außentemperatur (rot) die Innentemperatur (blau) überschreitet, findet bei feuchtevariablen Dampfbremsen eine Austrocknung nach innen statt. Selbst bei Nordausrichtung ist dadurch in Holzkirchen an vielen Tagen im Jahr eine Rückdiffusion möglich, bei Südorientierung bereits im Winter an sonnigen Tagen. Im vorliegenden Berechnungsfall wurde der ungünstigste Fall angenommen: Nordausrichtung des Daches mit 40° Neigung. Der Berechnungszeitraum beträgt 10 Jahre.
Bauschadensfreiheitspotential Steildach in Holzkirchen, Nordseite, 40° Dachneigung
Berechnung des Bauschadensfreiheitspotentials Standort Holzkirchen, Dach | |||||||||||||||||||||||||||||
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Angenommene zusätzl. Feuchtigkeit zu Beginn: 4.000 g/m²
Feuchtegehalt der Konstruktion im Trockenzustand | |||||||||||||||||||||||||||||
Die Trocknungsgeschwindigkeit der erhöht angenommenen Anfangsfeuchtigkeit beschreibt das Bauschadensfreiheitspotential der Konstruktion gegenüber unvorhergesehener Feuchtigkeit (Konvektion, Flankendiffusion etc.). Die Berechnung zeigt, dass die PE-Folie keine Austrocknung ermöglicht. Feuchtigkeit, die sich in der Konstruktion befindet, kann nicht mehr entweichen. Bei einer Dampfbremse mit einem konstanten sd-Wert von 2,30 m bestehen nur geringe Trocknungsreserven. Die Konstruktion mit der pro clima DB+ führt zu einer wesentlich schnelleren Austrocknung und weist erhebliche Sicherheitsreserven auf.
Die Hochleistungs-Dampfbremse INTELLO bietet der Konstruktion das größte Sicherheitspotential. Innerhalb eines Jahres kann die Konstruktion gemäß den WUFI pro -Berechnungen mit ca. 4.000 g/m² Wasser pro Jahr belastet werden, ohne dass ein Bauschaden eintritt.
Bauschadensfreiheitspotential Gründach und Flachdach
Beide Konstruktionen weisen geringere Sicherheiten auf als das Steildach, da die dicken Bauteilschichten über der Wärmedämmung langsamer durchwärmt werden. Das Flachdach bietet wegen der dünneren Kiesauflage eine höhere Sicherheit als das Gründach.
Wie beim Steildach besteht bei der PE-Folie keine Austrocknung. Bereits bei geringen unvorhergesehenen Feuchtebelastungen entsteht ein Bauschaden. Bei einer Dampfbremse mit konstantem sd-Wert von 2,30 m stellt sich ein zu hoher Gesamtfeuchtegehalt in der Konstruktion ein. Auch hier würde ein Bauschadenentstehen.
Die Konstruktion mit der pro clima DB+ führt zu einer Austrocknung und weist noch Sicherheitsreserven auf. Die Hochleistungs-Dampfbremse INTELLO bietet der Konstruktion das größte Sicherheitspotential. Innerhalb eines Jahres kann die Konstruktion gemäß den WUFI pro Berechnungen mit ca. 2.000 bzw. 2.100 g/m² Wasser pro Jahr belastet werden, ohne dass ein Bauschaden eintritt.
Klimadaten Standort Davos
Temperaturverläufe Davos Höhe: 1.560 m über NN, Schweiz rote Ziegel/Kies | |||||||||||||||||||||||||||||
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Davos liegt auf einer Seehöhe von 1.560 m und zählt zum Hochgebirgsklima. Die nachfolgenden Diagramme zeigen die Temperaturverläufe über ein Jahr betrachtet. Die blaue Linie zeigt die Innentemperatur, die roten Balken die Außentemperaturen.
