Lehmputz: Unterschied zwischen den Versionen

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===Einsatzbereiche===-->
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===Auswirkung von Lehmbaustoffen auf die Raumluftfeuchte===
===Auswirkung von Lehmbaustoffen auf die Raumluftfeuchte===
von Wulf Eckermann und Christof Ziegert
Nutzer bestätigen immer wieder, dass mit Lehmbaustoffen umhüllte Räume eine behagliche Raumluftfeuchte aufweisen. Eine wissenschaftliche Annäherung an dieses Phänomen ist in baustofflicher Hinsicht in den letzten Jahren bis ins Detail geglückt [Holl / Ziegert – 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" />. Schwieriger gestaltet sich, den Verlauf der Raumluftfeuchte unter dem Einfluss der raumhüllenden Bauteileigenschaften rechnerisch zu simulieren, um so beispielweise [[Klimaanlage]]n exakter dimensionieren oder die Gefahr von [[Schimmelpilz]]bildungen genauer einschätzen zu können. Genau hier liegt aber neben der reinen Behaglichkeit ein wesentlicher Effekt des hohen  Feuchteausgleichvermögen von Lehmbaustoffen: die leidige Problematik, dass viele Bauwerke nur dann schadensfrei bleiben, wenn die Nutzer ein äußerst diszipliniertes [[Lüftung]]sverhalten an den Tag legen, kann durch hoch sorptionsaktive Wandmaterialien wesentlich entspannt werden. Der Baustoff Lehm erhöht damit die Fehlertoleranz unserer Bauwerke. Nachdem u.a. [Otto – 1995]<ref name="Otto – 1995" /> den Einfluss des [[Sorption]]sverhaltens von Oberflächenaufbauten erstmals anhand rechnerischer Simulationen als relevant erachtet hat, konnten jetzt mit der Untersuchung von [Eckermann et al – 2006]<ref name="Eckermann et al – 2006" /> erstmals Lehmbaustoffe in ein Feuchtebilanzmodell für einen Musterraum einbezogen werden.
====Vorwort====
Dass mit Lehmbaustoffen umhüllte Räume eine behagliche Raumluftfeuchte aufweisen, wird von den Nutzern immer wieder bestätigt. Eine wissenschaftliche Annäherung an dieses Phänomen ist in baustofflicher Hinsicht in den letzten Jahren bis ins Detail geglückt [Holl / Ziegert – 2002]. Schwieriger gestaltet sich, den Verlauf der Raumluftfeuchte unter dem Einfluss der raumhüllenden Bauteileigenschaften rechnerisch zu simulieren, um so beispielweise [[Klimaanlage]]n exakter dimensionieren oder die Gefahr von [[Schimmelpilz]]bildungen genauer einschätzen zu können. Genau hier liegt aber neben der reinen Behaglichkeit ein wesentlicher Effekt des hohen  Feuchteausgleichvermögen von Lehmbaustoffen: die leidige Problematik, dass viele Bauwerke nur dann schadensfrei bleiben, wenn die Nutzer ein äußerst diszipliniertes [[Lüftung]]sverhalten an den Tag legen, kann durch hoch sorptionsaktive Wandmaterialien wesentlich entspannt werden. Der Baustoff Lehm erhöht damit die Fehlertoleranz unserer Bauwerke. Nachdem u.a. [Otto – 1995]<ref name="Otto – 1995" /> den Einfluss des [[Sorption]]sverhaltens von Oberflächenaufbauten erstmals anhand rechnerischer Simulationen als relevant erachtet hat, konnten jetzt mit der Untersuchung von [Eckermann et al – 2006]<ref name="Eckermann et al – 2006" /> erstmals Lehmbaustoffe in ein Feuchtebilanzmodell für einen Musterraum einbezogen werden.


