Unterdeck- und Unterspannbahnen


Studie von MOLL bauökologische Produkte GmbH initiiert:



Allgemeine Aufgaben und Hintergrundinformationen

Anforderungen an technische Eigenschaften und Dauerhaftigkeit

Beschreibung und Vergleich aktueller Bahnentechnologien inkl. Zubehör


Studie zur Bewertung der langfristigen Eignung von Außendichtungsbahnen für die Herstellung von Unterspannungen und Unterdeckungen bei geneigten Dächern.


Einführung

Abb. 1: Moderne Unterdeckbahn als Außendichtung unter späterer Eindeckung

Die Außendichtung einer wärmegedämmten Konstruktion bzw. einer Gebäudehülle soll allgemein sensible Bauteilschichten wie zum Beispiel Wärmedämmungen oder Holzbauteile vor äußeren Einflüssen schützen. Dies sind vor allem Witterungseinflüsse wie Regen, Schnee, Wind, Oberflächen- oder Grundwasser.
Hintergrund ist, dass eine Vielzahl an Baustoffen durch unzuträgliche Auffeuchtung Schaden nehmen können, beispielsweise durch die Bildung von pflanzlichen Schädlingen (Pilzen), welche die Substanz abbauen. Ferner erhöht sich die Wärmeleitfähigkeit bei stark aufgefeuchteten Dämmstoffen, wodurch diese einen Teil ihrer vorgesehenen Dämmwirkung verlieren.
Im Rahmen dieser Studie wird die Außendichtung von Holzbaukonstruktionen unter Dacheindeckungen im Bereich geneigter Dächer (Dachneigung ≥ 5°) behandelt.

Umgangssprachlich werden die Schichten oft als »zweite wasserführende Ebene« bezeichnet. Diese Bauteilschichten können durch geeignete Plattenwerkstoffe (zum Beispiel Holzfaserplatten mit entsprechender Hydrophobierung und Falzausbildung) oder Unterspann- / Unterdeck- / Unterdachbahnen (im Folgenden auch allgemein als Außendichtungsbahnen bezeichnet) hergestellt werden.
Viele Inhalte, beispielsweise zu den verschiedenen Technologien, Aufgaben und Anforderungen können auch auf den Wandbereich, also auf Wandschalungsbahnen, übertragen werden. Der Fokus dieser Studie liegt jedoch auf den Dachbahnen unterhalb geschlossener Eindeckungen, weshalb die Inhalte auch darauf bezogen werden. Bauwerksabdichtungen wie zum Beispiel im erdberührten Bereich oder Flachdachabdichtungen sind kein Bestandteil dieser Studie.

Insbesondere die technische Entwicklung von Außendichtungsbahnen ist seit der Jahrtausendwende weit vorangeschritten.
Dennoch kommen noch immer veraltete Technologien zum Einsatz, deren Nachteile meist nicht bekannt sind und auch oft nicht direkt sichtbar werden – die entsprechenden Bauteilschichten liegen ja in der Regel unter einen geschlossenen Dacheindeckung.
Aufgabe und Inhalt dieser Studie ist daher die wichtigsten Funktionen der Außendichtungsbahnen, die entsprechenden Technologien mit jeweiligen Eigenschaften und Unterschieden sowie Anforderungen an Material und Ausführung zu beschreiben.
Damit sollen Entscheidungsgrundlagen und Sicherheit bei der Planung der Außendichtung, der Auswahl der entsprechenden Materialien und der Ausführung gegeben werden.

Aufgaben der Außendichtung

Bevor auf die unterschiedlichen Bahnentechnologien und die jeweiligen Vor- und Nachteile bzw. Auswirkungen eingegangen werden kann, muss zunächst ein Verständnis für die Funktionen dieser wichtigen Bauteilschicht bestehen. Im Folgenden werden daher die prinzipiellen Aufgaben der Außendichtung von Baukonstruktionen aufgezeigt und allgemein erläutert.

