Als Baufeuchte bezeichnet man vorrangig die Feuchte in Mauerwerk und Rohbau, die in der Bauphase in den Neubau gebracht wird (siehe auch: Einbaufeuchte). Vor allem der Einbau von Baustoffen wie Beton, Mörtel, Nassestrich, Putz und Farben sind die Hauptursachen für Baufeuchte. Um die relative Luftfeuchtigkeit zu verringern und Feuchteschäden zu vermeiden ist es entscheidend während der Bauphase und in den ersten Heizperioden ausreichend zu lüften. Darüber hinaus sollte schon bei der Wahl der Baustoffe auf einen geringen Feuchtigkeitsgehalt geachtet werden (z.B. durch den Einsatz von Dünnbettmörtel, Trockenestrich).

Eine Feuchtebelastung innerhalb einer Wärmedämmkonstruktion kann verschiedene Ursachen haben. Zum Beispiel kann durch eine undichte Flachdachabdichtung Wasser von außen in ein Bauteil eindringen. Diese Feuchtigkeitsmengen können so groß sein, dass Wasser in den bewohnten Bereich tropft. Geringe Leckagen in Abdichtungen können dagegen in der Konstruktion zu einer allmählichen Auffeuchtung führen. Als Folge treten oft Schimmelbefall der enthaltenen Materialien bis hin zum Entstehen holzzerstörender Pilze auf. Feuchtigkeit kann aber auch von der beheizten Innenseite in eine Konstruktion eindringen durch:

a) Vorhersehbare Feuchtebelastung
  • Diffusionsvorgänge
b) Unvorhergesehene Feuchtebelastungen


Die Wege der Feuchte

Wärmedämmkonstruktionen müssen vor Feuchtigkeitsbelastung durch die warme Innenraumluft geschützt werden. Diese Aufgabe erfüllen Dampfbrems- und Luftdichtungsbahnen.

Feuchtebelastung durch Diffusion

Hinweis

Eine Dampfbremse mit einem sd-Wert von 2,3 m lässt im Winter nach DIN 4108-3 pro Tag ca. 5 g Feuchtigkeit pro Quadratmeter in die Konstruktion eindringen.

 
Diffusion erfolgt planmäßig

Diffusion erfolgt planmäßig
Die Diffusion findet aufgrund der Druckdifferenz zwischen innen und außen statt. Dabei erfolgt der Austausch nicht über Fugen, sondern durch Feuchtigkeit durch eine monolithische, luftdichte Materialschicht. Die Diffusion richtet sich in der Regel im Winter von innen nach außen, im Sommer von außen nach innen. Der Feuchteeintrag in die Konstruktion hängt vom Diffusionswiderstand (µ-Wert) des Materials ab. Der Zeitraum mit warmen Außentemperaturen in Mitteleuropa ist länger, als der mit winterlichen Temperaturen, so dass mehr Feuchtigkeit aus der Konstruktion heraus trocknen kann.


Feuchtephysik der Luft
Beim Abkühlen der Luft erhöht sich die Luftfeuchtigkeit.
• Bei Unterschreitung der Taupunkttemperatur fällt Tauwasser aus.
• Bei höherer Raumluftfeuchtigkeit erhöht sich die Taupunkttemperatur
⇒ es fällt früher Tauwasser aus.

Je höher der innenseitige sd-Wert ist, desto geringer ist die Gefahr eines Bauschadens - so dachte man früher. Es hieß, dass die Verwendung von Dampfsperren mit hohen Diffusionswiderständen Bauschäden verhindern würde.
Dass die Realität anders ist, wurde bereits vor über 25 Jahren bei der Markteinführung der ersten feuchtevariablen Dampfbremse DB+ mit einem sd-Wert von 2,30 m durch bauphysikalische Berechnungen belegt.