====Einleitung====
==== Ausgangslage ====
Eine alleinige Betrachtung der nachweispflichtigen Bauwerkseigenschaften Standsicherheit, [[Brandschutz|Brand-]], Wärme- und [[Schallschutz]] greift heute oft zu kurz, um bei Um- und Neubau von Gebäuden behagliche und der Gesundheit zuträgliche Wohn- und Arbeitsbereiche zu schaffen. So sind im Zuge der gestiegenen Anforderungen an den Wärmeschutz, die im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung des Bauens unbedingt zu begrüßen sind, die [[Konvektion|konvektiven]] Wärmeverluste durch Anstreben einer weitgehend [[Luftdichtheit|luftdichten]] Gebäudehülle zu minimieren. Oftmals sind die dabei erzielten [[Luftwechselrate]]n jedoch derart gering, dass die [[Innenraumluft - Richtwerte|Schadstoffbelastung in Innenräumen]] durch die geringeren Verdünnungseffekte insgesamt zugenommen hat [BMVBW – 2001]<ref name="BMVBW – 2001" />. Ebenfalls zugenommen hat im Neubau und besonders im sanierten Altbau das Auftreten von [[Schimmelpilz]] [BMBS – 1995]<ref name="BMBS – 1995" />. <br />
Eine alleinige Betrachtung der nachweispflichtigen Bauwerkseigenschaften Standsicherheit, [[Brandschutz|Brand-]], Wärme- und [[Schallschutz]] greift heute oft zu kurz, um bei Um- und Neubau von Gebäuden behagliche und der Gesundheit zuträgliche Wohn- und Arbeitsbereiche zu schaffen. So sind im Zuge der gestiegenen Anforderungen an den Wärmeschutz, die im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung des Bauens unbedingt zu begrüßen sind, die [[Konvektion|konvektiven]] Wärmeverluste durch Anstreben einer weitgehend [[Luftdichtheit|luftdichten]] Gebäudehülle zu minimieren. Oftmals sind die dabei erzielten [[Luftwechselrate]]n jedoch derart gering, dass die [[Innenraumluft - Richtwerte|Schadstoffbelastung in Innenräumen]] durch die geringeren Verdünnungseffekte insgesamt zugenommen hat [BMVBW – 2001]<ref name="BMVBW – 2001" />. Ebenfalls zugenommen hat im Neubau und besonders im sanierten Altbau das Auftreten von [[Schimmelpilz]] [BMBS – 1995]<ref name="BMBS – 1995" />. <br />
[[Bild:lehmputz_raumklima abb1.png|right|thumb|350px|'''Abb. 1''' <br /> Behaglichkeitsgrafik [Leudsen / Freymark – 1951]<ref name="Leudsen / Freymark – 1951" />]]
[[Bild:lehmputz_raumklima abb1.png|right|thumb|350px|'''Abb. 1''' <br /> Behaglichkeitsgrafik [Leudsen / Freymark – 1951]<ref name="Leudsen / Freymark – 1951" />]]
Mit der Verringerung des Luftwechsels steigt die Bedeutung der raumhüllenden Bauteile für die Qualität der Raumluft. Neben der anzustrebenden und durch Lehmbaustoffe problemlos umsetzbare Schadstofffreiheit der Raumhülle ist die [[Raumluftfeuchte]] und deren Regulierung durch die raumhüllenden Bauteilflächen von besonderer Bedeutung. Aus medizinischer Sicht gelten relative Luftfeuchten um 50 % als optimal und bis ca. 35 % als behaglich (Abb. 1), [Leudsen / Freymark – 1951]}<ref name="Leudsen / Freymark – 1951" />. Bei medizinischen Gutachten zu Atemwegserkrankungen werden in den meisten Fällen Raumluftfeuchten von nicht weniger als 40 % empfohlen; häufig mehr. Für Musikinstrumente und Kunstgüter soll die [[RLF]] in engen Grenzen um 50 % gehalten werden [Burmester / Eckermann – 1999]<ref name="Burmester / Eckermann – 1999" />.
Mit der Verringerung des Luftwechsels steigt die Bedeutung der raumhüllenden Bauteile für die Qualität der Raumluft. Neben der anzustrebenden und durch Lehmbaustoffe problemlos umsetzbare Schadstofffreiheit der Raumhülle ist die [[Raumluftfeuchte]] und deren Regulierung durch die raumhüllenden Bauteilflächen von besonderer Bedeutung. Aus medizinischer Sicht gelten relative Luftfeuchten um 50 % als optimal und bis ca. 35 % als behaglich (Abb. 1), [Leudsen / Freymark – 1951]<ref name="Leudsen / Freymark – 1951" />. Bei medizinischen Gutachten zu Atemwegserkrankungen werden in den meisten Fällen Raumluftfeuchten von nicht weniger als 40 % empfohlen; häufig mehr. Für Musikinstrumente und Kunstgüter soll die [[RLF]] in engen Grenzen um 50 % gehalten werden [Burmester / Eckermann – 1999]<ref name="Burmester / Eckermann – 1999" />.