Zunächst einmal müssen zwei Zustände des Gebäudes bzw. des jeweiligen Bauteils unterschieden werden:

  • der noch nicht fertiggestellte Zustand während der Bauphase, wo die Außendichtung häufig auch temporär als Schutz vor Freibewitterung dient
  • sowie das fertiggestellte Bauteil inklusive Dacheindeckung, die primär den Witterungsschutz sicherstellt, wo die Außendichtung über den gesamten Nutzungszeitraum des Gebäudes als zweite Dichtebene funktionieren muss

Als allgemein anerkannte Regel der Technik für das Dachdeckerhandwerk und die entsprechenden Bauteilschichten gilt das »Regelwerk des Deutschen Dachdeckerhandwerks« aufgestellt und herausgegeben vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (im Folgenden abgekürzt als ZVDH-Regeln bezeichnet). Hier werden sowohl Aufgaben und Funktionen der Außendichtungsbahnen – und platten im Dachbereich definiert, als auch Mindestanforderungen an technische Eigenschaften der jeweiligen Produkte in sog. Produktdatenblättern sowie Anforderungen an die Ausführung festgelegt. Da die ZVDH-Regeln im Bereich Deutschland als maßgebend gelten, wird auf diese im Folgenden an entsprechender Stelle verwiesen.

Schutz der Konstruktion vor Wasser von außen während der Bauphase (Freibewitterung / Behelfsdeckung)

Möglichkeiten zur Erstellung einer Behelfsdeckung als Schutz der Konstruktion vor Witterung während der Bauzeit

Abb. 2: Abplanen eines Daches

Abb. 3: Einhausen bzw. Notdach

Abb. 4: Regensichernde Zusatzmaßnahme (hier verklebte Unterdeckbahn mit Nageldichtband)

Zum Schutz des Gebäudes bzw. der Tragkonstruktion (z. B. Holz-Dachstuhl) bei Neubauten oder zum Schutz bestehender, ggf. ausgebauter und genutzter Gebäudeteile bei Erneuerung der Dachhaut, ist in der Regel ein Schutz vor äußeren Witterungseinflüssen erforderlich. In den ZVDH-Regeln wird für den Einsatz auf Dächern die sog. Behelfsdeckung definiert. Die Behelfsdeckung soll während der Bauarbeiten für einen begrenzten Zeitraum vorübergehenden Schutz sicherstellen.
Behelfsdeckungen können durch folgende Maßnahmen hergestellt werden:

  • Abplanen – hierbei wird die betroffene Dachfläche mit geeigneten Bauplanen zusätzlich abgedeckt. Es sollte bei der Materialauswahl auf ausreichend wasserdichte und reißfeste Abdeckplanen geachtet werden. (siehe Abb. 2).
  • Einhausen – hierbei wird vorübergehend über dem jeweiligen Dach behelfsmäßig eine vollständige Um- bzw. Überbauung mit entsprechend regensicherem Notdach erstellt. Dazu kommen häufig Gerüstbauteile und Planen zum Einsatz. (siehe Abb. 3).
  • Regensichernde Zusatzmaßnahmen – hierbei werden Bauteilschichten, die sich im späteren Dach unterhalb der Eindeckung bzw. Lattung und Konterlattung befinden, auch während der Bauzeit als Witterungsschutz genutzt – also die Außendichtung, die im Rahmen dieser Studie behandelt wird. Materialien hierfür sind Unterspann- / Unterdeck- sowie Unterdachbahnen oder plattenförmige Werkstoffe, z. B. Holzfaser-Unterdeckplatten. (siehe Abb. 4).

Generell gilt, dass Anschlüsse und Durchdringungen regensicher auszuführen sind und ggf. eine geeignete Windsogsicherung vorzusehen ist. Auch die zur Herstellung der Behelfsdeckung verwendeten Materialien müssen selbstverständlich geeignet sein. Nach Regelwerk ist dies generell bei Unterdächern bzw. Unterdachbahnen der Fall und weiterhin bei Unterspannungen oder Unterdeckungen (aus Bahnen oder Plattenwerkstoffen), sofern diese für den Einsatz geeignet sind und vom jeweiligen Hersteller dafür empfohlen werden. Generell müssen die eingesetzten Werkstoffe den Produktdatenblättern des ZVDH-Regelwerkes entsprechen.
Im Produktdatenblatt für Unterdeckbahnen und Unterspannbahnen werden Anforderungen an technische Eigenschaften, wie beispielsweise Festigkeitswerte, Alterungsbeständigkeit und Wasser-, bzw. Schlagregendichtheit festgelegt.
2024 wurde vom ZVDH neu die zusätzliche Klasse UDB-eA für »nahtgefügte, diffusionsoffene Unterdeckbahnen für erweitere Anwendungen« eingeführt, womit homogen verschweißbare Unterdeckbahnen gemeint sind (siehe auch Kapitel 2.3.2).

