Wasserdampfdurchlässigkeit

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Die Wasserdampfdurchlässigkeit bzw. die wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke dargestellt mit dem sd-Wert, dient als Maß für den Diffusionswiderstand einer Bauteilschicht.
Genauer: Sie beschreibt die Dicke einer ruhenden Luftschicht mit demselben Wasserdampf-Diffusionsdurchlasswiderstand wie die betrachtete Materialschicht.

[m]
mit
μ Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl (μ-Wert), eine Materialkonstante
d die Schichtdicke des Materials, in m.

Beispiel: Beträgt der sd-Wert einer PE-Folie 20 m, entspricht der Diffusionswiderstand dem einer 20 Meter dicken Luftschicht.


Ein niedriger sd-Wert kann erreicht werden durch einen niedrigen μ-Wert bei einer größeren Schichtdicke (z. B. Holzfaserdämmplatten) oder durch einen höheren μ-Wert bei einer sehr geringen Schichtdicke (z. B. Unterspannbahnen).

Die DIN 4108-3 unterscheidet:
Begriff sd-Wert (Bereich)
diffusionsoffen sd ≤ 0,5 m
diffusionsbremsend 0,5 m < sd ≤ 10 m
diffusionshemmend 10 m < sd ≤ 100 m
diffusionssperrend 100 m < sd < 1.500 m
diffusionsdicht sd ≥ 1.500 m
Laut WTA Merkblatt 6-8:
Begriff sd-Wert (Bereich)*)
diffusionsoffen sd ≤ 0,5 m
moderat dampfbremsend 2,0 m < sd ≤ 5,0 m
stark dampfbremsend 10 m < sd < 100 m
dampfsperrend 100 m < sd < 400 m
dampfdicht sd ≥ 1.500 m
*) Nicht definierte Zwischenbereiche sind in ihrer Wirkung nicht eindeutig zuordenbar.


Die Wasserdampfdurchlässigkeit wird geregelt in der DIN EN ISO 12572.


sd-Wert und μ-Wert

Auszug einer von MOLL bauökologische Produkte GmbH initiierten Sanierungs-Studie[1]:


Ein niedriger sd-Wert kann erreicht werden durch einen niedrigen μ-Wert (Dampfdiffusionswiderstand) bei einer größeren Schichtdicke (z. B. Holzfaserdämmplatten) oder durch einen höheren μ-Wert bei einer sehr geringen Schichtdicke (z. B. Unterdeckbahnen).
Maßgeblich ist also zunächst der μ-Wert und erst dann die Dicke der Baustoffschicht. Das heißt, dass bei einem hohen μ-Wert ein Tauwasserausfall im Vergleich früher auftreten kann als bei einem niedrigen μ-Wert.

Im Bereich von diffusionsoffenen Unterdeckbahnen besteht wegen der insbesondere während der kalten Jahreszeiten fehlenden Temperatur- und Feuchtedifferenz nur ein geringes Dampfdruckgefälle. Das erklärt, warum es auch in Kombination mit diffusionsoffenen Unterdeckbahnen zu Bauschäden kommen kann, wenn der Feuchtestrom bedingt durch unvorhergesehene Feuchteeinträge im Bauteil erhöht ist.

Beispiel:

Eine Unterdeck- / Unterspannbahn mit einem mikroporösen Funktionsfilm hat bei einem sd-Wert von 0,02 m und einer Dicke von 0,50 mm einen μ-Wert von 40. Im Vergleich mit einem faserförmigen Wärmedämmstoff (μ-Wert =1) hat die Bahn eine um den Faktor 40 höhere Diffusionsdichtheit. Dadurch kann es auch an diffusionsoffenen Unterdeck- / Unterspannbahnen zu einem Tauwasserausfall kommen.