Betrachtet man die Lufttemperatur in Davos, zeigt sich nur an sehr wenigen Tagen im Jahr eine höhere Außen- als Innenraumtemperatur. Unter Berücksichtigung der Sonnen- und Globalstrahlung stellt sich, verglichen zur Lufttemperatur, eine höhere Dachoberflächentemperatur ein. In nordgeneigten Dächern sind die Temperaturen allerdings wesentlich niedriger als in Holzkirchen. Nur an wenigen Tagen im Jahr ist eine Rückdiffusion möglich. Bei südgeneigten Dächern werden in Davos im Sommer fast die gleichen Temperaturen wie in Holzkirchen erreicht.
Die winterlichen Nachttemperaturen sind hochgebirgsspezifisch und liegen wesentlich tiefer.
Für die Berechnung wurde, um die Sonneneinstrahlung zu minimieren, ebenfalls der ungünstigste Fall angenommen, d. h. eine Nordausrichtung des Daches mit 40° Neigung und roter Ziegeldeckung.
Bauschadensfreiheitspotential Steildach in Davos, Nordseite, 40° Dachneigung
Berechnung des Bauschadensfreiheitspotentials Standort Davos, Dach | |||||||||||||||||||||||||||||
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Angenommene zusätzl. Feuchtigkeit zu Beginn: 4.000 g/m²
Feuchtegehalt der Konstruktion im Trockenzustand | |||||||||||||||||||||||||||||
Die äußerst niedrige Temperatur im Winter führt zu einem hohen Tauwasserausfall, so dass sich sogar die Konstruktion mit der PE-Folie auffeuchtet, auch wenn man annimmt, dass keine unvorhergesehene Feuchtebelastung gegeben ist. Bei einer Dampfbremse mit einem konstanten sd-Wert von 2,30 m stellt sich eine schnelle Auffeuchtung ein. Auch die pro clima DB+ kann die Konstruktion nicht trocken halten.
Nur die Hochleistungs-Dampfbremse INTELLO bietet eine bauphysikalisch einwandfreie Konstruktion und zusätzlich ein Sicherheitspotential. Innerhalb eines Jahres kann die Konstruktion gemäß den WUFI pro -Berechnungen bis ca. 1500 g/m² Wasser pro Jahr belastet werden, ohne dass ein Bauschaden eintritt.
Bauschadensfreiheitspotential Gründach und Flachdach
Beide Konstruktionen weisen geringere Sicherheiten als das Steildach auf, da die dicken Bauteilschichten über der Wärmedämmung langsamer durchwärmt werden. Mit der PE-Folie ist wie in Holzkirchen keine Austrocknung möglich. Bereits bei geringen unvorhergesehenen Feuchtebelastungen entsteht ein Bauschaden. Bei einer Dampfbremse mit einem konstanten sd-Wert von 2,30 m kommt es bei beiden Konstruktionen zu einer sehr schnellen Auffeuchtung. Die Konstruktion mit der pro clima DB+ führt beim Flachdach zu einer zu hohen Feuchtigkeit.
Die Hochleistungs-Dampfbremse INTELLO bietet für das Flachdach mit 5 cm Kies noch eine Lösung mit hohem Sicherheitspotential. Für das Gründach reicht die Außentemperatur in Davos für eine Rücktrocknung nicht mehr aus. Hier müssen konstruktive Lösungengewählt werden.
Schlussfolgerungen für Dachkonstruktionen
Gemäß der von MOLL bauökologische Produkte GmbH beauftragten Studie gilt:
Mit feuchtevariablen Dampfbremsen wie zum Beispiel der pro clima DB+ und der INTELLO werden im Dachbereich sehr hohe Bauschadensfreiheitspotentiale erreicht. Auch bei zusätzlicher Feuchtigkeit durch unvorhergesehene Einflüsse bleiben die Konstruktionen bauschadensfrei. Flankendiffusion bei einem Ziegelmauerwerk, wie von Ruhe [1], Klopfer [2],[3] und Künzel [4] beschrieben, können INTELLO und DB+ kompensieren. Die pro clima DB+ hat sich seit über 10 Jahren in vielen Mio. m² in kritischen Konstruktionen mit ihrer Bauschadensfreiheit bewährt. Mit INTELLO haben außen diffusionsdichte Steildächer und bekieste Flachdächer im Hochgebirge ein ausreichendes Bauschadensfreiheitspotential.