Obligatorische Maßnahmen beim Einsatz von Unterdeckbahnen als Behelfsdeckung

Abb. 5: Verklebung von Nähten und Stößen mithilfe von Klebeband oder von Selbstklebezonen

Abb. 6: Abdichtung der Durchdringungen durch Befestigungsmittel der Konterlatte mit Nageldichtband /-masse oder durch nachgewiesene Abdichtungswirkung der Bahn selbst

Abb. 7: Witterungsschutz des fertigen Daches wird hauptsächlich durch die Eindeckung erzeugt. Dennoch kann Wasser z. B. bei Schlagregen hindurch treten.

Abb. 8: Weitere erhöhte Anforderungen z. B. aufgrund von konzentriertem Wasserlauf etc. beeinflussen die erforderliche Klasse der regensichernden Zusatzmaßnahme

Entsprechende Anforderungen an diese Bahnen sind im Produktdatenblatt diffusionsoffene Unterdeckbahnen für erweiterte Anwendungen (UDB-eA) [5] festgelegt. Der Hersteller macht Angaben zur maximalen Dauer der Freibewitterungszeit. Hier gilt es genau hinzuschauen bzw. zu lesen! Einzelne Hersteller unterscheiden zwischen maximaler Freibewitterungsdauer im Hinblick auf UV-Beanspruchung der Bahn auf der einen Seite und maximaler Dauer für den Einsatz als Behelfsdeckung im Sinne der ZVDH-Regeln auf der anderen Seite. Um Missverständnisse und Irritationen zu vermeiden, wird bei pro clima Außendichtungsbahnen kein Unterschied gemacht. Die maximale Freibewitterungsdauer gilt auch für den Einsatz als Behelfsdeckung. Eine Überschreitung der vom Hersteller angegebenen maximalen Freibewitterungszeit sollte im Hinblick auf die dauerhafte Funktionsfähigkeit der Bahnen unbedingt vermieden werden.
Wichtig bei der Verwendung von Unterdeckbahnen als Behelfsdeckung ist die regensichere Verklebung der Bahnenstöße (Nahtsicherung), sowie die Abdichtung der Durchdringungen von stiftförmigen Verbindungsmitteln (Nägel, Schrauben etc.) (siehe Abb. 5 und 6). Die Perforationssicherung (z. B. durch Nageldichtbänder oder den Einsatz perforationssicherer Bahnen) ist bei der Verwendung einer Unterdeckbahn als Behelfsdeckung obligatorisch – unabhängig von der späteren Beanspruchung im eingedeckten (Nutzungs-) Zustand des Dachs. Dieser Umstand ist vielen Planern und Verarbeitern nicht bekannt. Nach ZVDH-Regeln müssen die eingesetzten Materialien den o. g. Produktdatenblättern entsprechen.
Zu beachten ist, dass eine Behelfsdeckung ganz allgemein keine vergleichbare Regensicherheit bieten kann, wie ein fertig eingedecktes Dach in Einheit mit einer regensichernden Zusatzmaßnahme darunter. Dies ist aber auch gar nicht Aufgabe der Behelfsdeckung. Das hängt alleine schon damit zusammen, dass die Behelfsdeckung durch eine Vielzahl an stiftförmigen Befestigungsmitteln perforiert wird und Anschlüsse nur behelfsmäßig hergestellt werden können (z. B. an Dachfenstern, Schornsteinen etc.). Die Regenbelastung der Behelfsdeckung ist außerdem ungleich höher, als später die der regensichernden Zusatzmaßnahme im eingedeckten Zustand. Die Behelfsdeckung stellt also bestimmungsgemäß nur eine temporäre, behelfsmäßige Maßnahme während der Bauzeit dar. Bei voller Bewitterung kann daher ein geringfügiger Feuchteeintrag nicht vollständig ausgeschlossen werden. Kleine Mengen an eindringendem Wasser müssen unter Umständen nicht zwangsläufig einen Mangel darstellen und ggf. toleriert werden. Genau kann das jedoch nur im Einzelfall vor Ort durch eine sachkundige Person beurteilt werden.