Aktuell entsprechen diese sogenannten Dicht-Dicht-Bauteile bei Flachdachkonstruktionen (innen Dampfsperre sd > 100 m – außen dampfdichte Abdichtung) nach Aussagen von anerkannten Bauphysikern aus Wissenschaft und Praxis nicht mehr den »Regeln der Technik«. Ein Konsenspapier, das als Ergebnis des 2. Internationalen Holz[Bau]Physik-Kongresses im Februar 2011 veröffentlicht wurde, trifft zu unbelüfteten Flachdachkonstruktionen in Holzbauweise die folgende Aussage: Dampfsperren »unter binden die sommerliche Umkehrdiffusion, die zur Trocknung des winterlichen Feuchteeintrags aus Dampftransport per Luftströmung (Konvektion) durch unvermeidliche Restleckagen erforderlich ist«. [2]

Insofern dürfen derartige Bauteile entweder nur funktionsfähig belüftet ausgeführt werden oder wenn nachgewiesen wird, dass die Bauteile über ein ausreichendes Rücktrocknungspotenzial verfügen. Dies kann z. B. durch die Wahl einer geeigneten Dampfbrems- und Luftdichtungsbahn auf der Innenseite des Bauteils erreicht werden.

Untersuchungen an Außenwänden in Nordamerika zeigten bereits im Jahre 1999 [3], dass der Feuchtigkeitseintrag durch eine Dampfsperre infolge Konvektion selbst bei fachgerechter Verlegung eine Tauwassermenge von ca. 250 g/m² während der kalten Jahreszeit (Tauperiode) beträgt. Das entspricht einer Feuchtigkeitsmenge, die durch eine Dampfbremse mit einem sd-Wert von 3,3 m während eines Winters diffundiert [4].

Fazit:

Auch in Konstruktionen mit Dampfsperren, deren rechnerische sd-Werte 50 m, 100 m oder mehr betragen, werden letztendlich erhebliche Mengen an Feuchtigkeit eingetragen. Dampfsperren lassen aber keine Rücktrocknung zu. Dadurch entstehen Feuchtefallen.



Mehr zum Thema siehe: Diffusion



Feuchtebelastung durch Konvektion

 
Unvorhergesehen:
Luftströmung (Konvektion)

Durch Konvektion, also Luftströmung, werden wesentlich größere Feuchtemengen in die Konstruktion transportiert als durch Diffusion. Die konvektiv eingebrachte Feuchtemenge kann leicht das 1000-fache der durch Diffusion eingetragenen Menge übersteigen (siehe Abb. 3).

Durch Leckagen in Konstruktionen mit äußeren diffusionsdichten Bauteilschichten eingedrungene Feuchtigkeit kann schnell zu einem Bauschaden führen. Konvektive Feuchteeinträge können wegen ihrer hohen Feuchtelast aber auch für außen diffusionsoffene Bauteile gefährlich werden, v. a. wenn bereits Tauwasser ausgefallen und es im winterlich kalten Klima zur Bildung von dampfbremsenden Eisschichten z. B. an der Unterdeckung gekommen ist. [1]

Feuchteeintrag in die Konstruktion durch Undichtheiten in der Dampfsperre
3. Feuchtigkeitsmenge durch Konvektion




Feuchtetransport
durch Dampfsperre:
durch 1 mm Fuge:
0,5 g/(m²·24 h)
800 g/(m·24 h)
Erhöhung Faktor: 1.600

Randbedingungen
Dampfbremse sd-Wert: 30 m
Innentemperatur:
Außentemperatur:
+20 °C
    0 °C
Druckdifferenz: 20 Pa (entspricht Windstärke 2-3)
Messung: Institut für Bauphysik, Stuttgart [5]

Mehr zum Thema siehe: Konvektion



Flankendiffusion

 
Unvorhergesehen:
Feuchteeintrag über Bauteilflanken

Unvorhergesehen: Feuchteeintrag über Bauteilflanken
Feuchtigkeit wird über eine Bauteilflanke in die Wärmedämmung eingetragen. Das Flankenbauteil ist in der Regel luftdicht, weist aber einen geringeren sd-Wert als die Dampfbremse auf.

Beispiel: Einbindende, luftdicht verputzte Mauerwerkswand.
Sind außen diffusionsdichte Konstruktionen auf der Innenseite mit Dampfbremsen versehen, die keine oder nur geringe Rücktrocknung ermöglichen, droht die Auffeuchtung und damit ein Bauschaden auch bei luftdichter Ausführung.