Wandkonstruktionen
Temperaturverläufe Holzkirchen und Davos Wand, Putzfassade hell | |||||||||||||||||||||||||||||
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Holzkirchen | |||||||||||||||||||||||||||||
Davos | |||||||||||||||||||||||||||||
Wandkonstruktionen haben durch ihre senkrechte Ausrichtung eine geringere Sonnenlichtabsorption als Dächer. Daher ist das Rücktrocknungspotential geringer. Im Regelfall sind Wände im Gegensatz zu Dächern außenseitig nicht diffusionsdicht. Es werden keine Bitumendachbahnen verwendet. Eine hohe Anforderung an Wasserdichtigkeit, wie z. B. bei Flachdächern und Gründächern, im Wandbereich existiert nicht. Temperaturen in der Außenwand hängen im Wesentlichen von der Farbe der Fassade ab. Auf hellen Fassaden werden durch die Sonneneinstrahlung niedrigere Temperaturen erreicht als auf dunkleren Fassaden. Die dargestellten Temperaturprofile auf der Außenwand entstehen bei normal hellen Putzfassaden.
Die Hochleistungs-Dampfbremse INTELLO bietet auch bei Wandkonstruktionen ein erhebliches Bauschadensfreiheitspotential.
Berechnungen mit WUFI pro mit dem Klima von Holzkirchen zeigen für eine nach Norden ausgerichtete Außenwand mit diffusiondichter Außenbekleidung in heller Farbe mit der INTELLO immer noch ein erhebliches Sicherheitspotential.
Damit ist die INTELLO auch bei außen vorhandenen Holzwerkstoffplatten wie OSB- oder Spanplatten die ideale Lösung für ein hohes Bauschadensfreiheitspotential. Die Gefahr von Schimmelbildung wird deutlich verringert.
Auch in kälteren Klimaregionen bis zu Hochgebirgsstandorten wie Davos sind Wandkonstruktionen mit außenseitig der Dämmung befindlichen Bauteilschichten bis zu einem sd-Wertt von 10 m mit der Hochleistungs-Dampfbremse INTELLO sicher. Für DB+ dürfen für das Klima Holzkirchen die außenseitig der Dämmung befindlichen Bauteile einen sd-Wert von max. 6 m, für Davos max. 0,10 m haben.
Luftdichtung • Konvektion • Diffusion • Flankendiffusion • Einbaufeuchte
Feuchtetransport •
Diffusion-Berechnungsmodelle •
Dampfdurchlässigkeit •
Tauwasserausfall •
Feuchtevariabilität
60/2 und 70/1,5-Regel •
1:1, 2:1 & 3:1 Lösung •
Bauschadens-Freiheits-Potenzial
Studie •
Sanierungs-Studie /
Kurzfassung:
Dachsanierung von außen •
Konstruktionsdetails
Einzelnachweise
- ↑ DAB 1995; Heft 8, Seite 1479
- ↑ Klopfer, Heinz; Bauschäden-Sammlung,Band 11, Günter Zimmermann (Hrsg.), Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 1997
- ↑ Klopfer, Heinz; ARCONIS: Wissen zum Planen und Bauen und zum Baumarkt: Flankenübertragung bei der Wasserdampfdiffusion; Heft 1/1997, Seite 8–10
- ↑ H.M. Künzel; Tauwasserschäden im Dach aufgrund von Diffusion durchangrenzendes Mauerwerk; wksb 41/1996; Heft 37, Seite 34 – 36