Schutz der Konstruktion vor Wasser von außen während der Nutzungsphase (eingedeckter Zustand)

Der Witterungsschutz erfolgt im fertiggestellten Zustand eines Daches überwiegend durch die eigentliche Dacheindeckung. Dennoch können flache Dachneigungen unterhalb der sog. Regeldachneigung (Erläuterung s. u.) bei Starkregenereignissen, starkem Wind, Flugschnee, Rückstau bei Schneeschmelze oder auch Beschädigungen der Dacheindeckung dazu führen, dass Wasser unter die Eindeckung gelangt. Für diese Fälle ist eine zweite wasserführende Schicht erforderlich – in den ZVDH-Regeln als Regensichernde Zusatzmaßnahme bezeichnet. Für diese Zusatzmaßnahmen werden in Abhängigkeit der Anforderungen unterschiedliche Klassen definiert, die sich durch Art des verwendeten Materials und Ausführung unterscheiden.
Die Beanspruchung der zweiten wasserführenden Schicht unterhalb der Dacheindeckung und somit die Entscheidung, welche Art der Außendichtung zu wählen ist, ist abhängig von der Wahrscheinlichkeit, dass Wasser unter die Dacheindeckung gelangt. Dabei ist entscheidend, welche Dachneigung vorliegt, welche Dacheindeckung gewählt wird, wie groß deren Regeldachneigung ist und wie viele sog. weitere erhöhte Anforderungen bei dem jeweiligen Dach bestehen.
Die Regeldachneigung ist die unterste Neigung, bei der eine Dacheindeckung als ausreichend regensicher gilt. Bei Unterschreitung dieser Regeldachneigung sind dann hochwertigere Zusatzmaßnahmen durchzuführen. Angaben zu den unterschiedlichen Regeldachneigungen der entsprechenden Dacheindeckung können dem ZVDH-Regelwerk oder den jeweiligen Herstellerangaben entnommen werden. Zu beachten ist insbesondere bei den Herstellerangaben der Unterschied zwischen Regeldachneigung und Mindestdachneigung – maßgebend ist die Regeldachneigung! Oft wird jedoch die Mindestdachneigung (z. B. bei Ausführung eines wasserdichten Unterdaches) angegeben bzw. beworben. Außerdem ist zu beachten, dass Hersteller von Deckmaterialien (z. B. Dachziegeln) teilweise eine »Werksregeldachneigung« angeben, die unterhalb der vom ZVDH-Regelwerk angegebenen Regeldachneigung liegt. Hierbei sollten Planer und Handwerker berücksichtigen, dass sie ggf. von allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichen. Diese Abweichung sollte dann dem Bauherren ausführlich erläutert und schriftlich bzw. sondervertraglich vereinbart werden.

Weitere erhöhte Anforderungen ergeben sich durch große Sparrenlängen (> 10 m), konzentrierten Wasserlauf auf Dachteilflächen, besondere Dachflächen (z. B. Gauben oder Tonnendächer), exponierte Lage, schnee- oder windreiche Gebiet (siehe Abb. 8). Es wird dann unterschieden, ob keine weiteren erhöhten Anforderungen vorliegen und damit die Mindestanforderung ausreicht oder ob eine oder mehr erhöhte Anforderungen vorliegen und dann ggf. eine höherwertige Zusatzmaßnahme erforderlich ist.
In welche Beanspruchungs-Klasse das jeweilige Dach eingestuft wird und welche regensichernde Zusatzmaßnahme somit gewählt werden muss, kann man dem ZVDH-Regelwerk oder der pro clima Informationsbroschüre »Regensichernde Zusatzmaßnahmen (Download)« entnehmen.
In dieser Broschüre, die auf den Vorgaben des ZVDH-Regelwerks beruht, sind außerdem die weiteren notwendigen Informationen zu den »Klassen«, »zusätzlichen erhöhten Anforderungen« und den »Regeldachneigungen« aller gängigen Dacheindeckungen kompakt und übersichtlich zusammengestellt.