Mehr zum Thema siehe: Flankendiffusion

Einbaufeuchte|Feuchte Baustoffe

 
Unvorhergesehen:
Feuchtigkeit aus Baustoffen

Unvorhergesehen: Feuchtigkeit aus Baustoffen
Zusammen mit den Baustoffen wird oft viel Wasser in die Konstruktion eingebaut. Ein Beispiel zeigt, um welche Mengen es sich dabei handeln kann. Bei einem Dach mit 6/22 Sparren, e=70 cm und einem Holzgewicht von 500 kg pro Kubikmeter entfallen ca. 10 kg Holz auf den lfm Sparren. Bei Trocknung des Holzes um nur 1 % werden demnach 100 g Wasser pro Quadratmeter frei, bei 10 % sind es 1000 g, bei 20 % 2000 g Wasser, die aus den Sparren heraustrocknen und in die anderen Teile der Konstruktion gelangen können.

Mehr zum Thema siehe: Einbaufeuchte

Fazit

Auszug einer von MOLL bauökologische Produkte GmbH initiierten Studie[2]:

Die Gesamtmenge an Feuchtigkeit wird häufig unterschätzt. Beim Mauerwerksbau kann durch die Neubaufeuchtigkeit eine erhebliche Feuchtigkeitsmenge zusätzlich ins Holz gelangen. Wird dann auf der Innenseite einer voll gedämmten Konstruktion eine diffusionsdichte Dampfsperrfolie aus Polyethylen eingebaut und außen mit einer Bitumendachbahn als Vordeckung kombiniert, ist ein Bauschaden unausweichlich.
Mehr siehe: Einbaufeuchte

Die vielfältigen Möglichkeiten des Feuchteeintrags zeigen, dass im Baualltag die Feuchtebelastung einer Konstruktion nie ganz auszuschließen ist. Wenn es darum geht schaden- und schimmelfrei zu bauen, ist die Erhöhung des Trocknungsvermögens eine wesentlich effektivere und sicherere Lösung, als sich darauf zu konzentrieren, möglichst wenig Feuchtigkeit in die Konstruktion gelangen zu lassen.

  • Feuchte kann auf vielfältige Weise in die Konstruktion eindringen. Feuchtebelastungen können nicht völlig ausgeschlossen werden.
  • Sind die Feuchtebelastungen zu hoch, entstehen Bauschäden.
  • Dampfbremsen sind sicherer als Dampfsperren. Dampfsperren mit hohen Diffusionswiderständen lassen kaum Rücktrocknung aus dem Bauteil nach innen zu und werden somit schnell zu Feuchtigkeitsfallen.
  • Entscheidend für die Bauschadensfreiheit einer Konstruktion: hohe Trocknungsreserven.


Intelligentes Feuchtemanagement Sicherheitsformel:

Trocknungsvermögen > Feuchtebelastung = Bauschadensfreiheit

• Nur wenn das Trocknungsvermögen kleiner ist als die Feuchtebelastung, kann ein Bauschaden entstehen.
• »Je höher die Trocknungsreserve einer Konstruktion ist, umso höher kann die unvorhergesehene Feuchtebelastung sein und trotzdem bleibt die Konstruktion bauschadensfrei.« 
• Konstruktionen, die außen diffusionsoffen sind, haben eine größere Trocknungsreserve als außenseitig diffusionsdichte Konstruktionen.


Beste Sicherheit

 
Bestes Mittel: Intelligente Bahnen

Dampfbremsbahnen mit einem feuchtevariablen Diffusionswiderstand bieten der Konstruktion den besten Schutz gegen Tauwasserschäden.


Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Moll bauökologische Produkte GmbH, Bauphysik-Studie - Link zum Absatz; PDF: Download
  2. 2,0 2,1 Moll bauökologische Produkte GmbH, Bauphysik-Studie - Link zum Absatz
  3. TenWolde, A. et al.: ”Air pressures in wood frame walls, proceedings thermal VII.” Ashrae Publication Atlanta, 1999
  4. IBP Mitteilungen 355: „Dampfdiffusionsberechnung nach Glaser – quo vadis?
  5. Deutsche Bauzeitung; Heft 12/89, Seite 1639 ff.