Hintergrund:

Antrieb für einen Diffusionsstrom sind immer Druckdifferenzen. Befindet sich auf beiden Seiten das gleiche Klima (z. B. 10 °C und 80 % rel. Luftfeuchtigkeit), dann findet kein Feuchtigkeitstransport statt. Erst wenn Temperatur oder rel. Feuchtigkeit auf beiden Seiten des Bauteils unterschiedlich sind, wollen sich Moleküle über Diffusion von einer Seite zur anderen bewegen. Bei einer Unterspannbahn/äußeren Luftdichtungsbahn bestehen wegen der geringen Dicke des Materials keine Temperaturunterschiede, so dass man sich auf die Differenzen der relativen Luftfeuchtigkeiten konzentrieren kann. Diese sind im Winter bei Tauwassergefahr an der Unterspannbahn/äußeren Luftdichtung denkbar gering, wenn innenseitig der Bahn 80 % relative Luftfeuchtigkeit und mehr bestehen und außenseitig ähnliche Feuchtigkeitssituationen vorhanden sind.

Dagegen Unterdeck- / Unterspannbahnen mit monolithischer porenfreier Membran, z. B. aus der pro clima SOLITEX-Familie, bieten in diesem Fall große Vorteile, da die Diffusion aufgrund der speziellen Polymerkombination nicht passiv durch Poren, sondern aktiv entlang der Molekülketten erfolgt.
Die Bahnen ermöglichen dadurch einen extrem schnellen aktiven Feuchtetransport aus dem Bauteil heraus und schützen die Konstruktion optimal vor hoher Tauwasserbildung und Schimmelpilzbefall. Fällt Tauwasser auf der Innenseite der Unterdeckung aus, kann es bei winterlich kalten Temperaturen zu einer Reif- oder Eisbildung auf der Innenoberfläche der Bahnen kommen. Eis ist für Wasserdampf undurchlässig und führt zur Bildung einer Dampfsperre auf der Außenseite des Bauteils. Die Folge ist, dass die Austrocknung nach außen aus dem Bauteil heraus stark reduziert, wenn nicht sogar ganz gestoppt wird.
Konstruktionen die auf der kalten Außenseite mit diffusionshemmenden oder diffusionsdichten Schichten versehen sind, gelten als bauphysikalisch kritischer als außen diffusionsoffene Konstruktionen. Unterdeckbahnen mit aktivem Feuchtetransport reduzieren die Gefahr von Bauschäden im Vergleich deutlich.

Messunsicherheiten bei hochdiffusionsoffenen Materialien

Auszug einer von MOLL bauökologische Produkte GmbH initiierten Sanierungs-Studie[1]:

Eine für die Bestimmung des Diffusionswiderstandes maßgebliche Norm, die DIN EN ISO 12572, enthält im Abschnitt 9 „Messgenauigkeit“ eine Auflistung über mögliche Fehlerquellen. Es werden neben der Qualität der Prüfkörper sowie der Genauigkeit der Messeinrichtungen auch die Klimarandbedingungen während der Messung (Luftdruckschwankungen) als mögliche das Messergebnis fehlerhaft beeinflussende Ursachen angegeben. Die DIN EN ISO 12572 ist entsprechend den Angaben unter Abschnitt 9.8 nicht für die Messung der Eigenschaften von hohen Wasserdampfdiffusions-Durchlasskoeffizienten (d. h. mit sd < 0,1 m) geeignet. Aus den beschriebenen Gründen ist in der DIN 4108-3 für Messungen nach DIN EN ISO 12572 bei der Diffusionsberechnung auf diffusionsoffeneren Materialien ein sd-Wert von 0,1 m anzusetzen.


Siehe auch
Bewertung der Feuchtigkeitseinflüsse. Definition des Bauschadensfreiheitskriteriums



Eisschichten sind Dampfsperren

Auszug einer von MOLL bauökologische Produkte GmbH initiierten Sanierungs-Studie[1]:

Kommt es zu einem Tauwasserausfall an Materialschichten, die im Frostbereich liegen (z. B. an außen liegenden Luftdichtungsbahnen), kann sich dort bei Minustemperaturen eine Eisschicht bilden. Infolge der verhinderten Austrocknung nach außen aus der Konstruktion heraus kommt es zur weiteren Bildung von sehr großen Kondensatmengen, die wiederum gefrieren. Das Resultat ist eine verringerte Dämmwirkung des eingesetzten Dämmstoffes sowie eine starke Gefährdung der in der Konstruktion enthaltenen Materialien.

Einzelnachweis

Siehe auch