Schutz der Konstruktion vor Tauwasser von innen

Abb. 9:
pro clima Broschüre
»Regensichernde Zusatzmaßnahmen mit pro clima Bahnen nach ZVDH« (Download)

Abb. 10: Moderne Steildächer sind voll gedämmt und in der Tragebene unbelüftet. Hier sollten hoch diffusionsoffene Unterdeckbahnen eingesetzt werden, damit möglichst viel Feuchte nach außen entweichen kann.

Abb. 11: Bei fehlender Winddichtung (links) kann Wind durch den Dämmstoff strömen und Wärme abführen. Bei winddichter Umschließung (rechts) wirkt die stehende Luft im Dämmstoff planmäßig wärmedämmend.

Im Hinblick auf den Tauwasserschutz, also dem Schutz der Konstruktion vor Feuchteeintrag aus der Innenraumluftfeuchte vorwiegend während der Tauperiode, sollten Holzbaukonstruktionen stets ein möglichst großes Bauschadensfreiheitspotenzial aufweisen. Dies wird erreicht durch wiederum möglichst hohe Trocknungsreserven – auch für unvorhergesehenen Feuchteeintrag beispielsweise durch Leckagen in der luftdichten Gebäudehülle.
Vereinfacht kann man sagen, dass Holzbauteile mindestens auf einer Bauteilseite (außen und/oder innen) eine Austrocknung konstruktiv ermöglicht werden muss.
Auf der Bauteilaußenseite sollte die Konstruktion daher so diffusionsoffen (dampfdurchlässig) wie möglich ausgelegt sein, um schon während der kalten Jahreszeit (Tauperiode), wenn der Wasserdampfdiffusionsstrom in der Regel vom Gebäudeinneren zur Außenluft gerichtet ist, Austrocknung nach außen zu ermöglichen.
Da die Außendichtung unterhalb einer belüfteten Dacheindeckung oder hinter einer hinterlüfteten Fassadenbekleidung quasi direkt an die Außenluft angrenzt bzw. hier Feuchtigkeit an die Belüftungsebenen abgegeben werden muss, kommt dem Diffusionswiderstand dieser Bauteilschicht eine erhöhte Bedeutung zu. In der Regel sollten die als Außendichtung verwendeten Materialien (Bahnen oder Platten) daher so diffusionsoffen wie möglich gewählt werden. (siehe Abb. 10)

Schutz der Wärmedämmung vor Winddurchströmung

Das Funktionsprinzip von Wärmedämmstoffen, vor allem faserförmiger Materialien, basiert auf Hohlräumen, die mit unbewegter Luft gefüllt sind. Wird diese stehende Luft verwirbelt oder durchströmt, nimmt die Dämmwirkung erheblich ab, da Wärme durch Konvektion abgeführt wird. Man spricht auch von »Windwashing«, da der durchströmende Wind quasi in der Dämmschicht enthaltene Wärme »herausspült«. Die Wärmedämmung kann dann also nicht mehr die Dämmleistung erbringen, die vorausgesetzt wird bzw. errechnet wurde. Hohe Energieverluste sind die Folge.
Um die Dämmung vor Winddurchströmung zu schützen, ist daher eine Winddichtheitsschicht erforderlich. Zitat DIN 4108-7:2011-01:

»Winddichtheitsschicht: (Bauprodukt) Schicht, meist außenseitig der Wärmedämmung verlegt, die das Einströmen von Außenluft in die Konstruktion und den Wiederaustritt an anderer Stelle erschwert.« 