[[Luftfeuchtigkeit|Luftfeuchten]] bis zu 70 % gelten für den Menschen als behaglich. Höhere Luftfeuchten sind zwar nicht direkt gesundheitsschädlich, die Raumluft wird jedoch schnell als stickig empfunden. Problematisch ist die Begünstigung von Schimmelpilzwachstum. Allgemein wird derzeit davon ausgegangen, dass mit Schimmelpilzbildungen zu rechnen ist, wenn eine relative Luftfeuchte von 80 % in der Nähe von Bauteiloberflächen an 5 hintereinander folgenden Tagen für jeweils 12 Stunden erreicht wird [Richter et al – 1999]<ref name="Richter et al – 1999" />, [Sedlbauer / Krus – 2003]<ref name="Sedlbauer / Krus – 2003" />. Je nach Wärmedurchgang der Bauteile liegt diese Bedingung häufig schon bei Raumluftfeuchten von 60 % vor. Bei starken Wärmebrücken müssen zur Schadensfreiheit sogar derartig niedrige Luftfeuchten eingehalten werden, dass sie für den Bewohner schon wieder unterhalb des Behaglichkeitsbereiches liegen. Eine paradoxe Situation, der nur mit einer baulichen Verbesserung begegnet werden kann, jedoch häufig auf die Nutzer abgeladen wird.
[[Luftfeuchtigkeit|Luftfeuchten]] bis zu 70 % gelten für den Menschen als behaglich. Höhere Luftfeuchten sind zwar nicht direkt gesundheitsschädlich, die Raumluft wird jedoch schnell als stickig empfunden. Problematisch ist die Begünstigung von Schimmelpilzwachstum. Allgemein wird derzeit davon ausgegangen, dass mit Schimmelpilzbildungen zu rechnen ist, wenn eine relative Luftfeuchte von 80 % in der Nähe von Bauteiloberflächen an 5 hintereinander folgenden Tagen für jeweils 12 Stunden erreicht wird [Richter et al – 1999]<ref name="Richter et al – 1999" />, [Sedlbauer / Krus – 2003]<ref name="Sedlbauer / Krus – 2003" />. Je nach Wärmedurchgang der Bauteile liegt diese Bedingung häufig schon bei Raumluftfeuchten von 60 % vor. Bei starken Wärmebrücken müssen zur Schadensfreiheit sogar derartig niedrige Luftfeuchten eingehalten werden, dass sie für den Bewohner schon wieder unterhalb des Behaglichkeitsbereiches liegen. Eine paradoxe Situation, der nur mit einer baulichen Verbesserung begegnet werden kann, jedoch häufig auf die Nutzer abgeladen wird.
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|valign="top"|Pore, Porenkanal und Feststoff Nicht-Lehmputz || [[Bild:lehmputz_raumklima abb2.5.png|right|40px]]
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| colspan="2" |''Grafik Claytec, Christiane Liebert''
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Im Baustoff selbst erfolgt die Anlagerung der Raumluftfeuchte über die sogenannte [[Kapillar]]kondensation, d.h. Luftfeuchte kondensiert bzw. verdunstet an den Wandungen von Poren einer bestimmten Geometrie in Abhängigkeit vom Luftfeuchtegehalt, vorausgesetzt, dass die Porenräume untereinander verbunden sind und somit die Luftfeuchte innerhalb des Baustoffs transportiert werden kann. Die luftfeuchtebedingte Änderung der Materialfeuchte führt nicht dazu, dass die Bauteile feucht erscheinen oder sich feucht anfühlen – im Gegenteil, bei stark sorbierenden Materialien werden auch bei niedrigen Oberflächentemperaturen Kondensationsvorgänge vermieden. Dem Effekt der Kapillarkondensation sind aus technologischen und stofflichen Gründen gewisse Grenzen gesetzt, die in der anfänglich starken [[Sorption]] der zur Innendämmung verwandten Kalziumsilikatbaustoffe offensichtlich ausgereizt sind (Abb. 4). Lehmbaustoffe unterscheiden sich in Bezug ihrer Porenstruktur nicht signifikant von anderen mineralischen Putzen. Ihr zum Teil erheblich besseres Sorptionsverhalten ist auf einen zusätzlichen und mineralogisch bedingten Sorptionsanteil