Diese Winddichtheitsebene verhindert bzw. vermindert den Eintritt kalter Außenluft aber auch Zirkulationsströmungen in den Gefachen.
So wird nicht nur die Dämmwirkung erhalten, sondern auch die Konstruktion selbst weiter vor Schäden geschützt, da durch Auskühlung bedingter Kondensatausfall verhindert wird (siehe Abb. 11).
Wie groß der Einfluss von Leckagen in der Winddichtungsebene ist, zeigt eine umfassende Untersuchung der Holzforschung Austria, die aufbauend auf den Forschungsergebnissen einen Leitfaden erstellt hat, der die notwendige Ausführungsqualität des winddichten Anschlusses an Traufe und Ortgang definiert.
Auch andere Forschungsberichte wie zum Beispiel von Bednar und Deseyve (2010) am Institut für Baustofflehre, Bauphysik und Brandschutz, TU-Wien [5] zeigen sehr deutlich den negativen Einfluss von Wind auf die Wärmedämmung.
Hier ist zu erkennen, dass der effektive U-Wert einer Dachkonstruktion im Traufbereich direkt mit der Winddurchströmung zusammenhängt.
Teilweise erhöht sich der U-Wert und damit der Wärmeverlust auf das bis zu Sechsfache!
Damit der Wärmedämmstoff winddicht abgeschottet ist, sind einerseits winddichte Schichten aus entsprechenden Bahnen oder Plattenmaterialien und andererseits die entsprechend winddichte Abdichtung (z. B. Verklebung) von Stößen, Überlappungen und Anschlüssen erforderlich.


Technologien


style="font-size:90%;" Abb. 12: Kaltdachaufbau der Vergangenheit: Aufgrund diffusionshemmender Unterspannbahnen war zwischen Bahn und Dämmung eine Hinterlüftung erforderlich.

Abb. 13: Alte zerstörte Unterspannbahn (sog. »Gitterfolie«) – die Ausgasung flüchtiger Weichmacher führte zu starker Versprödung.

Abb. 14: Dreilagiger Aufbau einer Unterdeckbahn - beidseitig schützen Vliese die dünne Funktionsschicht. Diese Membran kann verschiedene Wirkungsweisen aufweisen (z. B. mikroporös oder monolithisch).
1: Deckvlies 2: Membran 3: Schutzvlies

Wie bereits erwähnt, können vor allem Dacheindeckungen oder Fassadenbekleidungen mit Fugen (z. B. schuppenförmige Eindeckungen mit Dachziegeln oder Brettschalungen im Wandbereich) keinen absoluten Schutz vor Wasser und Winddurchströmung von außen bieten. Durch Flugschnee, windeingetriebenen Regen bzw. Schlagregen besteht die Gefahr, dass Wasser durch die Fugen hinter die äußere Bekleidung / Eindeckung dringt und dort Schäden verursacht. Schon seit längerer Zeit bestehen an die Außenhülle des Gebäudes Anforderungen hinsichtlich des Wärmeschutzes, die auch kontinuierlich steigen. Es droht jedoch die Verschlechterung der Dämmwirkung, was wiederum mit höheren Kosten für Energie und einer Reduzierung des Nutzungskomforts verbunden ist. Mit den genannten Hintergründen würde bereits in der Vergangenheit verschiedenste Maßnahmen getroffen, um die Problemstellen zusätzlich abzudichten.

Technologien der Vergangenheit

Im Dachbereich wurden hierzu beispielsweise Fugen mit sog. Spließen (dünne Holzschindeln) hinterlegt. Beim Eindecken z. B. von Biberschwanz-Einfachdeckungen wurden diese Spließe dann hinter der Fuge der einzelnen Ziegel eingelegt, um hier eindringendes Wasser auf den nächstunteren Ziegel zu führen.
In Norddeutschland wurden teilweise sogenannte Pappdocken verwendet. Diese bestanden aus Abschnitten von Dachpappe (Bitumen), in welche die Dachziegel oder -steine dann beim Eindecken eingeschlagen wurden. Durch die Erwärmung der Dacheindeckung durch Sonneneinstrahlung, sind die Pappdocken und Dachziegel miteinander verschmolzen, so dass die Eindeckung regensicher war.
Eine andere Methode war es, die Dachziegel bzw. Fugen von innen mit einem Mörtel zu verstreichen.
Im Wandbereich wurden Fassadenbekleidungen (Brettschalungen oder kleinformatige Platten) oft ohne zusätzliche regensichernde Maßnahme verwendet. Aufgrund der senkrechten Flächen ist hier die Gefahr, dass z. B. bei Schlagregenereignissen Wasser eindringt geringer als im Dachbereich. Außerdem befand sich in der Regel hinter der entsprechenden Verkleidung eine Mauerwerkswand, die nicht so sensibel auf Wasser reagiert wie ein hölzerner Dachstuhl oder faserförmige Wärmedämmung.
Später wurden erste, technisch recht einfache Bahnen unterhalb der Eindeckung verlegt, um darunterliegende Räume oder Bauteilschichten vor Schlagregen und Flugschnee zu schützen - zunächst Bitumenbahnen (auf Dachschalung oder frei gespannt) und später auch Kunststoffbahnen aus PE. Um die Reißfestigkeit zu erhöhen, wurden teilweise Gittergelege aufgeklebt oder einlaminiert. Umgangssprachlich werden diese Bahnen oft als »Gitterfolie« bezeichnet.
Beide Bahnen bzw. Materialien haben gemeinsam, dass diese sehr stark dampfbremsend, je nach Definition quasi dampfdicht sind.
Mit diesem Hintergrund waren wegen des Tauwasserschutzes in Kombination mit diesen Bahnen keine unbelüfteten, vollgedämmten Konstruktionen möglich.
Die Balkengefache wurden daher nur teilgedämmt, sodass oberhalb der Wärmedämmung ein Luftspalt als Hinterlüftungsebene verblieb → ein sog. »Kaltdach« (siehe Abb. 12).
Diese Bauweise hat jedoch mehrere Nachteile.
Unter anderem ist die Wärmedämmung nicht vor Winddurchströmung geschützt, was mit einer reduzierten Dämmwirkung verbunden ist.
Zusätzlich sind die Konstruktionen ineffizient, da nur unvollständig gedämmt.
Darüber hinaus hat sich bei den »Gitterfolien« herausgestellt, dass diese sehr schnell altern und verspröden. Es ist daher keine Seltenheit, wenn bei Arbeiten am Dach festgestellt wird, dass von der ursprünglichen Gitterfolie nur noch das Gitter vorhanden ist oder die Folie ohne großes Zutun zerbröselt (siehe Abb. 13).

Aktuell verfügbare Technologien

Was Dächer anbelangt, so sind die oben genannten Maßnahmen der »Fugenabdichtung « (Spließe, Pappdocken, verstrichene Ziegel) entsprechend der aktuellen allgemein anerkannten Regeln der Technik (Dachdecker-Regelwerk) nicht mehr zulässig. Abgesehen von »untergeordneten Gebäuden« sind heutzutage vollflächige Bauteilschichten aus Bahnen oder geeigneten Platten unterhalb der Eindeckung erforderlich.
Moderne Unterspann- und Unterdeckbahnen sind diffusionsoffen, also wasserdampfdurchlässig, damit Feuchtigkeit (z. B. aus dem beheizten Innenraum) während der Tauperiode an die Außenluft abgeführt werden kann, um Wärmedämmung sowie Holzkonstruktionen trocken zu halten.
Zur Herstellung diffusionsoffener Bahnen stehen unterschiedliche Technologien zur Verfügung. Diese werden im Folgenden erläutert.