zurückzuführen. Hierbei wird die Luftfeuchte in der enorm feinen und zerklüfteten Kristallstruktur sogenannter quellfähiger Dreischichttonminerale zwischengespeichert (Abb. 2). Der Gehalt dieser besonders sorptionswirksamen Tonminerale ist von Lehm zu Lehm und somit von Lehmbaustoff zu Lehmbaustoff sehr unterschiedlich. Andere Tonminerale, wie z.B. das Zweischichtmineral Illit sind weit weniger wirksam. In der Untersuchung von [Holl / Ziegert - 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> konnte der Zusammenhang vom Gehalt quellfähiger Dreischichttonminerale zur Sorptionsaktivität erstmals an unterschiedlichen am Markt verfügbaren Lehmputzen nachgewiesen werden. Danach haben Lehmputze, die keine oder nur geringe Anteile an diesen sorptionsaktiven Dreischichttonminerale aufweisen, „lediglich“ um etwa 40 % höhere Sorptionswerte als kalk- oder zementgebundene Putze und bleiben damit wesentlich unter der Möglichkeit nahezu 3-fache Sorptionswerte erreichen zu können (auch Abb. 4). In dieser Untersuchung hatte ausgerechnet der Lehmputz mit dem höchsten Tongehalt die schlechtesten Sorptionswerte unter den Lehmputzen; die Tonmineralfraktion bestand hier eben zu 98 % aus dem nur wenig aktiven Illit.  
Im Baustoff selbst erfolgt die Anlagerung der Raumluftfeuchte über die sogenannte [[Kapillar]]kondensation, d.h. Luftfeuchte kondensiert bzw. verdunstet an den Wandungen von Poren einer bestimmten Geometrie in Abhängigkeit vom Luftfeuchtegehalt, vorausgesetzt, dass die Porenräume untereinander verbunden sind und somit die Luftfeuchte innerhalb des Baustoffs transportiert werden kann. Die luftfeuchtebedingte Änderung der Materialfeuchte führt nicht dazu, dass die Bauteile feucht erscheinen oder sich feucht anfühlen – im Gegenteil, bei stark sorbierenden Materialien werden auch bei niedrigen Oberflächentemperaturen Kondensationsvorgänge vermieden. Dem Effekt der Kapillarkondensation sind aus technologischen und stofflichen Gründen gewisse Grenzen gesetzt, die in der anfänglich starken [[Sorption]] der zur Innendämmung verwandten Kalziumsilikatbaustoffe offensichtlich ausgereizt sind (Abb. 4). Lehmbaustoffe unterscheiden sich in Bezug ihrer Porenstruktur nicht signifikant von anderen mineralischen Putzen. Ihr zum Teil erheblich besseres Sorptionsverhalten ist auf einen zusätzlichen und mineralogisch bedingten Sorptionsanteil zurückzuführen. Hierbei wird die Luftfeuchte in der enorm feinen und zerklüfteten Kristallstruktur sogenannter quellfähiger Dreischichttonminerale zwischengespeichert (Abb. 2). Der Gehalt dieser besonders sorptionswirksamen Tonminerale ist von Lehm zu Lehm und somit von Lehmbaustoff zu Lehmbaustoff sehr unterschiedlich. Andere Tonminerale, wie z.B. das Zweischichtmineral Illit sind weit weniger wirksam. In der Untersuchung von [Holl / Ziegert - 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> konnte der Zusammenhang vom Gehalt quellfähiger Dreischichttonminerale zur Sorptionsaktivität erstmals an unterschiedlichen am Markt verfügbaren Lehmputzen nachgewiesen werden. Danach haben Lehmputze, die keine oder nur geringe Anteile an diesen sorptionsaktiven Dreischichttonminerale aufweisen, „lediglich“ um etwa 40 % höhere Sorptionswerte als kalk- oder zementgebundene Putze und bleiben damit wesentlich unter der Möglichkeit nahezu 3-fache Sorptionswerte erreichen zu können (auch Abb. 4). In dieser Untersuchung hatte ausgerechnet der Lehmputz mit dem höchsten Tongehalt die schlechtesten Sorptionswerte unter den Lehmputzen; die Tonmineralfraktion bestand hier eben zu 98 % aus dem nur wenig aktiven Illit.  


Im Rahmen der anerkannten [[NaturePlus]] Zertifizierung von Lehmputzen wird die Sorptionsfähigkeit als ein wesentliches Qualitätsmerkmal untersucht und im Zertifikat quantitativ vermerkt. Damit haben alle am Baubeteiligten die Gelegenheit zu überprüfen, ob bei dem vorliegenden Lehmbaustoff die von der Natur bereitgestellte Eigenschaft hinreichend genutzt wurde.
Im Rahmen der anerkannten [[natureplus]] Zertifizierung von Lehmputzen wird die Sorptionsfähigkeit als ein wesentliches Qualitätsmerkmal untersucht und im Zertifikat quantitativ vermerkt. Damit haben alle am Baubeteiligten die Gelegenheit zu überprüfen, ob bei dem vorliegenden Lehmbaustoff die von der Natur bereitgestellte Eigenschaft hinreichend genutzt wurde.


Dass mit Lehmbaustoffen umhüllte Räume eine vergleichsweise behaglichere Raumluftfeuchte aufweisen, als mit anderen Baustoffen umhüllte Räume, liegt also nicht wie oft vermutet an einem gänzlich anderem Porensystem, denn das ist in etwa gleich. Der Unterschied kann zusammenfassend folgenden Effekten zugeschrieben werden:
Dass mit Lehmbaustoffen umhüllte Räume eine vergleichsweise behaglichere Raumluftfeuchte aufweisen, als mit anderen Baustoffen umhüllte Räume, liegt also nicht wie oft vermutet an einem gänzlich anderem Porensystem, denn das ist in etwa gleich. Der Unterschied kann zusammenfassend folgenden Effekten zugeschrieben werden:
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|width="400px" valign="top"|'''Abb. 5:''' <br /> Das Diagramm zeigt zusammenfassend den Vergleich des Sorptionsverhaltens raumseitiger Schichtenaufbauten aus konventionellen Baustoffen und einiger im Lehmbau üblichen Aufbauten. Wie bei dem unter Abbildung 4 abgebildeten Versuch wurde die relative Feuchte bei gleichbleibender Temperatur kurzfristig von 50 auf 80 % RLF erhöht (Feuchtesprung) und nach 12 Stunden wieder auf 50 % abgesenkt [Ziegert – 2003]<ref name="Ziegert – 2003" />.  
|width="400px" valign="top"|'''Abb. 5:''' <br /> Das Diagramm zeigt zusammenfassend den Vergleich des Sorptionsverhaltens raumseitiger Schichtenaufbauten aus konventionellen Baustoffen und einiger im Lehmbau üblichen Aufbauten. Wie bei dem unter Abbildung 4 abgebildeten Versuch wurde die relative Feuchte bei gleichbleibender Temperatur kurzfristig von 50 auf 80 % RLF erhöht (Feuchtesprung) und nach 12 Stunden wieder auf 50 % abgesenkt [Ziegert – 2003]<ref name="Ziegert – 2003" />.  
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|colspan="2"|[[Bild:lehmputz_raumklima abb5-1.png|right|680px|]]
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Die Ergebnisse der Messung von Putzen nach EN ISO 12571 sind ausführlich in [Holl / Ziegert – 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> dargestellt. Zusammenfassend sei hier das in Abbildung 3 übernommene Diagramm gezeigt, indem die damals untersuchten Produktgruppen „Lehmputze“ sowie „Kalk-, Gips- und Zementputze“ gemittelt dargestellt sind. Danach ist bei Lehmputzen im relevanten Bereich von 40-70 % RLF bei steigenden Luftfeuchten ein doppelt so starker Anstieg der Materialfeuchte zu verzeichnen, wie bei herkömmlichen Putzen. Daraus lässt sich hinsichtlich der Absolutwerte eine doppelt so hohe Sorptionsaktivität ableiten. Interessant ist, dass die herkömmlichen Putze ab 80 % RLF  einen sehr starken Feuchtezuwachs aufweisen, so dass bei 95 % RLF ähnliche Materialfeuchten wie bei den Lehmputzen erreicht werden. Da Luftfeuchten über 80 % in Innenräumen jedoch grundsätzlich vermieden werden sollten, kommt die partielle Sorptionsaktivität dieser Materialien nicht zum Tragen. Vergleicht man 1,5 cm dicke Putzschichten nach dem an Minke angelehnten Verfahren erhält man die in Abbildung 4 ersichtlichen Kurven. Demnach weisen Lehmputze im Mittel ein doppelt so starkes Sorptionsvermögen auf, wie kalk- oder zementgebundene Putze.