Mikroperforierte Bahnen

Bei den mikroperforierten Bahnen handelt es sich um eine relativ alte Technologie, welche bereits in den 80iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Dachbereich eingesetzt wurde und heutzutage kaum mehr verbreitet ist. Die Bahnen, in der Regel aus PE-Kunststoff, werden in der Produktion mit Nadelwalzen gelöchert, also perforiert. Die »Löcher« sind bei Gegenlicht mit bloßem Auge erkennbar. Diese Mikroporen weisen eine Form und Größe auf, die verhindert dass Flüssigwasser aufgrund der Tropfenform, die dieses wegen der Oberflächenspannung von Wasser ausbildet, hindurchdringt.
Da die Poren eingestochen werden, haben diese einen trichterförmigen Längsschnitt. Am spitz zulaufenden Ende des Trichters, sind die Perforationen dann gegenüber Wassertropfen relativ dicht. Sie sind dort jedoch so groß, dass Wasserdampfmoleküle die Bahn passieren können. Damit sollen die Bahnen gegenüber flüssigem Wasser ausreichend undurchlässig und gleichzeitig offen für Wasserdampfdurchgang sein. Sehr niedrige Diffusionswiderstände werden mit dieser Technologie in der Regel jedoch nicht erreicht. So sind beispielsweise sd-Werte von ca. 3 m, was per Definition eigentlich sogar als dampfbremsend gilt, üblich bei entsprechenden Bahnen.
Ein weiterer Nachteil dieser Technologie ist der »Zelteffekt«, der in Verbindung mit den jeweiligen Bahnen auftreten kann. Hierbei wird Wasser durch die Perforationen eingezogen, wenn rückseitig ein saugfähiges Material, beispielsweise faserförmiger Gefachdämmstoff, direkt anliegt. Dieser Effekt ist vergleichbar mit dem Phänomen, das auftritt wenn Personen, Kleidung oder ähnliches direkt innen an Leinwandzeltwänden anliegen und an den Berührungspunkten nass werden.

Spinnvliese

Bei Spinnvliesen (Spunbond) handelt es sich um Vliesstoffe, die als Gewebe aus langen Fasern bestehen. Zur Herstellung wird ein Polymer (z. B. HDPE) thermisch geschmolzen und anschließend durch eine Düse in sehr dünne, endlos lange Fasern (Filamente) geformt. Die Filamente werden dann durch einen Luftstrom oder mechanisch abgezogen. Nach der Verfestigung erfolgt das Verstrecken zu Vliesen.
Beim Schmelzblasverfahren (auch Meltblown genannt) werden die flüssigen Filamente durch Heißluftstrom »zerrissen«. Aus den dadurch entstandenen, anschließend abgekühlten feinen Einzelfasern entstehen Mikrofaservliese. Die Fasern der Meltblown-Vliese sind deutlich kleiner gegenüber den Spunbondfasern. Dadurch entstehen dichtere Vliese, die aber eine geringere Festigkeit aufweisen.
Es gibt auch Verbundmaterialien, bei denen mehrere verschiedene Vliese als Laminate produziert werden – z. B. SMS (Spunbond-Meltblow-Spunbond). SMS besteht aus zwei Lagen Spinnvlies und einer mittleren Schicht aus schmelzgeblasenen Fasern. Damit sollen die positiven Eigenschaften beider Materialien kombiniert werden: die höhere mechanische Festigkeit der Spinnvliese mit der höheren Dichtigkeit der kleinfasrigen Meltblown-Materialien.

mikroporöse Bahnen

Bei diesen Unterspann- bzw. Unterdeckbahnen kommen überwiegend Membranen aus Polypropylen als geschlossene Folie zum Einsatz. Polypropylen an sich ist diffusionsdicht.
Um hierdurch Wasserdampftransport zu ermöglichen, also Diffusionsoffenheit zu erzeugen, wird in der Produktion der PP-Folie zur Porenbildung Calciumcarbonat zugegeben und diese überdehnt (gestretcht). Dadurch entstehen pro Quadratmeter mehrere Millionen bis Milliarden kleine Mikroporen mit einem Durchmesser von 0,02 bis 1 μm. Der Schutz vor Flüssigwasser basiert darauf, dass Wassertropfen die sich aufgrund der Oberflächenspannung ausbilden, nicht durch die Poren gelangen können. Wassertropfen weisen eine Größe von circa 100 μm und mehr auf. Die Mikroporen sind dementsprechend hundert bis mehrere tausendmal kleiner. Wasserdampfmoleküle haben im Vergleich dazu eine Größe von circa 0,00004 μm und können durch den Kapillareffekt die Membran bzw. die Mikroporen passieren (siehe Abb. 15).


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