Die Ergebnisse der Messung von Putzen nach EN ISO 12571 sind ausführlich in [Holl / Ziegert – 2002]<ref name="Holl / Ziegert – 2002" /> dargestellt. Zusammenfassend sei hier das in Abbildung 3 übernommene Diagramm gezeigt, indem die damals untersuchten Produktgruppen „Lehmputze“ sowie „Kalk-, Gips- und Zementputze“ gemittelt dargestellt sind. Danach ist bei Lehmputzen im relevanten Bereich von 40-70 % RLF bei steigenden Luftfeuchten ein doppelt so starker Anstieg der Materialfeuchte zu verzeichnen, wie bei herkömmlichen Putzen. Daraus lässt sich hinsichtlich der Absolutwerte eine doppelt so hohe Sorptionsaktivität ableiten. Interessant ist, dass die herkömmlichen Putze ab 80 % RLF  einen sehr starken Feuchtezuwachs aufweisen, so dass bei 95 % RLF ähnliche Materialfeuchten wie bei den Lehmputzen erreicht werden. Da Luftfeuchten über 80 % in Innenräumen jedoch grundsätzlich vermieden werden sollten, kommt die partielle Sorptionsaktivität dieser Materialien nicht zum Tragen. Vergleicht man 1,5 cm dicke Putzschichten nach dem an Minke angelehnten Verfahren erhält man die in Abbildung 4 ersichtlichen Kurven. Demnach weisen Lehmputze im Mittel ein doppelt so starkes Sorptionsvermögen auf, wie kalk- oder zementgebundene Putze.
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Innerhalb der Lehmputze gibt es starke Unterschiede. Wie oben bereits begründet haben Lehmputze, die keine oder nur geringe Anteile an sorptionsaktiven Dreischichttonminerale aufweisen „lediglich“ um etwa 40 % höhere Sorptionswerte als kalk- oder zementgebundene Putze. Der am stärksten sorbierende Lehmputz erreicht jedoch nahezu 3-fache Sorptionswerte.  
Innerhalb der Lehmputze gibt es starke Unterschiede. Wie oben bereits begründet haben Lehmputze, die keine oder nur geringe Anteile an sorptionsaktiven Dreischichttonminerale aufweisen „lediglich“ um etwa 40 % höhere Sorptionswerte als kalk- oder zementgebundene Putze. Der am stärksten sorbierende Lehmputz erreicht jedoch nahezu 3-fache Sorptionswerte.  


Ebenso gute Werte weisen übrigens auch die aktuell von [[NaturePlus]] zertifizierten Lehmputze auf. Von den Nicht-Lehmbaustoffen weist die [[Kalzium-Silikat|Kalciumsilikat-Platte]] eine hohe, mit Lehmputzen vergleichbare Anfangssorption auf. Wie oben bereits erwähnt, ist bei diesem Baustoff der Porenraum im Hinblick auf eine hohe Dämmung und Sorption optimiert. Es zeigt sich aber auch, dass die Kurve schnell abfällt. Die Möglichkeit über den Porenraum längerfristig eine hohe Sorption zu erreichen ist eben begrenzt.
Ebenso gute Werte weisen übrigens auch die aktuell von [[natureplus]] zertifizierten Lehmputze auf. Von den Nicht-Lehmbaustoffen weist die [[Kalzium-Silikat|Kalciumsilikat-Platte]] eine hohe, mit Lehmputzen vergleichbare Anfangssorption auf. Wie oben bereits erwähnt, ist bei diesem Baustoff der Porenraum im Hinblick auf eine hohe Dämmung und Sorption optimiert. Es zeigt sich aber auch, dass die Kurve schnell abfällt. Die Möglichkeit über den Porenraum längerfristig eine hohe Sorption zu erreichen ist eben begrenzt.


In Gebäuden werden Putze und Bauplatten meistens tapeziert und gestrichen. Deshalb wurde auch untersucht, welches [[Sorption]]sverhalten eine immerhin 60 %-ige Verbesserung des Sorptionsvermögens gegenüber einer gespachtelten Gipskartonplatte bewirkt. <br />
In Gebäuden werden Putze und Bauplatten meistens tapeziert und gestrichen. Deshalb wurde auch untersucht, welches [[Sorption]]sverhalten eine immerhin 60 %-ige Verbesserung des Sorptionsvermögens gegenüber einer gespachtelten Gipskartonplatte bewirkt. <br />

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